Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
Schmuck und Accessoires über seinen Träger.
    Die anderen Chefs und die Mitarbeiter der Immobilienfirma hatten nicht recht begriffen, was das Neue an der Botschaft des Entwicklungschefs sein sollte. Hatten die Leute nicht auch bisher ihre Wohnungen nach ihrem eigenen Geschmack eingerichtet? Sollten sie künftig so etwas wie Wohnfreaks werden? Und wie sollte ein derartiges Verhalten den Wert einer Immobilie steigern können?  
    Lauri Lonkonen hatte versucht zu erklären: Sollte das modebewusste Wohnen um sich greifen, würden die Leute häufiger ihre Wohnung wechseln, was natürlich auch den Umsatz steigern würde. Einiges deutete bereits auf eine solche Entwicklung hin, auch wenn man bislang noch nicht direkt von Modetrends im Bereich des Wohnens sprechen könne. In Zukunft könnte es aber durchaus normal werden, dass der Mensch seine Wohnung wechseln würde wie seine Kleidung, oder eher noch wie sein Auto. Wenn der fahrbare Untersatz altert und das Modell aus der Mode kommt, dann beginnt die Karosserie zu rosten, und es fallen Reparaturen an. Der Besitzer fackelt nicht lange und marschiert ins Autohaus, um seine alte Schrottkiste gegen einen neuen Wagen einzutauschen. So ähnlich sollten die Leute auch im Hinblick auf Immobilien handeln. Die alte Bude endlos zu renovieren entsprach nicht mehr dem Zeitgeist. Das brachte nur eine Menge Kosten mit sich, und das Ergebnis war nicht immer befriedigend und schon gar nicht besonders chic. Dauernd dieselben alten Wände und der ungünstige Grundriss. In einem neuen Zuhause hingegen hätten die Leute reichlich Gelegenheit, modischen Trends zu folgen, und nebenbei würden sie ihr überschüssiges Geld in die Kassen der Immobilienfirma schaufeln.
    Lauri Lonkonen bezeichnete seine Gedanken als neue »Wohnidee«, glaubte aber, einen griffigeren und ansprechenderen Slogan entwickeln zu können, sofern man ihm genügend Zeit gab und ihm die nötigen Mittel garantierte, damit er an seiner Idee feilen konnte.
    Der flotte Vortrag riss weder die Kollegen mit, noch konnte er Lauris Stellung als Entwicklungschef der Firma festigen.
    Am zweiten Tag der Klausurtagung sprach ein externer Experte, ein Banker aus dem Nachbarland Schweden, und er berichtete davon, welch ausgezeichnete Erfahrungen man dort mit der Rekrutierung junger, aufstrebender Fachkräfte gemacht hatte. Mehrere Unternehmen hatten sämtliche Mitarbeiter über vierzig entlassen, ungeachtet ihrer fachlichen Qualifikationen und ihrer Arbeitsmoral, und dafür jüngere Leute eingestellt, manche erst zwanzig, die meisten um die dreißig. So hatte die Unternehmensleitung ein Überaltern der Belegschaft verhindern können. Tatsächlich nämlich waren Vierzigjährige auf dem besten Wege, einfach zu alt zu werden. Bald schon würden sie in Rente gehen, und was sollte dann aus der Firma werden, wenn man nicht rechtzeitig vorsorgte und jüngere Mitarbeiter engagierte?
    Der Bericht wurde von den Chefs und besonders von den jungen Mitarbeitern der Wohnwelt begeistert aufgenommen. Die positiven Erfahrungen der Schweden betrachteten sie als Ansporn, diese Neuerung auch in der kleinen finnischen Immobilienfirma einzuführen.
    Am Nachmittag legte Geschäftsführer Ralf Soininen beim Spaziergang im Park des Kasinos seinem Entwicklungschef nahe, ebenfalls über einen anderen Schonplatz nachzudenken. Lauri fragte, ob das als Kündigung zu verstehen sei, worauf der Geschäftsführer bestätigte, dass seine Äußerung durchaus so interpretiert werden konnte. Er versprach seinem Entwicklungschef bereitwillig ein halbes Jahr bezahlten Urlaub.
    Lauri dachte über sein Alter nach. Er war in der Tat im Winter vierzig geworden, fühlte sich aber trotzdem weder ausgebrannt noch hatte er je einen Gedanken ans Rentnerdasein verschwendet.
    Gegen Abend wurde die Klausurtagung mit einer unterhaltsamen Schiffstour beendet. Die Firma hatte ein geräumiges und schnelles Ausflugsschiff gemietet, das mit der Belegschaft eine Tour durch den Nationalpark Inselarchipel machen sollte. In der Kombüse hantierte ein Koch, der ein schmackhaftes Essen zubereitete. Auf beiden Decks wurde Sekt ausgeschenkt, außerdem nach Wunsch auch Wein oder Bier. Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Auf der Tagung hatte man viel Neues und Interessantes erfahren, man hatte den Zusammenhalt, zumindest unter den jungen Mitarbeitern, gefestigt, hatte wunderbare Pläne für die Zukunft geschmiedet und überhaupt viele angenehme Eindrücke gewonnen.
    Die allgemeine Ausgelassenheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher