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Die verborgene Grotte

Die verborgene Grotte

Titel: Die verborgene Grotte
Autoren: dtv
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war. Wenn er sich beeilte, würde er vielleicht fertig werden, bevor es dunkel wurde.
    Aber als er dann einen Blick aus dem Fenster warf, wurde ihm klar, dass es schon ziemlich bald dämmern würde. Den ganzen Tag hatte Karl sich bemüht, nicht an die Spukgeschichten zu denken, aber jetzt, wo die Schatten aus den Ecken krochen, fiel es ihm immer schwerer, die Gedanken fernzuhalten. Unheilvoll starrte Pilkins ihn von seinem Bild herab an, und als plötzlich ein dumpfes Poltern aus dem Keller drang, fuhr Karl erschrocken zusammen.
    Er versuchte sich einzureden, dass es in einem alten Haus immerzu knarrte und knackte und dass daran nichts Ungewöhnliches war. Aber dann hörte er das Geräusch wieder. Dort unten bewegte sich irgendetwas. Vielleicht gab es ja Ratten. Oder Schlimmeres   … Eins war auf jedenFall sicher: Wenn er noch länger in dem Haus bleiben wollte, war er gezwungen herauszufinden, woher das Poltern kam.
     
    Die Treppe hinter der Tür führte steil nach unten in den dunklen Keller. Karl tastete die Wand ab und fand einen Lichtschalter. Dort unten hingen dieselben nackten Glühbirnen wie in der Halle. Die Treppenstufen knarrten, obwohl Karl versuchte zu schleichen. Erst sah er nichts als einen leeren, verlassenen Raum, in dem ein großer Schrank an der Wand stand. Alle Sachen, die in der Spukgeschichte noch hier unten gewesen sein mussten, waren später nach oben in die Wohnung gebracht worden. Aber dann entdeckte er, in dem fahlen Licht kaum zu erkennen, einen schmalen Streifen in der Wand. Die Tür zu dem geheimen Raum! Dem Raum, in dem Pilkins verschwunden war! Allerdings schien sie fest verschlossen zu sein. Zum Glück.
    Hier unten war es feucht und für einen Augenblick hatte Karl das Gefühl, die Wände um ihn herum könnten wirklich lebendig sein. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes war eine offene Tür. Karl starrte sie an. Hörte er von dort etwas kratzen? Oder existierte das Geräusch nur in seinem Kopf? Todesmutig machte er ein paarSchritte vorwärts, um zu sehen, was sich hinter der Tür verbarg.
    Der Nebenraum roch muffig und war noch feuchter als der restliche Keller. Es war nur eine kleine Kammer mit Regalen, leer bis auf ein altes Einmachglas. Vielleicht hatte sie früher als Vorratskeller gedient. Jedenfalls entdeckte Karl nichts, was das Geräusch erklären konnte. Zum Glück schienen sich keinerlei Lebewesen im Keller zu befinden   – oder Gespenster.
    Karl wollte sich gerade umdrehen und zur Treppe zurückgehen, als er plötzlich ganz hinten in der kleinen Kammer eine Bewegung wahrnahm. Etwas Lebendiges. Etwas Glitzerndes. Ein Paar Augen.
    Erschrocken wich Karl zurück, aber dann hörte er ein zartes Miauen und ein struppiges rotes Etwas schlich auf ihn zu. Eine Katze, die offenbar irgendwann beschlossen hatte, in dieses Haus zu ziehen. Erleichtert atmete Karl auf und fühlte sich gleichzeitig wie ein Idiot. Die Katze strich ihm um die Beine und schnurrte hungrig. Vielleicht konnte er ja in der Küche irgendetwas Essbares für sie auftreiben.
    Das Einzige, was er finden konnte, war eine alte Konservendose mit Thunfisch, aber die Katze schien damit zufrieden und schnurrte lebhaft.
    Als Karl wieder im Esszimmer stand, störte ihn noch immer irgendetwas. Er fühlte sich beobachtet, und zwar nicht von der Katze. Er drehte sich um und begegnete wieder dem Blick von Bertram Pilkins, der ihn von seinem Gemälde draußen in der Halle herab anstarrte. Und nachdem Karl das Bild erst einmal aufgefallen war, konnte er an nichts anderes mehr denken.
    Entschlossen zerrte er das Laken von dem Holzstuhl, auf dem er gesessen hatte. Um es über den Goldrahmen hängen zu können, musste er auf einen Hocker steigen, aber schließlich hatte er es geschafft. So. Jetzt musste er Pilkins wenigstens nicht mehr länger in die Augen schauen. Erleichtert wollte er wieder zurück, aber mitten in der Bewegung blieb er wie vom Donner gerührt stehen. An dem Stuhl, auf dem er gesessen hatte, waren Lederriemen befestigt. Und über der Rückenlehne ragte eine Halterung heraus. Eine Halterung mit einer helmähnlichen Schale aus Metall.
    Pilkins’ elektrischer Stuhl.

K apitel 4

    Warum stellte sich jemand einen elektrischen Stuhl ins Esszimmer? Dieser Pilkins musste total wahnsinnig gewesen sein.
    Karl war kurz davor, auf dem Absatz kehrtzumachen und das Haus zu verlassen. Aber als die Katze, die ihre Thunfisch-Mahlzeit soeben beendet hatte, kam und sich an seine Beine schmiegte, ging es ihm gleich etwas
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