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Titel: Domain
Autoren: James Herbert
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ADVENT
    Erster Teil

    Sie huschten durch das Dunkel, Schattenwesen, die in ewiger Nacht lebten.
    Sie hatten es gelernt, sich in ihrem Versteck zu verkriechen, während die großen Ungeheuer über ihnen die Tunnels, die in das feuchte, schwarze Heiligtum hineinführten, mit Donnerhall füllten. Die Wesen kauerten sich zusammen, wenn die Wände ihrer Zufluchtsstätte erzitterten. Geduldig warteten sie, bis die Geräusche über ihnen erstarben. Sie hatten keine Angst, aber sie waren wachsam. Sie wussten, dass es sich um einen Eindringling handelte, der die weniger Vorsichtigen unter ihnen tötete.
    Sie hatten es gelernt, in der Unterwelt zu bleiben. Erst wenn es über der Erde so dunkel war wie in ihrem Heiligtum, wagten sie sich aus ihrem Versteck. In den Genen ihrer Rasse schlummerte die Erinnerung an einen Feind, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sie zu vernichten. Ein Feind, der in den oberen Regionen lebte, dort, wo blendendes Licht die Szene bestimmte. Ein Vordringen in das Reich des Gegners war nur möglich, wenn das Licht einer anheimelnden Schwärze Platz machte. Aber auch dann herrschte keine vollkommene Nacht. Es gab schwache Lichtpunkte, die aus dem Dunkel hervorstachen, verborgene Quellen der Helligkeit, die den Rest ihres geheimnisvollen Reiches umso düsterer erscheinen ließen.
    Sie hatten es gelernt, auf alle Erkundungszüge, die nicht unbedingt notwendig waren, zu verzichten. Sie blieben immer in unmittelbarer Nähe des Allerheiligsten. Sie ernährten sich von Nachttieren. Oft fraßen sie Aas. Totes Fleisch schmeckte nicht so gut wie ein zappelndes Lebewesen, das sich bis zum letzten Atemzug gegen die tödliche Liebkosung ihrer Fangzähne wehrte, aber es füllte den Magen. Aas erhielt die Wesen der Unterwelt am Leben.
    Auch wenn sie Aas aufspürten, ließen sie nie die gebotene Vorsicht außer Acht. Sie vermieden es, an den Ort zurückzukehren, wo sie Beute gemacht hatten. Sie verfügten über eine Schläue, die nicht nur von der Angst vor dem Feind gespeist wurde. Die Eigenschaften, die sie zum Überleben befähigten, waren durch ein Ereignis begründet worden, das ihre Evolution beschleunigt hatte. Keines der Schattenwesen konnte sich an dieses Ereignis erinnern, das vor vielen, vielen Jahren stattgefunden hatte, aber die Rasse war durch jene Geschehnisse auf immer geprägt worden. Damals waren die Tiere, die jetzt im Untergrund hausten, allen anderen Lebewesen, sogar den eigenen Artgenossen, entfremdet worden.
    Sie hatten es gelernt, in der Tiefe zu leben. Sich vor ihren Feinden versteckt zu halten. Andere Tiere zu töten, ohne Spuren zu hinterlassen. Wenn es nicht genug zu fressen gab, fraßen sie sich gegenseitig auf. Denn sie waren sehr viele.
    Sie pirschten sich durch das Dunkel; schwarze Kreaturen mit langen, gezackten Schneidezähnen und gelben Augen. Ihr Instinkt sagte ihnen, dass es eine Beute gab, die besser schmeckte als die Nachttiere, die ihnen als Nahrung dienten.
    Menschen. Bald würden sie den süßlichen Geschmack warmen Menschenblutes kennenlernen.
    Sie waren starr vor Schreck, als sie einen langgezogenen Schmerzenslaut vernahmen, ein auf- und abschwellendes Geräusch, das sie nie zuvor gehört hatten. Sie verharrten auf ihren Hinterläufen, mit gesträubtem Fell und zuckender Schnauze. Sie lauschten dem Geräusch. Sie hatten Angst.
    Schließlich kam die Stille. Sie machte den Tieren mehr Angst als das Geräusch.
    Sie warteten. Sie wagten es nicht, sich von der Stelle zu bewegen.
    Es dauerte eine Weile, dann kam der Donner, einmillionenmal lauter als die gigantischen Wesen, die ihnen den Platz in den Tunnels streitig machten.
    Es begann mit einem dumpfen Grollen, das zu einem ohrenbetäubenden Getöse anschwoll. Der Boden, auf dem die Tiere standen, wurde von einer ungeheuren Druckwelle hochgehoben, die Schattenwesen wurden an die Wand geschleudert. Sie fielen in wilden Haufen übereinander, bissen um sich mit messerscharfen Zähnen.
    Ein zweiter Donnerschlag erschütterte das düstere Versteck, das Geräusch kam aus einer anderen Richtung als beim erstenmal.
    Lärm und Staub erfüllten die Luft.
    Ein langanhaltendes Dröhnen, das sich zu einem unerträglich lauten Kreischen steigerte.
    Und wieder das Geräusch des Donners.
    Welt und Unterwelt erbebten.
    Schreie.
    Die Tiere rannten los, bahnten sich ihren Weg durch das schwarze Chaos. Ihr Ziel war das Allerheiligste, das nur durch besondere unterirdische Gänge zu erreichen war. Sie würden Schutz suchen bei der Rattenkönigin
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