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Die verborgene Grotte

Die verborgene Grotte

Titel: Die verborgene Grotte
Autoren: dtv
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das müsst ihr verstehen. Im Unterschied zu Ture Öberg kann ich ein Geheimnis nämlich für mich behalten.«
    Der Blick, den Mama Großvater zuwarf, hätte sogar Stahl durchbohren können. Trotzdem hielt er bewundernswert lange stand, dachte Karl. Aber schließlich gab Großvater doch nach.
    »Ja, ja, schon gut. Aber erzählt niemandem, dass ihr es von mir wisst. Es ist Miriam Matin.«
    »Wer?«
    Karls Spannung schlug in Enttäuschung um. Er hatte diesen Namen noch nie gehört. Seine Mutter dagegen sehr wohl.
    »Miriam Matin!«, keuchte sie mit weit aufgerissenen Augen.
    Karl sah von seiner Mutter zu seinem Großvater, der nickte, als hätte er soeben verraten, wo Montezumas Schatz begraben lag.
    »Wer ist das?«, fragte Karl.
    »Schwedens bekannteste Illusionistin. Sie war ein Superstar in Las Vegas. Bis sie ihren neuen Beinamen bekam: Madame Tod.«
    Großvater machte ein ernstes Gesicht.
    »Ja, das war eine ziemlich grässliche Geschichte   …«
    Mama nickte. Aber weder sie noch Großvater sprachen weiter.
    »Dann erzählt doch endlich«, forderte Karl ungeduldig. »Warum wird sie Madame Tod genannt?«
    »Bist du sicher, dass du es wissen willst?«, fragte Mama.
    Karl war sicher.
    »Okay   …«
    Und dann fing sie an zu erzählen.

T ödliche Eitelkeit
    »Eitelkeit ist eine der sieben Todsünden und führt zu ewiger Verdammnis   – wenn der Sünder nicht bereut. Lonnie Lane war wohl der eitelste Mensch in Las Vegas   – und das heißt nicht wenig in einer Stadt, die so oberflächlich ist, dass alles künstlich ist, sei es eine Nase oder eine Romanze. Aber für den armen Lonnie Lane war es zu spät zur Umkehr. Wobei nicht einmal sicher ist, dass er überhaupt begriff, dass er gerade starb.
    In Las Vegas ist das ganze Leben eine gigantische Show. Um die Wirklichkeit auszusperren, gibt es in den riesigen Spielhallen keine Fenster und keine Uhren. Alles steht auf dem Spiel   – und immer geht es darum, Erfolg zu haben. Manche sind Gewinner, andere sind   … wie Lonnie Lane.
     
    Die Illusionistin Miriam Matin grübelte. In Las Vegas als Magierin zu arbeiten, war eine Herausforderung. In dieser Stadt musste man immerzumit neuen, fantastischen Nummern auftrumpfen. Hier reichten Tücher, Tauben und Spielkarten nicht aus. Hier brauchte man Elefanten, Helikopter und verschwindende Wolkenkratzer.
    Die Premiere ihrer neuen Zaubershow stand unmittelbar bevor und alle Nummern waren fertig bis auf eine   – das große Finale. Das Motto der Show hieß Rock ’n’ Roll: schwarzes Leder, Motorräder und heulende Gitarren. Aber wie sollte sie den Abend krönen? Vielleicht mit einer tödlichen Gefahr, überlegte sie, als im selben Augenblick ein Bühnenarbeiter seine Kreissäge startete. Da wusste sie, was sie machen würde.
    ›Beschaff mir eine Kreissäge!‹, rief sie ihrem Assistenten zu. ›Und sag dem Schreiner, er soll einen richtig eindrucksvollen Sarg tischlern. Mit Geheimversteck auf der Rückseite. Und einem drehbaren Stativ dazu, damit wir ihn hochkant auf der Bühne präsentieren können.‹
    Miriam Matin und ihr Assistent arbeiteten schon seit vielen Jahren zusammen. Sowie er die Worte Kreissäge und Sarg hörte, wusste er ungefähr, was ihr vorschwebte. Und er wusste auch, dass er derjenige war, der am Ende im Sarg stehen würde. Aber nachdem er Miriam vertraute,war dieser Gedanke nicht weiter beunruhigend. Schon am selben Nachmittag begannen sie mit den Proben für die neue Finalnummer.
     
    Rockstar zu werden, war Lonnie Lanes größter Traum: mit den Worten
one, two, three, four
in einer Band den Takt anzugeben   – und dann zu singen und über die Bühne zu tanzen, wie er es aus Elvis Presleys alten Filmen kannte. Er war überzeugt davon, dass er dem Publikum ein unvergessliches Erlebnis bescheren würde, wenn man ihm nur endlich die Chance dazu gab. Aber sowohl Lonnies Stimme als auch sein Aussehen sprachen gegen ihn.
    Er war klein   – was er zu verbergen versuchte, indem er ausschließlich speziell angefertigte Schuhe mit hohen Absätzen trug. Er war dick   – und hoffte, dass es niemand bemerkte, solange er nur immer den Bauch einzog, bis er nicht mehr richtig atmen konnte. Er hatte eine Glatze   – was wirklich nicht zu übersehen war, denn sein Toupet wirkte so unnatürlich, dass er aussah, als balanciere er einen Hockey-Puck auf dem Kopf.
    Und dann seine Stimme   … Sie war furchtbar schrill und quälend zittrig. Dennoch fand er selbst, dass er wie geschaffen war für die Rolledes
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