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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)
Autoren: Stephan Harbort
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Vorwort
                        
                       Über Jahrtausende hinweg haben die Menschen sich erbittert und erbarmungslos bekämpft und bekriegt – um sich selbst zu befreien und den anderen unfrei zu machen. Und sie werden nicht müde, lassen nicht nach, verzweifelt wird um jeden Zentimeter Freiheit gerungen; auch wenn es den eigenen Tod bedeutet. Der Freiheitsdrang beseelt die Menschen, er treibt sie an und um. Nichts auf dieser Welt hat mehr Menschenleben gekostet als der unversöhnlich geführte Kampf um die Freiheit.
    Es ist ein nicht enden wollendes Gemetzel, denn das Böse, Schlechte, Unvollkommene, Missratene gehört auch zum Drama der menschlichen Freiheit. Die Marter, das Maßlose und das Mörderische sind der Preis, der Blutzoll, den wir für unsere Freiheit zu entrichten haben. Wir fürchten uns besonders vor Menschen, die das Unmenschliche nicht scheuen, sondern danach trachten, sich daran ergötzen und dafür töten. Ihre Opfer sind vogelfrei. Die Täter leben jenseits der sozialen Ordnung, aber mitten unter uns. Die gewaltsame Unterjochung des Opfers, seine Vernichtung, wird als triumphaler Befreiungsakt gefeiert. Das Lebensmotto der »Monster« und »Bestien«, die wir gerne verbal als solche etikettieren und sozial exekutieren, mit denen wir aber sonst nichts zu schaffen haben wollen, schockiert: Ich morde, also bin ich.
    Um existieren zu können, wollen und müssen sie es immer wieder tun – ohne Rücksicht auf Verluste. Die Gründe sind die Abgründe, die sich im Menschen auftun. Sie können unterschiedlicher Natur sein, einen individuellen Verlauf nehmen, doch am Ende steht immer das Drama. Der Mensch ist das »nicht festgestellte Tier«, hat Nietzsche einmal behauptet. Und die Freiheit der Wölfe bedeutet den Tod der Lämmer. Nicht selten kommen sie im Schafspelz daher: unscheinbar und unberechenbar.
    Gemeinhin werden Menschen, die mit heiß-kaltem Herzen töten und nicht davon loskommen wollen oder können, als »Serienmörder« oder »Serienkiller« bezeichnet. Was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt, ist umstritten. Der Fall, von dem das vorliegende Buch handelt, gehört in diese Kategorie und sprengt alle Maßstäbe – damals wie heute. Die schockierenden Gräueltaten übersteigen den Verstand, das Gefühl und die Sprache.
    Auch in diesem Fall wird das Böse, das Entsetzliche nicht vollends erhellt und erklärt werden können. Manchmal müssen wir uns mit Beschreibungen begnügen, obwohl wir nach Aufklärung verlangen. Hier stoßen wir an unsere Grenzen. Aber diese Geschichte, dieses Buch soll Perspektiven und Denkanstöße liefern, die etwas weiter sehen lassen. Solche »Ungeheuer«, die ungeheuerliche Taten verüben, gehören ohne Zweifel auf die Anklagebank und eingesperrt – so lange, bis ihre Schuld gesühnt ist und von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht.
    Aber es hilft nicht wirklich weiter, diese verlorenen Seelen nur unter Paragraphen zu begraben und hinter hohen Gefängnismauern verschwinden zu lassen. Wird der eine hinter Gitter gebracht, beginnt ein anderer sein todbringendes Handwerk. Das schauderhafte Grauen beginnt von vorn. Immer wieder. Wenn wir unsere kollektive moralische, soziale und erzieherische Verantwortung weiterhin verharmlosen oder leugnen, den Tätern die alleinige Schuld zuweisen und sie lediglich auf den gesellschaftlichen Müllhalden entsorgen, droht tödliche Gefahr. Denn: Die angehenden Mörder können sich nicht selbst heilen oder reparieren, ihnen muss geholfen werden, und das rechtzeitig. Und dazu sind wir aufgerufen und verpflichtet, jeder von uns! Solange wir glauben, »Triebtäter« seien rational denkende und pragmatisch entscheidende Verbrecher, die anders handeln könnten, wenn sie denn nur wollten, flüchten wir uns in die falsche Richtung.
    Das vorliegende Kriminal- und Justizdrama darf zu Recht als »Jahrhundert-Fall« gelten und führt uns an die Grenzen des Erträglichen – und bisweilen darüber hinaus. Die unsäglichen Verbrechen eines höchst unscheinbaren Mannes, dessen kümmerliche Existenz in sämtlichen Lebensabschnitten kaum wahrnehmbar wurde, sind ein mahnendes Beispiel dafür, wie weit ein Mensch sich von seinesgleichen entfernen kann, wozu er fähig ist, wenn man sich nicht um ihn kümmert. Und es zeigt, wie und wie weit sich seelische Deformationen und sexuelle Perversionen entwickeln können – wenn sie wie Krebsgeschwüre unerkannt und unbehandelt wuchern dürfen. Insofern
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