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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
Autoren: Arto Paasilinna
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fromme Lieder singen können.
    Kalle Homanen arbeitete noch an vielen weiteren Ideen, die zu brauchbaren Erfindungen werden könnten, allerdings benötigte er die Hilfe von Lauri Lonkonen.
    Kalle rief seinen Freund an, wurde aber enttäuscht. Lauri antwortete nicht, und es gab auch keine Mitteilung von seinem Handy. Im Laufe des Abends versuchte Kalle es immer wieder, aber eine Verbindung kam nicht zustande. Das war so gar nicht Lauris Art. Im Allgemeinen sorgte er dafür, dass er erreichbar war, und schaltete nicht einfach grundlos sein Handy ab. Kalle beschloss, Lauris Frau Irma anzurufen. Er entschuldigte sich, dass er sie so spät noch störe, aber er habe ein besonders wichtiges Anliegen. Irma berichtete, dass ihr Mann an einer Klausurtagung seiner Firma in Hanko teilgenommen habe und längst zusammen mit seinen Kollegen im gecharterten Bus zurück sein müsste, doch aus irgendeinem Grunde zu Hause noch nicht aufgetaucht sei. Womöglich sei er versackt?
    »Ein bisschen seltsam ist das Ganze schon. Lauri kommt normalerweise nicht verspätet von seinen Reisen heim und schlägt eigentlich auch nicht über die Stränge.«
    Kalle Homanen beschloss, bis zum Morgen zu warten und dann einen neuen Kontaktversuch zu starten. Es konnte ja durchaus möglich sein, dass der solide und seriöse Mann nun, nachdem er vierzig geworden war, doch noch übermütig wurde, es einmal richtig krachen ließ und vergaß, rechtzeitig nach Hause zu kommen.

3
    Am frühen Morgen wurde Lauri Lonkonens Situation unerträglich. Seine Füße froren, der ganze Körper war wie taub. Zum Glück hatten sich die Möwen auf ihre angestammten Klippen verzogen.
    Lauri war durstig und bekam auch Hunger. Wo war Irma, seine Frau, vermisste sie ihn gar nicht? Wie gern hätte er jetzt ein paar von ihren Eierkuchen und zum Hinunterspülen zwei Glas Weißwein. Unsinn, nicht nur zwei Glas, lieber gleich eine ganze Flasche, und zwar halbtrockenen Elsässer Weißen. Aus einem Kristallkelch, kein billiger Plastikbecher, nicht in dieser Situation. Beim Abschiedstrunk galt es, den Stil zu wahren.
    Er war müde, aber wenn er jetzt im Meer einschlafen würde, bedeutete das unweigerlich den Tod durch Ertrinken. Er musste wach bleiben und auf den Morgen warten. Vielleicht würde sich dann die Sicht bessern, und jemand würde ihn aus seiner misslichen Lage befreien. Wenn nur das ruhige Wetter anhielte! Bei Sturm würde er sich nicht auf dem Felsen halten können. Lauri zerrte sein Handy aus der Tasche. Es war nass geworden, das Display blieb dunkel. Zum Glück war die Armbanduhr wasserdicht, die Zeiger standen auf vier. Noch viel Zeit, um dazustehen und über sein Leben nachzudenken.
    Gegen sechs Uhr morgens kam eine leichte Brise auf, die ein dickes Bündel Seile vor sich hertrieb, wahrscheinlich waren sie von irgendeinem Handelsschiff gefallen. Bald darauf trieben etwa zwanzig große Ballen vom offenen Meer heran, aber was sie enthielten, blieb Lauri verborgen, da die Packen zu weit weg waren und er keine Lust hatte, hinzuschwimmen, um den Inhalt zu untersuchen.
    Wenige Minuten später kam ein weiterer Ballen angeschwommen, und diesmal trieb er fast direkt in Lauris Arme. Der Ballen war etwa einen Meter lang und einen halben Meter dick, und er war mit durchsichtiger Plastikfolie umhüllt. Die Seiten waren mit Worten in kyrillischen Buchstaben beschriftet, woraus Lauri schloss, dass es sich um Ware handelte, die von einem russischen Frachtschiff über Bord gegangen war. Er riss die Verpackung auf. Zum Vorschein kamen rote und gelbe Gummistiefel, Erstere in kleinen Kindergrößen, die Letzteren dafür riesig, offenbar für Bergleute bestimmt. Erfreut suchte sich Lauri das größte Paar heraus, das so aussah, als ob es ihm passte. Ohne Bedenken stieß er seine Slipper von den Füßen und schlüpfte langsam in die Gummistiefel. Er musste sich zu dem Zweck so tief niederkauern, dass sein Kinn die Wasseroberfläche berührte. Es klappte. Sein bisheriges Schuhwerk kam an die Oberfläche. Wieso schwammen seine Schuhe eigentlich? Lauri nahm an, dass die Slipper sich schon bald mit Wasser vollgesaugt hätten, auf den Grund sinken und vielleicht den Miesmuscheln der Ostsee als geeigneter Unterschlupf dienen würden. Jetzt standen seine Füße fest und sicher auf dem glitschigen Felsen. Seine eigenen Sommerschuhe hatten einst eine ordentliche Stange Geld gekostet, sie waren das Qualitätsprodukt einer Schuhfabrik aus Tampere, aber ihnen jetzt nachzutrauern war sinnlos. Wichtig war
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