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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Pudel, Hengst und Kant
    Ein Trommelwirbel informierte mich darüber, dass eine E-Mail in meiner Box lag. Eberhard lag eingerollt auf dem Sofa. Er schreckte hoch, hob unwirsch den Kopf und blinzelte.
    »Sorry, Löwe«, murmelte ich.
    Wer isses denn? Wieder das Pferd?, fragte der Kater.
    »Der ist kein Pferd, der nennt sich Hengst«, korrigierte ich. »Strammer Hengst!«
    Egal, jeder Hengst ist ein Pferd.
    »Aber nicht jedes Pferd ein Hengst.«
    Jeder Pudel ist ein Hund, aber nicht jeder Hund ein Pudel!
    »Eberhard!« Ich war begeistert. »Woher kennst du denn Kant?«
    Wieso? Wer ist Kant? Ein Hengst oder ein Pudel?
    Ich lachte. »Erklär ich dir später.«
    Was schreibt er denn?
    »Er fragt, ob ich seine Stute sein will.«
    Wieso? Du bist doch kein Pferd, sondern eine Frau!
    »Eben. Jede Stute ist ein Pferd – wenigstens meistens –, aber nicht jedes Pferd eine Frau.«
    Der Kater verließ das Sofa und fixierte eine Stubenfliege an der Wand.
    »Soll ich zum Halali blasen?«, fragte ich.
    Doch Eberhard hatte keinen Sinn für waidmännische Rituale – mit einem gewaltigen Satz sprang er gegen die Wand, glitt an ihr ab und landete wenig elegant auf dem Boden.
    Die Fliege schwebte gelassen durchs Zimmer.
    »Du lernst aber wirklich nix dazu«, seufzte ich. »Wie oft hast du dir nun schon bei der Fliegenjagd die Nase poliert?«
    Eberhard schenkte sich die Antwort, berappelte sich und begann, sich das schwarze Fell zu putzen.
    Ich wandte mich wieder meinem Rechner zu, las die E-Mail zu Ende. Der Stramme Hengst kündigte an, mir beim nächsten Mal ein erotisches Foto von sich schicken zu wollen. Damit du weißt, was dich erwartet, Kleines! , endete die Nachricht.
    Ich gähnte und fuhr den Rechner herunter. Mit Bildern von männlichen Geschlechtsteilen jedweder Größe und jedweden Zustandes hätte ich inzwischen die Wände tapezieren können.
    »Das sind die Nachteile der elektronischen Kommunikation«, dozierte ich in Richtung Eberhard, »jeder kann ungehindert in deine Privatsphäre eindringen.«
    Zieh doch den Stecker raus, wenn du dich belästigt fühlst, riet mein neunmalkluger Kater.
    »Geht nicht«, widersprach ich. »Job ist Job.«
    Eigentlich hätte das Wochenende so schön sein können. Schön – das bedeutete in erster Linie: Ruhe. Nur der Kater und ich, abgeschirmt vor den Störungen der feindlichen Welt. Genug zu essen im Haus, ausreichend Wein im Kühlschrank, Bücher, Musik und den Schlüssel von innen umgedreht.
    Na gut, Glotze musste auch sein, immerhin war ich seit ein paar Monaten bei einem Regionalsender beschäftigt – aushilfsweise. Der Verleger des Bierstädter Tageblattes hatte sich an einer Trägergesellschaft eines TV-Kanals beteiligt und mich ›ausgeliehen‹. Ich hatte schon früher mal fürs Fernsehen als freie Lohnsklavin gearbeitet und war in einem sechswöchigen Crash-Kurs für den Job wieder fit gemacht worden.
    Ich betreute die Rubrik ›Gesellschaft und Polizei‹ – was immer das beinhalten mochte. Jedenfalls war es ein völlig anderer Job als beim Tageblatt, der Zeitung, bei der ich seit über zehn Jahren für die Skandalgeschichten und die Polizeistorys zuständig war. Ein Job, der mich voll ausfüllte und den ich über alles liebte. Jeden Tag passierte etwas Neues, über das es zu schreiben lohnte – ob es nun Politiker auf Abwegen, gequälte Tiere, Massenkarambolagen, Kapitalverbrechen oder die sentimentalen kleinen Geschichten aus der Provinz waren.
    Bei der Arbeit beim TV kam es nicht mehr nur auf Worte an, sondern auf Bilder und Töne. Im Schlepptau hatte ich also immer einen Kameramann und einen Tonassistenten. Und das mir, wo ich mit Teamarbeit schon immer Probleme gehabt hatte. Außerdem war so eine verdeckte Recherche nahezu unmöglich.
    Der Sender hieß TV Fun und war seit drei Wochen on air. Zunächst mit einem täglichen Magazin von einer halben Stunde.
    Jetzt galt es neue Formate zu entwickeln, die das Publikum an den Sender binden sollten. Eine mittägliche Kochshow würde in einer Woche starten. Die Verantwortung dafür war mir zum Glück erspart geblieben, denn hier lag der Schwerpunkt auf den kulinarischen Besonderheiten der näheren Umgebung. Und die gingen nur selten über Pfefferpotthast und Möpkenbrot hinaus. Gesponsert wurde die Show von Bierstädter Brauereien, sodass fast immer nur Bier als Getränk empfohlen wurde, was mir kulturell und auch sonst gegen den Strich ging.
    Ich bastelte an einer Sendereihe, die sich mit einsamen Herzen, willigen Körpern und
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