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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
Autoren: Arto Paasilinna
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voller Touristen. Die Landschaft sah in der klaren Winterluft prachtvoll aus, und es war eine verlockende Aussicht, dass es hier an dem großen See und am Fuße des hohen Berges mehrmals im Jahr eine Touristensaison gab: im Herbst Ruska , die Laubfärbung, zum Jahreswechsel Weihnachten, ab Februar die Skisaison, im späten Frühjahr Rentiersafaris und im Sommer Fischfang, Jagd, Pilz- und Beerenernte. Eigentlich endete die Saison in der Gegend gar nicht, der Wechsel der Jahreszeiten gab ihr lediglich immer wieder einen anderen Charakter.
    Mit dem Motorschlitten durchquerten sie die großartige Landschaft. Sie angelten auf dem zugefrorenen See, und die Frauen fingen eine kiloschwere Forelle, die sie gleich an Ort und Stelle über dem Feuer rösteten.
    Anita und Irma hatten auf ihrer früheren Erkundungstour am Hang des Berges und ziemlich nahe am Seeufer ein großes Holzfällercamp entdeckt, das leer stand, da die Waldarbeiter heute von zu Hause aus mit Universalmaschinen in ihre Reviere fuhren. Seinerzeit hatten in dem Camp mehr als hundertfünfzig Mann gehaust und auf den spartanischen Pritschen geschlafen. In der Mitte des Gebäudes gab es eine geräumige Küche und am anderen Ende die ehemalige Chefabteilung. Lauri und Kalle beschlossen, das stabile Blockhaus zum Restaurant umzubauen. Die Küche würden sie modernisieren, die Pritschen und den mitten im Raum vor sich hin rostenden Ofen herausreißen und eine Ölheizung installieren. Die Fußböden würden sie erneuern und anschließend in der etwa zweihundert Quadratmeter großen Stube den Speisesaal einrichten. Kalles Erfinderzimmer und Lauris Arbeitsecke bekämen ihren Platz in den ehemaligen Räumen des Chefs, wo es lediglich Stromleitungen und die übrigen Anschlüsse für die moderne Technik zu legen galt.
    Es schien eine gute und dauerhafte Lösung zu sein. Lauri und Kalle beschlossen, ihr Restaurant in Indien zu verkaufen und nach Lappland zu ziehen. Anita und Irma hatten am nahen Seeufer ein geräumiges Eigenheim gefunden, das der Besitzer zu einem moderaten Preis verkaufen wollte. Es ließe sich zu einem funktionierenden Doppelhaus umbauen, und die Landschaft vor den Fenstern wäre schön wie in einem Werbeprospekt.
    Als sie zusammen das Camp besichtigt hatten, machten sie der Forstverwaltung ein Angebot. Anita und Irma hatten bereits Vorverhandlungen geführt, sodass schon nach gut einer Stunde die Zusage kam. Ebenso schnell verkauften sie das Restaurant in Indien an den Strohmann. Der Erlös aus dem Verkauf würde für den Umbau des Holzfällercamps reichen, so schätzten sie.
    Im späten Frühjahr nahmen sie die Arbeiten in Angriff, gleichzeitig erwarben sie das Eigenheim am See und bauten es zum Doppelhaus um. Wenn sie das Ausschankrecht pünktlich bekämen, könnten sie das Restaurant noch vor der herbstlichen Laubfärbung eröffnen.
    Lauri kaufte sich einen Rentierpelz, denn er wollte im letzten Schnee des Winters am Berghang den Job des Schneemenschen erproben. Im nächsten Winter würde er dann zwei, drei Mal pro Woche als Eisbär auftreten. Kalle versprach, ihm künstliche Tatzen von einem halben Meter Länge anzufertigen, so wie Tsu sie gehabt hatte. Besonders die Frauen fanden, dass sich Lauri in seinem Pelz gut machte, er sah wahrhaftig wie ein Raubtier aus.
    Lauri und Kalle hängten in die robusten Fichten und Kiefern an der Landstraße jeweils im Abstand von zehn Kilometern Gebetsmühlen. Die Tonbänder versahen sie mit Werbung für das Restaurant, die die Mühlen immer dann herausposaunen würden, wenn es auf der Straße Bewegung gab. Auf diese Weise sollte die Botschaft ihren Weg in die Ohren potenzieller Gäste finden. Insgesamt vierzig Mühlen installierten sie, und alle stammten aus neuester tschechischer Produktion. Auch nach Asien konnten sie mehrere Tausend Stück verkaufen.
    Rechtzeitig vor Ruska wurde das Restaurant eröffnet. Bereits am ersten Tag erschienen etliche interessierte Gäste, ein vielversprechender Auftakt. Die Speisekarte enthielt indisch-samische Delikatessen wie Rentierpilahvi, in Tomaten geschmorten Saibling und Lapplandkartoffeln nach indischer Art. Auf den Toiletten wiesen zwei frivole Gebetsmühlen die Gäste ein. Sie wurden zur lokalen Attraktion und lockten Neugierige aus Hunderten Kilometern Entfernung ins Haus.
    Im Sommer erwarben die Besitzer ein großes Ruderboot mit Außenbordmotor, damit fuhren sie die Gäste des Lokals zu den Landzungen und Inseln des Inarijärvi. Später bauten sie noch ein vierzig
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