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Titel: Domain
Autoren: James Herbert
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schob den Mann die ersten Stufen hoch. »Sie müssen hinaufkriechen, es geht um Ihr Leben! Halten Sie den Kopf geduckt!«
    Und dann waren sie oben. Culver warf einen raschen Blick in die Runde. Geborstener Beton, aus dem die Armierung hervorragte. Überall Glassplitter, abgebröckelter Putz, weißer Staub. Er ging auf die Öffnung zu, die einst der Haupteingang des Bürohauses gewesen war. Der blinde Mann humpelte hinter ihm her, er hielt Culvers Arm umklammert.
    Auf der Straße lagen umgestürzte Busse und Autos, die von der Druckwelle durch die Luft geschleudert worden waren.
    Culver bahnte sich einen Weg durch das Wirrwarr aus verbogenem Blech. »Wohin?« fragte er.
    »Zum Bunker«, stöhnte der andere.
    Culver platzte der Kragen. »Was ist das für ein geheimnisvoller Bunker, von dem Sie die ganze Zeit reden?
    Und wollen Sie mir verdammt noch mal sagen, wer Sie überhaupt sind?«
    »Ich heiße Alex Dealey.«
    »Sehr schön, Sie heißen Alex Dealey. Und wieso haben Sie Kenntnis von einem Bunker, von dem die anderen Menschen offenbar nichts wissen?«
    »Das erkläre ich Ihnen später, dafür ist jetzt keine Zeit. Wir sind in Gefahr.«
    In Gefahr, das war das Understatement des Jahres. Culver wäre beinahe in Lachen ausgebrochen. »Also gut. Welche Richtung?«
    »Richtung Osten«, sagte der blinde Mann. »Sie können sich am Gebäude des Daily Mirror orientieren.«
    Culver blickte nach Osten. »Es gibt kein Daily-Mirror-Gebäude mehr. Genauer gesagt, es ist nicht mehr viel davon übriggeblieben.«
    Die Mitteilung schien keinen besonderen Eindruck auf Dealey zu machen. »Der Bunker, den wir erreichen müssen, liegt unweit von Holborn Circus.« Er machte eine Pause. »Sind alle Gebäude in diesem Teil der Stadt zerstört?«
    »Einige sind völlig zerstört, andere stark beschädigt. Die Dächer und die oberen Etagen sind wegrasiert.« Er packte den blinden Mann am Handgelenk und zog ihn vorwärts. Ein roter Doppeldeckerbus war umgestürzt und hatte eine Anzahl Personenwagen zermalmt. Aus den zerbrochenen Fenstern des Busses krochen blutverschmierte Gestalten, vom Tode gezeichnete Passagiere. Culver versuchte vergeblich, das Stöhnen und Wimmern der Verletzten aus seinen
    Wahrnehmungen auszublenden.
    Wenige Schritte von ihnen entfernt stolperte ein Greis über die mit Trümmern bedeckte Fahrbahn. Als er zu Fall kam, sah Culver, dass sein Rücken mit Glassplittern gespickt war.
    Überall lagen verkohlte Leichen. Verletzte, die um Hilfe wimmerten. Ein Schatten, der vom Himmel zu kommen schien, und gleich darauf das furchtbare Geräusch eines aufschlagenden Körpers. Culver konnte nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Er oder sie war aus einer der oberen Etagen eines Bürohauses gesprungen. Weiter, nur weiter! Sie mussten den Schutzraum erreichen, wenn sie ihr Leben retten wollten.
    »Wir passieren soeben die U-Bahnstation Chancery Lane«, schrie Culver seinem blinden Begleiter ins Ohr. »Ich sehe Leute, die in dem Schacht Zuflucht suchen. Sollten wir nicht das Gleiche tun?«
    »Nein!« Aus Dealeys Stimme sprach finstere
    Entschlossenheit. »Da unten drängen sich
    höchstwahrscheinlich viel zu viele Menschen. Wir haben eine bessere Chance, wenn Sie das tun, was ich Ihnen sage.«
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis der radioaktive Staub runterkommt. Wo ist Ihr verdammter Bunker?«
    »Nicht mehr weit. Vielleicht noch ein paar hundert Meter.«
    »Ich hoffe zu Gott, dass Sie recht haben.«
    »Sie können Vertrauen zu mir haben.«
    Der Alptraum ging weiter. Culver sah ein Ausmaß von Zerstörung, das er nie für möglich gehalten hatte. Wahnsinn.
    Hölle. Fegefeuer.
    Ein Mädchen kam auf sie zugelaufen. Sie packte Culver am Rockaufschlag und deutete auf ein umgestürztes Auto.
    Culver wollte zu dem Auto gehen, aber Dealey hielt ihn zurück. »Wir müssen so schnell wie möglich in den Bunker. Es ist lebensgefährlich, wenn wir uns länger im Freien aufhalten.
    Vielleicht haben wir jetzt schon so viel Strahlung abbekommen, dass alles umsonst ist.«
    Culver machte sich von ihm frei. »Wir müssen erst dem Mädchen helfen.«
    Der blinde Mann hieb in die Luft, er versuchte Culvers Arm wiederzufinden. »Wir können keinem dieser Menschen mehr helfen, verstehen Sie das nicht? Es sind zu viele!«
    Aber Culver ließ sich nicht beirren. Er folgte dem haltlos weinenden Mädchen zu dem Wagen. Halb verdeckt von dem Fahrzeug lag ein junger Mann auf der Straße, vielleicht der Freund des Mädchens. Sein Körper war seltsam
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