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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition)
Autoren: Georg Klein
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Reif oder verharschtem Schnee weiß übertupften Schopf. Dann einen groben Kittel, zwei nackte Männerhände und schließlich das bleiche Gesicht des jungen Kerls, den Juri schon wenig später «den Wilden» taufen würde.
    Er hustete und nieste. Er keuchte schwer, aber obwohl er sichtlich Mühe mit dem Atmen hatte, kroch er auf allen vieren ganz hervor. Sein linker Fuß steckte in einem komisch primitivem Gummischuh. Noch kniend, hob er den Kopf und bellte in einem heiseren Russisch, ich solle ihm sofort helfen, die Mutter von Alide und auch Alide zu befreien. Er habe Angst, dass sie unter der Plane erstickten.
    Gemeinsam zogen wir unsere Kosmonautinnen heraus. Den beiden ging es sichtlich besser als dem Wilden, der, kaum dass Alide und Elussa am Rand der Plane saßen und verwundert in die Kuppel guckten, seufzend zur Seite kippte. Alide rief erschrocken: «Porrporr! Nicht sterben, Porrporr, wach sofort wieder auf!»
    Ich griff dem Ohnmächtigen ans eisige Handgelenk, versuchte seinen Puls zu spüren, aber Elussa stieß mich zurSeite, schob ihm den Kittel hoch, legte das Ohr auf seine nackte Brust, hielt ihm die Nase zu, holte tief Luft und blies ihm ihren Atem in den Rachen.
    Als Don Dorokin ohne Rücksicht darauf, wie eng die Zukunft von ganz Germania mit seinem Fortleben verknüpft ist, als Erster in den vollständig erhellten und schon fühlbar weniger kalt gewordenen Turm gestürmt kam, hatte der Wilde, dem Alidchen, aus welchem Grund auch immer, den nackten Fuß massierte, in ein beruhigend laut japsendes Schnaufen, in einen tiefen Erschöpfungsschlaf gefunden.
    Alide hält die Rechte von Hu und schaut zu mir herüber. Ich könnte vor Verlegenheit und Scham im Asphalt des Hofs versinken. Was würdest du an meiner Stelle tun? Du hast dich immer besser als ich auf den Umgang mit den großen und kleinen Frauen verstanden. Was hilft’s. Ich muss mir selber helfen. Das eine oder andere habe ich dir im Staffellauf der Jahrzehnte doch abgeguckt. Also winke ich unserer Alide, so wie du dem liebreizenden Mädchen vermutlich an meiner Stelle winken würdest. Sie löst die Finger aus Hus Hand und setzt sich in Bewegung, zunächst ein wenig staksig, als müssten ihre Knie zum Beugen überredet werden, dann aber rennt sie los. Schon steht sie vor mir und hat mich gleich mit ihrem ersten Satz wie dich «Opa Spirthoffer» genannt. Es scheint sie nicht weiter zu kümmern, dass sie gerade erst von Hu erfahren hat, wie es um unsere Bruderschaft bestellt ist.
    Sie dankt mir artig für das Geschenk. Sie sagt sogar, sie habe niemals im Leben etwas so Schönes zu Weihnachten bekommen. Schon ist sie mitten im Erzählen. Alidchen malt mir die beiden Monde aus, die sie durch ihr Fernrohr gesehen hat. Alidchen nennt die Menschen, die sie unter diesen Monden getroffen hat, mit Namen. Sie fragt mich, ob ich merke, dass diese Namen zweimal, vorne und hinten,ganz gleich klängen. Alidchen bedauert mich, weil ich noch niemals Mockmockmilch getrunken habe, und sie erklärt mir, dass man möglichst vorsichtig, so sacht wie ein krankes Zwergkaninchen, schnaufen müsse, wenn einen fremde, neue Luft in Hals und Lungen piekst.
    Wie viel sie zu erzählen weiß. Ich sollte einfach zuhören. Aber verdorben vom Leben, wie ich und du und nicht nur wir nun einmal sind, überlege ich, was ich mit einer gut gezielten Frage von ihr erfahren könnte. Ich stand dabei, als man die alte Sowjetplane auf den Hof zog und sie im Schnee, alle sechs Mann mussten zuvor auf Juris Befehl die Schnellfeuergewehre auf sie richten, ganz auseinanderschlug. Da lag nicht viel: Alides Fernrohr war unversehrt zurückgekehrt. Und auch dein letztes, notwendig ausgehöhltes Buch hatte die erneute Reise schadlos überstanden. Dazu ist eine kleine Maschine, ein Kästchen mit einer Kurbel, vielleicht ein primitiver Generator, zu uns nach Germania gekommen. Frau Doktor will Juri überreden, dass er mich hinzuholt, wenn er sich daranmacht, das Gerät zu öffnen, seinen Aufbau zu verstehen und seine Funktionen zu ergründen.
    Nicht ganz so einfach wird das vierte Frachtgut zu begreifen sein. Als man die letzte Falte der Plane auseinanderschlug, kullerten dem Don noch zwei fast kopfgroße Kugeln vor die Stiefelspitzen. Frau Doktor Hu bewahrt sie inzwischen in einer stabilen Kiste auf, deren Deckel mit einem ungetümen, altdeutschen Qualitätsschloss gesichert ist. Wir haben uns die seltsamen Objekte gestern bereits das dritte Mal gemeinsam angesehen. Hu reichte mir eine Lupe und
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