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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition)
Autoren: Georg Klein
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jeher der Harmlose von uns beiden sein willst, nicht hören magst: Es war deine Idee, es nun, nach langer hoffnungsloser Abstinenz, zum ersten Mal mit einem kleinen Mädchen zu versuchen. Und ich war es, nicht du, der immerhin darauf bestand, Alidchen nicht alleine, sondern zusammen mit ihrer Mutter loszuschicken. Nachdem die Übertragung unser Kunstgemäuer ganz ungewöhnlich zart hatte vibrieren lassen, warst du der Ungeduldige und hast viel früher, als es Erfahrung und Vorsicht geboten hätten, die Tür erneut geöffnet.
    Und prompt war deine Angst noch größer als die meine. Wir sahen nichts. Wir waren nicht einmal imstande, die Substanz zu bestimmen, die so fein in der schwarzen Luft verteilt war, dass sich kaum mehr als finsteres Flimmern erkennen ließ. Ein leises, aber bedrohlich dumpfes Wummern, über dem, wie eine zweite und dritte Stimme, ein feines Knistern und ein noch feineres Sirren lagen, hielt uns davon ab, auch nur die Schuhspitze auf die Schwelle des grollendenTurms zu setzen. Du hast mich dann, ohne ein Wort, gepackt, zurückgerissen, die Tür wieder ins Schloss geworfen. Als ich im Morgengrauen, während du noch schliefst, erneut nachschaute, hatte sich jedes Körnchen des Schwebestoffs gesetzt. Der Raum war klar bis in die Kuppelspitze. Der Turm hielt still und schien uns wieder gut. Unsere Geräte allerdings waren wie grau verschneit.
    Glaub mir, das Saubermachen habe ich bloß alleine übernommen, weil du seit unseren Knabentagen empfindlich auf den Bronchien bist. Ich fürchtete, beim Fegen recht viel Staub emporzuwirbeln. Aber es war nur grauer, hartkörniger Sand. Drei volle Eimer stellte ich vor die Tür des Turms. Ich wagte nicht, den transferierten Stoff einfach auf den Schnee zu kippen. Vielleicht war diese matt glänzende Materie noch zu irgendetwas zu gebrauchen oder, im Gegenteil, auf eine verborgene Weise schädlich.
    Ich wollte gründlich zu Werke gehen. Da fielen mir die beiden kleinen Handstaubsauger ein, die wir seit dem Sommer bei anderen obsolet gewordenen Haushaltsgeräten im vorderen Schuppen aufbewahrten. Du weißt bestimmt, welche ich meine. Es war uns leider nicht gelungen, sie mit dem Lichtgeschenk des Don zu laden. Auch den Strom unseres Dieselgenerators wollten sie nicht in ihren Bäuchen speichern. Ich holte mir beide in den Turm. Vielleicht war sich der gute goldorange Schiefer, der uns im Großen geholfen hatte, nicht zu schade, unsere Arbeit auch im Kleinen zu unterstützen. Ich nahm die Rückbleche der Apparate ab. Erstaunlich viel Sand hatte ins Innere gefunden. An eine erneute Inbetriebnahme war erst nach langwieriger Reinigung zu denken. Ich kniete mich vor die Rückseite des Funkgeräts, das Umann uns genau im richtigen Moment ins Elektronische Hospital getragen hatte, und machte mich mit einem schlichten Pinsel an die Arbeit. Da heulte einer der Akku-Sauger auf.
    Gewiss werden wir irgendwann herausbekommen, welch grandios fataler oder bloß stockblöder Fehler mir im Folgenden unterlaufen ist. Die grüne Leuchte des Staubsaugers zeigte volle Leistungsbereitschaft an. Auf den Stutzen des kraftvoll lossummenden Apparats steckte ich ein simples, aber wunderbar nützliches Zubehör, einen Schlauch, der in eine spitze Düse mündet. Wir beide wissen längst: Die schönste Muße liegt in der dinglichen Beschränkung. Warum habe ich mich nicht ganz, in konzentrierter Achtsamkeit, der Freude darüber hingegeben, wie sich nicht nur der Sand, sondern auch jahrzehntealte Flusen, Gespinste aus feinsten Fasern und puderfeinem Staub, von den Platinen schlürfen ließen.
    Stattdessen schweiften meine Gedanken ab. Ich träumte von den ersten Wochen des Elektronischen Hospitals. Nachdem es uns gelungen war, den Turm zu öffnen, hatten wir damals begonnen, einfache Versuche in seinem Inneren zu arrangieren. Der Staubsauger vereinnahmte den fremden Sand, und ich erinnerte mich daran, wie der jüngste Sohn unserer neuen Nachbarn den Schuhkarton in unseren Laden getragen hatte. Eigentlich war es ein Sarg. Denn er enthielt das weiße Meerschweinchen, das dem Jungen am Tag zuvor mitten im Spiel, vielleicht aus Aufregung, vielleicht aus Altersschwäche, gestorben war. Der Kleine stemmte den Karton auf unsere Theke und fragte, ob du seinen Kameraden wieder zum Schnaufen und Laufen bringen könntest. Weichherzig, wie du bist, nahmst du den toten Nager in Empfang, versprachst törichterweise, dein Möglichstes zu versuchen. Zum Glück war unser kleiner Nachbar nicht dabei, als wir
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