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Die verborgene Grotte

Die verborgene Grotte

Titel: Die verborgene Grotte
Autoren: dtv
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der kleinen Stadt nur noch weiter. Was mochte sich bloß in diesem düsteren Haus befinden?
    Nach und nach waren immer neue Geschichten über seine Sammlung in Umlauf gekommen. Und was für Geschichten!
    Man erzählte, das Haus sei voll von Dingen aus den unterschiedlichsten Epochen und Ländern,die nur eines gemeinsam hatten: Sie hatten mit dem Tod zu tun. Angeblich besaß Pilkins mittelalterliche Folterwerkzeuge, Mumien, Särge und sogar tote Tiere, die in großen Glasgefäßen mit Alkohol aufbewahrt wurden. Manch einer schwor, dass auch menschliche Körperteile darunter waren.
    Die Krone der Sammlung bildete allerdings der elektrische Stuhl aus Amerika. Ganz und gar echt und bei mehreren Hinrichtungen zum Einsatz gekommen.
    Mit der Zeit wurden die Gerüchte immer noch düsterer und unheimlicher. Es hieß, Pilkins sei geradezu besessen vom Tod.
    Dann verschwand die Katze eines Nachbarn und man fand sie ein paar Tage später mit gebrochenem Genick vor dem Zaun der Fabrikantenvilla. Als nach und nach weitere Haustiere verschwanden, ohne dass man je wieder eine Spur von ihnen entdeckte, wuchs der Verdacht gegen Pilkins.
    ›Pilkins ist krank‹, raunte man. ›Nur zu seinem Vergnügen fängt er Haustiere, quält und tötet sie. Wir müssen ihn stoppen, solange es noch geht. Unsere Kinder sind in Gefahr!‹
    So versammelten sich auch die Bürger der Stadt an diesem Abend auf dem Marktplatz undmarschierten zusammen den steilen Pirväg zur Fabrikantenvilla hinauf. Der Vollmond beleuchtete ihren Weg. Jetzt würde dieser Pilkins endlich bekommen, was er verdiente. Aber je näher sie dem Haus kamen, desto leerer klangen ihre Worte. Bedrohlich lauerte die Fabrikantenvilla über ihnen, starrte sie aus schwarzen Fenstern an. Das letzte Stück liefen sie schließlich schweigend nebeneinanderher.
     
    Unterdessen fragte sich der Junge, ob er eine Taschenlampe hätte mitnehmen sollen. Nein. So war es bestimmt besser. So würde niemand von draußen einen Lichtschein sehen. Seltsamerweise fühlte er sich hier drinnen im Haus warm und sicher. Gerade so, als wäre er willkommen.
    Hinter der Haustür öffnete sich eine große Halle. Überall an den Wänden hingen rituelle afrikanische Masken und mittelalterliche Morgensterne. Aber wegen dieser alten, primitiven Waffen war er nicht hierhergekommen.
    Pilkins musste die wirklich gruseligen Dinge irgendwo anders aufbewahren. Dort, wo niemand sie durch einen zufälligen Blick entdecken konnte. Da bemerkte der Junge eine Kellertreppe.
    Der kleine Raum im Keller erinnerte an ein überfülltes Museum. Ein Museum des Todes. Aneinem Galgen baumelte ein altes Hemd mit blutverschmiertem Kragen. Dahinter hing ein Gemälde aus der Zeit der Französischen Revolution, das eine Hinrichtung mit der Guillotine zeigte. In der Ecke stand ein eingestaubtes Skelett und grinste den Jungen mit kaputten Zähnen an. Und dann fiel sein Blick auf den elektrischen Stuhl.
    Er stand da, als warte er nur darauf, dass der nächste Sträfling auf seinen Sitz gezwungen und mit den Lederriemen an die Armstützen gefesselt wurde. An seiner Rückenlehne war, ähnlich einem Thron mit einer Königskrone, ein Metallhelm befestigt, der mit Riemen unter dem Kinn geschlossen wurde.
    Es war, als griffe eine eiskalte Hand nach dem Herz des Jungen. Auf diesem Stuhl waren Menschen gestorben. Und nun stand er davor, ganz alleine in einem Spukhaus. Mit einem Mal war ihm, als beobachteten ihn die Wände. Panik stieg in ihm auf. Er musste hier raus, aber erst musste er noch etwas finden, das er mitnehmen konnte   …
    Da knirschte es hinter ihm und er drehte sich hastig um.
    ›Was hast du hier zu suchen?‹
    Fabrikant Pilkins. Seine Stimme war dunkel und rau. Strähnig hingen ihm die weißen, langenHaare über die Schultern und seine schwarzen Augen glänzten wie die eines Raubtiers.
    Zu Tode erschrocken keuchte der Junge auf.
    ›Entschuldigung‹, flüsterte er. ›Ich-ich wollte nur den elektrischen Stuhl sehen.‹
    ›Das hast du ja jetzt getan.‹
    Der Fabrikant verzog sein Gesicht zu einem Mittelding zwischen Grimasse und Lächeln. Spitze, gelbe Zähne wurden sichtbar.
    ›Mach dir keine Sorgen, Junge. Du magst uneingeladen gekommen sein, aber nicht ungelegen. Nun, tatsächlich kommst du sogar genau richtig. Es wird langsam wieder Zeit. Sie ist hungrig   …‹
    ›S-sie?‹
    Pilkins lächelte geheimnisvoll.
    Da unternahm der Junge einen verzweifelten Versuch, an Pilkins vorbeizurennen, aber er war noch nicht weit gekommen, als
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