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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin
Autoren: Elke Pupke
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Kind, du brauchst wirklich ein bisschen Abwechslung.«
    Â»Aber muss es denn unbedingt ein Schwimmbad sein?«, hat Inka gemurrt. »Du weißt doch, ich gehe nicht gern schwimmen.«
    Â»Ach, Unsinn«, hat Steffi widersprochen, »da ist es hell und warm, das tut uns gut bei dem Wetter. Und wenn du nicht schwimmen willst, bleibst du eben im Nichtschwimmerbecken oder auf die Sonnenbank. Eine Sauna gibt es da auch. Und anschließend essen wir einen schönen Eisbecher, dann fühlst du dich wie im Sommer.«
    Nach längerem Zögern hat Inka sich überreden lassen, aber nun sitzt sie wie ein Häufchen Unglück auf dem Beifahrersitz.
    Â»Glaubst du eigentlich an Gott?«, fragt sie nach längerem Schweigen.
    Steffi wirft ihr einen erstaunten Blick zu. »Wie kommst du denn jetzt darauf?«
    Als die junge Frau wieder schweigt, hakt Steffi nach: »Nun erzähl schon, was hast du auf dem Herzen? Dich bedrückt doch etwas. Manchmal hilft es, darüber zu reden. Oder ist es ein Geheimnis?«
    Â»Nein, eigentlich nicht«, sagt Inka leise. »Es wissen ja alle. Aber sie verstehen das nicht. Höchstens meine Mutter, vielleicht. Aber mit ihr kann ich nicht darüber reden.«
    Steffi fährt schweigend weiter, sie drosselt die Geschwindigkeit, es ist neblig geworden, die Sicht beträgt nur wenige Meter.
    Inka fühlt sich geborgen neben der mütterlichen Frau. »Ich habe einmal einen großen Fehler gemacht«, beginnt sie, »daran muss ich in letzter Zeit dauernd denken. Ich war vierzehn. Es war im Sommer und ich sollte auf ein Kind aufpassen, auf einen kleinen Jungen.«
    Während sie durch die graue Landschaft fahren und Inka erzählt, erleben beide Frauen, eingehüllt in winterliche Nebelschwaden, in Gedanken einen längst vergangenen Sommertag, als nähme dieser direkt vor ihren Augen noch einmal seinen Lauf.
    Es war ein warmer Julitag. Die Sonne stand im Südwesten noch hoch am strahlend blauen Himmel, der leichte Westwind brachte kaum Abkühlung, aber die Ostsee war nicht mehr ganz so glatt wie am Vormittag. Die zahlreichen Badegäste begrüßten jauchzend jede Welle, die sich in Ufernähe brach, und warfen sich in die Schaumkämme.
    Am breiten Strand standen die Strandkörbe dichtgedrängt, unterhalb der Körbe, in Wassernähe, lagen die Menschen auf Badelaken oder Luftmatratzen, manche hatten ein Sonnensegel aufgestellt.
    Am Horizont sah man ein großes, weißes Schiff, die Schwedenfähre, langsam vorübergleiten, näher am Ufer zog ein Motorboot einen Surfer hinter sich her.
    Am Fischerstrand, an Bansins Ostseite, dort, wo die Strandpromenade endet und die Steilküste beginnt, wo die kleinen Fischerbuden und Imbissstände stehen und die Boote liegen, wo es immer nach Fisch und ein wenig Teer riecht, dort, zwischen den letzten Strandkörben und den Booten, spielten zwei Brüder. Der größere von ihnen war eigentlich schon zu alt, um im Sand zu spielen, so meinte er jedenfalls. Aber hier kannte ihn ja keiner, seine Freunde waren weit weg. Und als er am Strand entlangsah, bemerkte er, dass viele Erwachsene, meist Männer, eifrig dabei waren, mit den Kindern zusammen im feuchten Sand am Wasser Burgen und Türmchen zu bauen. Beruhigt wandte er sich wieder seinem kleinen Bruder zu. Der überlegte gerade, was er als Lenkrad für sein Sandauto verwenden könnte. Aber dann schob er das Problem beiseite und vertiefte erst einmal das Loch vor den Vordersitzen. Wie immer, wenn der Kleine so eifrig war, schob er die Zungenspitze aus dem Mund. Das Auto sollte so groß sein, dass er darin sitzen konnte. Es störte ihn auch nicht, dass er beim Graben bereits auf das Wasser stieß. Sie buddelten schon den ganzen Nachmittag im Sand. Der Ältere begann sich zu langweilen. Er spielte gern mal mit seinem kleinen Bruder, aber doch lieber mit Gleichaltrigen. Sehnsüchtig blickte er zum Volleyballplatz hinüber, der etwa fünfzig Meter entfernt lag. Er stand auf und klopfte sich den Sand von der Badehose. Der Kleine sah ein wenig enttäuscht aus, als sein großer Bruder ihn fragte, ob er allein weitermachen könne, nickte dann aber bereitwillig. Das Auto war ja fast fertig und er wusste es zu schätzen, dass der Große den ganzen Nachmittag mit ihm gespielt hatte. Zu Hause tat er das selten.
    Das Mädchen, das auf die beiden aufpassen wollte, versuchte, den Teenager am Weggehen zu hindern. Aber
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