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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
Autoren: Arto Paasilinna
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ihnen Gesellschaft. Tsu half den Damen und dem Dalai Lama beim Einsteigen. Seine Fahrt nach Helsinki und von dort weiter nach Indien begann – und bald war Weihnachten.

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    Mitte Januar veröffentlichten Lauri und Kalle auf ihrer Webseite eine Nachricht, in der das erste Treffen der Anhänger der Weltallreligion für Mitte Februar in Finnland angekündigt wurde, Versammlungsort würde der Inarijärvi im Norden des Landes sein.
    Sie rechneten mit vielen Tausenden Anhängern, denn die Webseite hatte ein reges Interesse gefunden. Lauri und Kalle hatten bis zum Jahreswechsel mehr als eine Million Zugriffe verzeichnet. Zumeist handelte es sich einfach um Neugierige, die im Internet unterwegs waren, aber es gab auch etliche Menschen, die sich der Sache verschrieben hatten. Sie fragten an, wie die neue Religion in der Praxis auszuüben sei und wie man Kontakt zu den Glaubensbrüdern und -schwestern aufnehmen könne. Nun wurde also das erste Welttreffen einberufen. Lauri und Kalle sagten sich mit einem kleinen Grinsen, dass es an die mittelalterlichen riesigen Kirchentreffen erinnerte, auf denen der Papst und die Kardinäle den Gläubigen den Weg durch die Wirren der Jahrhunderte gewiesen hatten. Und in gewisser Weise erinnerte es auch an das Pilgerritual der Moslems in die heilige Stadt Mekka, wo Hunderttausende frommer Gläubiger andächtig in einem riesigen Kreis den großen heiligen Stein Kaba umrundeten.
    Auf das Eis des Inarijärvi musste nicht extra ein heiliger Stein transportiert werden, denn der war in der westsüdwestlichen Bucht bereits vorhanden. Es war der uralte Opferstein der Sámi, der gewaltig hoch aufragende Ukko, auf samisch Äijih genannt, was so viel bedeutete wie alter Mann. Alles war also bereit und das Eis auf dem See fast einen Meter dick.
    Der uralte Stein Ukonkivi war ein steiler, wild aussehender kleiner Berg mit einer Höhle in seinem Inneren, in der Lauri und Kalle eine neuzeitliche Kultstätte einrichten wollten. Ob das erlaubt war? Bestimmt durfte man den alten Ukko verehren, wenn man dort nur nichts schmutzig machte und die Heiligtümer der Sámi nicht antastete.
    Im Inarijärvi hatte man große und kleine Maränen sowie Seeforellen gefangen, solange die Einheimischen denken konnten, und immer noch gab es dort einige Berufsfischer. In der Umgebung weideten Rentierzüchter ihre Herden, und vielerorts existierten noch Holzfällercamps aus den Zeiten der großen Abholzungen. Am Inari gab es keine Industrie, und nur wenige Menschen lebten dort, dennoch war die Gegend reich, schon allein durch die schöne Natur. Nun würden unzählige Ausländer anreisen, für die der eiskalte Winter im nördlichen Finnland bestimmt hart, aber dennoch ein schönes Erlebnis sein würde. Angesichts der im Februar zu erwartenden Fröste erkundigten sich Lauri und Kalle bei einem ausgewiesenen Experten, nämlich dem Schneemenschen Tsu, welche Ausrüstung er für den Aufenthalt auf dem winterlichen See empfahl. Tsu antwortete ihnen aus der Residenz des Dalai Lama, er schickte eine detaillierte Liste, die alles Notwendige enthielt, bis hin zu Fäustlingen und Pelzmützen. Lauri und Kalle veröffentlichten die Liste unter der Internetadresse von Lonko-Homa.
    Sie stellten außerdem mit großer Sorgfalt sämtliche Bus-, Bahn- und Flugverbindungen zusammen, ferner die Adressen von Verleihstationen für Mietwagen, nicht zu vergessen jene von Motorschlitten, ergänzt durch die Kontaktdaten der nordfinnischen Taxis, und all das veröffentlichten sie auf der Webseite.
    Um den Ausländern die Anreise zu erleichtern, markierten sie die kürzesten Verbindungen nach Lappland, jeweils von Südfinnland, von Schweden und Norwegen aus, auch erwähnten sie, welche Möglichkeiten von Russland aus bestanden, auf dem Luftweg den Flughafen Ivalo zu erreichen, allerdings ging das nur über Helsinki.
    Die Behörden räumten im Winter auf dem Inarijärvi stets mehrere Eisstraßen, auf denen die Einheimischen und die Touristen mit ihren Autos fahren konnten. Markiert waren sie durch hohe Fichten- oder Kiefernzweige, die in den Schneewällen zu beiden Seiten steckten, sodass ihr Verlauf auch im Schneegestöber und in der Dunkelheit zu erkennen war. Zu den längsten Eisstraßen gehörte jene von Juutuanvuono im Westen bis nach Nitsijärvi im Nordosten, noch länger aber war wohl jene von Veskonniemi bis weit in den Nordosten hinein, wo sich die Eisstraße auf dem Festland fortsetzte und den Benutzer bis in das Sámidorf Sevettijärvi führte.
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