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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition)
Autoren: Georg Klein
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Lebensmitteln, Munition und wertvollen Hinweisen unterstützt. Der Don erntet die Früchte seiner bisherigen Politik. Man hat ihm nicht vergessen, dass er es war, der den fernmündlichen Verkehr zwischen den Territorien ermöglicht hat. Und auch das willkürliche Erpressen von sogenannten Steuern an den Grenzübergängen fand bekanntlich erst ein Ende, nachdem Dorokin, hartnäckig und kompromissbereit zugleich, ein Zollabkommen ausgehandelt hatte.
    Inzwischen treibt die eine oder andere gute Wahrheit legendenhafte Blüten. Dorokin hatte in Umlauf bringen lassen, wie sein Bemühen um ein Gasabkommen am Widerstand des Alten Ogo und des Weißen Khan gescheitert war. Unser einarmiger Patient, dessen rosafarbenen Stumpf ich täglich mit breiig angerührter Heilerde bestreiche, hat mir im Brustton fester Überzeugung erzählt, Dorokin habe den beiden anderen Gnädigen Brüdern damals in einem letzten großmütigen Vorstoß sein eigenes Gewicht in Krümelgold versprochen, falls er ihr Einverständnis zu einem alle inneren Bezirke umfassenden Energiekontrakt erhielte. Er, der versehrte Veteran, werde die ihm verbliebene Hand, sobald es das nächste Mal um die Zukunft Germanias gehe, für keinen anderen als den wohltätigen Don zur Waffe greifen lassen.
    Frau Doktor Hu hat unsere kleine Alide wieder aus dem Wasserturm geführt. Gewiss werden nun drinnen Dinge besprochen, die nicht für Kinderohren taugen. Die beiden schauen zu mir herüber. Alide zeigt auf mich, und ich beobachte, wie unsere Ärztin in die Knie sinkt. Sie fasst sich redend an den Hinterkopf, um das Gesagte anschaulich zu machen. Ich weiß nicht, ob es viel hilft, wenn sie Alide darüber aufklärt, dass ich nicht du bin. Bestimmt hat sich die Kleine bei Dorokin schon heftig darüber beklagt, wie rigoros wir sie und ihre Mutter auf die Reise schickten. Ichhoffe inständig, weder unsere Kosmonautinnen noch die strenge Hu haben inzwischen begreifen müssen, dass für diese Fahrt, ganz wie in seligen Sowjetzeiten, keine Wiederkehr geplant war.
    Noch ist mir rätselhaft, warum es dazu kam. Am zweiten Weihnachtsfeiertag, in diesiger Mittagsstunde, war die Tür des Wasserturms von allein aufgesprungen. Noch nie war sie so lang blockiert gewesen. Als man mich, die Hände noch einmal extra stramm hinter den Rücken gebunden, aus der Werkstatt hinüberführte, zitterte ich vor Sorge. Gefährlich lang warst du ohne einen Tropfen Wasser dem Energiefeld des Kamtschatka-Schiefers ausgesetzt gewesen. Juri, Frau Doktor Hu, der Don höchstselbst und gleich sechs seiner Soldaten warteten an der nur einen Spalt weit aufgegangenen Eisentür.
    Immerhin wurden mir dann die Fesseln abgenommen. Juri hieß mich hineinzugehen. Wir sollten, die Hände im Nacken, nacheinander ins Freie treten. Die absolute Eisigkeit des Hauchs, der mir entgegenschlug, als ich die Turmtür aufstieß, wiedersprach allem, was wir bis zu diesem Augenblick über das Wesen des Gebäudes herausgefunden hatten. Die Feuchtigkeit meines Atems gefror mir an den Nasenlöchern. Den nackten Hinterkopf elektrisierte die Kälte so schmerzhaft heftig wie damals, als mir meine Klassenkameraden im Winter gern die Kappe vom Schädel schlugen, mich niederrissen, um mich bis über die Ohren in den Schnee zu drücken. Das Böse liebt es wohl, im Großen wie im Kleinen, rein und kalt.
    Zum Glück half mir das Licht auf die gewohnte Weise. Die Helligkeit nahm zu, der Schiefer, das gute sibirische Gold, dem er seine Herrlichkeit verdankt, beeilte sich zu zeigen, was da für meine Augen angerichtet war. Zunächst realisierte ich nichts weiter als eine große, zu hohen Falten aufgeworfene dunkle Plane, an den Rändern umgeschlagen,sodass ich auch ihre silbrige Innenseite sehen konnte. Erst als im Zuwachs der Helle ein grünes Flimmern über diese Beschichtung spielte, erkannte ich das gut erhaltene Erzeugnis eines unserer ehemaligen Zulieferbetriebe wieder. Allein das Schwarz der wärmespeichernden Seite hatte der Strahlungsbeschuss der Jahrzehnte zu einem stumpfen Anthrazit gedämpft.
    Ich rief nach dir. Ich rief nach dir mit deinem altmodisch frommen Namen, so wie ich dich als kleiner Junge immer voll Hoffnung zu Hilfe gerufen habe, wenn mir die hübscher behaarten Knaben an den Kragen wollten. Ich rief, als könntest du mir sogar noch bei der Suche nach dir selbst besser als jeder andere beistehen. Die ehrwürdig antike Plane gab sofort Antwort. Es raschelte. Etwas kam schabend in Bewegung. Zuerst sah ich nur einen dunklen, von
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