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Die verborgene Grotte

Die verborgene Grotte

Titel: Die verborgene Grotte
Autoren: dtv
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ihn ein Stock am Kopf traf und alles um ihn herum schwarz wurde.
    Als er wieder zu sich kam, wusste er zunächst nicht mehr, wo er war. Dunkelheit, ein harter Holzboden. Ein dumpfer Schmerz im Hinterkopf. Dann erinnerte er sich. Und im selben Augenblick spürte er, wie jemand seine Beinen packte und ihn über den Boden zog, geradewegs auf einen großen Schrank zu.
    ›Gleich, gleich‹, zischte Pilkins angestrengt. ›Ja, ja, ich höre dich. Ich weiß, dass du hungrig bist.‹
    Die Stimme des Fabrikanten zitterte vor Anstrengung, während er den Jungen zum Schrank zerrte, genauer gesagt zu einer Tür, die zur Hälfte dahinter verborgen war. Sie war nur angelehnt und durch den Spalt schimmerte ein schwaches Licht. Hinter dem Schrank befand sich ein geheimer Raum.
    Der Junge war starr vor Angst. Was wartete dort drinnen?
    ›Ich komme‹, keuchte Pilkins und schob mühsam den schweren Schrank weiter zur Seite. ›Du weißt doch, dass ich dir gebe, was du brauchst.‹
    Die Tür glitt noch einen Zentimeter weiter auf. Es war, als würde ein Raubtier langsam seinen Schlund öffnen. Aber noch war die Öffnung zu klein. Pilkins ließ den Jungen los, um den Schrank das letzte Stück beiseitezurücken. Das war seine Chance. Stöhnend kam der Junge auf die Beine und stolperte zur Treppe.
    ›Halt, stopp!‹
    Aber der Junge hastete voller Angst die Treppe hinauf. Da spürte er eine Hand, die zwischen den Stufen hindurch nach seinem Knöchel griff. Er saß wie im Schraubstock fest und kam nichtlos. Schließlich trat er voller Verzweiflung gegen die nächste Treppenstufe, die Hand dazwischen. Ein Schrei gellte durch den Keller. Der Junge war frei! Er raste nach oben und erreichte die Haustür.
     
    Im selben Augenblick, als der Junge die Tür aufschlug, war auch die Gruppe von Stadtbewohnern vor dem Haus angekommen. Für einen Moment starrten ihn alle an und er starrte zurück, aber dann flogen die Worte nur so aus seinem Mund.
    ›Er ist da drinnen! Er ist total verrückt! Er wollte mich umbringen!‹
    Als der Junge erschöpft zusammenbrach, stürmte die aufgebrachte Meute in das Haus, um mit Pilkins abzurechnen.
    Aber die Villa war leer. Verlassen. Sie suchten überall, doch sie fanden nicht die geringste Spur von Pilkins. Nachdem das Haus an der Klippe endete, konnte er auf dieser Seite nicht entkommen sein, und überall auf dem Grundstück standen Leute herum, die gesehen hätten, wenn er durch eines der Fenster geflohen wäre.
    ›Lügst du, Junge?‹, fragte einer. ›Er ist nicht da.‹
    ›Aber er war hier‹, sagte der Junge. ›Unten, vor dem Geheimraum. Ich schwöre!‹
    Er führte sie in den Keller, bis hin zu der angelehnten Tür hinter dem Schrank.
    Starke Arme halfen, den schweren Schrank beiseitezuschieben und die Tür richtig zu öffnen.
    Aber die Kammer dahinter war vollkommen leer. Auch hier war keine Spur des Fabrikanten Pilkins zu finden.
    ›Wohin kann er verschwunden sein?‹
    Da hörten sie einen Schrei, der aus allen Richtungen zugleich zu kommen schien, als schalle er aus den Wänden heraus.
    ›Das war Pilkins!‹
    ›Aber wo steckt er?‹
    Es klopfte in den Wänden und Böden, obwohl niemand sich rührte, es war, als wäre das Haus selbst lebendig geworden. Ein dunkles und vibrierendes Brüllen dröhnte durch das ganze Gebäude. Dann wurde es still. Und plötzlich wusste der Junge, welches Monster Pilkins hatte füttern wollen.
    ›Es ist das Haus‹, flüsterte er. ›Das Haus hat ihn gefressen.‹
    Die Menschen im Keller starrten ihn verwundert an. War der Junge verrückt geworden? Aber im nächsten Moment drang ein leises Wimmern durch die Wände des Raumes. Ihre Nackenhaarestellten sich auf und für einen Augenblick kam es ihnen so vor, als würde das Haus atmen. Ein schweres Seufzen fuhr durch sämtliche Stockwerke. Dann hörten sie das Lachen. Pilkins’ Lachen. Erst blubbernd, prüfend, dann lauter und lauter, wahnsinniger und wahnsinniger, bis die Menschen sich die Ohren zuhielten und panisch zur Tür rannten.
     
    Ob das Haus den Fabrikanten wirklich gefressen hat oder ob er   – vielleicht eher noch   – ein Teil von ihm geworden ist? Tja, wer weiß. Seit diesem Tag hat ihn jedenfalls niemand mehr gesehen. Und niemand besuchte freiwillig das einsame Haus auf dem Witwenfels.«

K apitel 3

    Hätte sich die Tür wie in der Spukgeschichte von selbst geöffnet, wäre Karl sicher so schnell ihn seine Beine trugen abgehauen. Aber nun drehte er den sperrigen Schlüssel um, öffnete die Tür und
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