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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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Muskeln der Arme anzuspannen, und die Arme hin und her zu drehen, um die Fesseln an den Handgelenken zu lockern. Die Hände waren bereits taub und steif. Ihr Bemühen war vergebens. Währenddessen gingen ihr unzählige Vermutungen durch den Kopf. Wer hatte sie überfallen? Ein Geist bestimmt nicht. Sie hatte beim Kampf die harten Muskeln gespürt und schweres Keuchen gehört. Es waren menschliche Finger gewesen, die ihr ins Haar gegriffen hatten, um den Kopf brutal nach hinten auf den Boden zu ziehen. Aber wer kannte den geheimen Zugang zum Rosenzimmer?
    Dinty Mullins!
    Der Name durchzuckte sie wie ein Blitzschlag. Er erklärte vieles, was zuvor unmöglich schien. Dinty Mullins! Er kannte Bally Moran besser als jeder andere; er hatte als Junge hier gespielt. Dinty Mullins! Ihn hatte man in Kilkelly gesucht und nicht erreicht, obwohl er eigentlich dort sein sollte.
    Der Gedanke an Molly machte sie jedoch wieder unsicher. Konnte jemand seine eigene Mutter ermorden? Die Vorstellung war so ungeheuerlich, daß sie einen Augenblick den Atem anhielt und ihre Befreiungsbemühungen unterbrach. Aber warum nicht? Es wäre nicht der erste Muttermord, von dem sie gehört hatte, und auch alle anderen Dinge, die er getan hatte, bewiesen nur, daß er kein normaler Mensch sein konnte.
    Der Gedanke, daß er mit neuen Mordabsichten zurückkommen könnte, versetzte sie abermals in Panik, und sie begann wie das letzte Mal wie verrückt an den Fesseln zu zerren.
    Erst als ihr die Luft ausging, kam sie zur Vernunft. Ruhig, ruhig, mahnte sie sich, hörte mit dem sinnlosen Wüten auf und wartete, bis Atem und Herz sich beruhigt hatten.
    Die Fesseln sind nicht zu lösen, gestand sie sich schließlich mit tiefer Hoffnungslosigkeit ein. Aber sicherlich vermißte man sie inzwischen. Ihr schien es, als ob sie schon eine Ewigkeit in dieser kalten Finsternis läge. Das Gefühl für Zeit hatte sie verloren, und sie hatte keine Ahnung, wie lange sie jeweils ohnmächtig gewesen war. Sie strengte die Ohren an in der Hoffnung, vielleicht die Stimmen von Dan oder Jesse zu hören. Von oben tönte nichts zu ihr herunter, aber aus einer anderen Richtung vernahm sie nun ein scharrendes Geräusch. Sie lauschte angespannt. Jetzt hörte sie es wieder. Es kam genau aus der entgegengesetzten Richtung.
    Sie rührte sich nicht. Entsetzt starrte sie mit dem Auge, das sie noch öffnen konnte, ins Dunkel. Aus dem Scharren wurden Schritte; unwillkürlich preßte sie sich nach hinten gegen die Leiche. Keine Sekunde zweifelte sie daran, daß jene Schritte etwas Schreckliches zu bedeuten hatten. Er näherte sich ohne Licht, rief ihr nicht zu oder sprach mit einem eventuellen Begleiter. Peggy klopfte das Herz bis zum Hals. Jetzt streifte eine Hand ihr Haar, wanderte zum Gesicht und befühlte den Knebel; betastete die starren Arme um ihre Taille und prüfte die Fesseln an Händen und Füßen. Sie hätte geschrien, wenn sie gekonnt hätte, und obwohl die Hand nur wie eine Spinnwebe, leicht und fast elektrisierend, über sie streifte, durchliefen sie Schauer unendlichen Grauens. Doch so plötzlich, wie er gekommen war, verschwand er auch wieder. Die Schritte verklangen langsam.
    Peggy riß mit aller Gewalt an den Fesseln, das Fleisch unter den
    Seilen schien bis zu den Knochen aufzureißen, es schmerzte wahnsinnig. Sie hörte jedoch sofort damit auf, als sie die Schritte wiederkehren hörte. Er blieb irgendwo unterhalb des Kamins stehen. Sie vernahm ein Klicken, die Schritte näherten sich ihr und gingen an ihr vorbei. Wollte er sie abermals verlassen? Gab er ihr eine weitere Galgenfrist? Zeit gewinnen, das war das einzige, was ihr noch helfen konnte. Es klickte noch einmal, die Schritte wurden leiser und waren schließlich nicht mehr zu hören. Aber kaum daß sie von neuem an den Fesseln zerrte, kam er wieder zurück.
    Peggy stellte sich tot. Hoffentlich hörte er nicht das verräterische Pochen ihres Herzens! Durch die fast geschlossenen Lider sah sie einen Lichtschein über sich huschen und hörte ihn seufzen. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er das über die eine Gesichtshälfte hinuntergelaufene und getrocknete Blut gesehen und dachte wirklich, sie wäre tot? Oder ärgerte er sich, daß sie immer noch lebte? Auf jeden Fall rührte sie sich nicht, als er die Fesseln löste, Molly ein Stück wegzog und ihr nur die Hände auf dem Rücken zusammenband. Darauf wandte er sich erneut der Leiche zu, packte sie an den Füßen und schleifte sie davon. Peggy blieb
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