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Liebst du ihn noch immer

Titel: Liebst du ihn noch immer
Autoren: Kathy Clark
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1. KAPITEL
    „Warum bleibst du nicht bis zur Geburt des Babys hier? Du weißt, wie gern Dad und ich dich bei uns haben. Dein altes Zimmer steht immer noch für dich bereit, und das Arbeitszimmer könnten wir in ein Kinderzimmer verwandeln." Ohne einen Blick von ihrer Tochter zu lassen, fuhr die ältere Frau fort, den Hefeteig zu kneten.

    Das Angebot war verführerisch. Geborgen im Heim ihrer Kindheit, um­ geben von der Liebe und Fürsorge ihrer Eltern könnte Kate Cramer damit aufhören, sich um die Zukunft zu sorgen. Des Morgens würde sie in ihrem alten Zimmer aufwachen, würde vertraute Düfte schnuppern und Geräusche hören, die aus der Küche zu ihr drangen, wenn die Mutter das Frühstück bereitete. Die Nachmittage und Abende könnte sie, wie zu sorgloseren Zeiten, im Restaurant aushelfen. Kate blickte auf die Apfelstücke, die sie geschnitten hatte. Der Diamant ihres Hochzeitsringes blitzte in der Sonne auf, die hell durchs Küchenfenster schien. In diesem Augenblick bewegte sich das Kind in ihr. Wieviel hatte sich verändert, seit sie aus ihrem Elternhaus ausgezogen war. Sie hatte sich in einen wundervollen Mann verliebt, ihn geheiratet, und jetzt erwartete sie ihr erstes Kind - und sie war Witwe.
    Doug war tot. Nach dem Anruf aus dem Büro des Sheriffs hatte sie nicht aufhören können, auf einen Irrtum zu hoffen. Wochenlang hatte sie die Totenmesse aufgeschoben und um ein Wunder gebetet. Solange noch die Möglichkeit bestand, daß es ihrem Mann gelungen war, von seinem Flug­ zeug in Sicherheit zu schwimmen, hatte sie sich geweigert, an seinen Tod zu glauben. Aber nachdem alle kleinen Inseln und Ölplattformen abgesucht waren, schwand ihr Optimismus dahin, und sie mußte lernen, mit ihrem Kummer zu leben.
    Seit zwei Monaten war Kate jetzt bei ihren Eltern. Sie tat kaum mehr als schlafen und im Barbecue-Restaurant aushelfen, das ihre Eltern schon besessen hatten, als sie noch nicht geboren war. Um nicht nachdenken zu müssen, füllte sie die wachen Stunden mit Tätigkeiten aus, denn sie war unfähig, irgendeine Entscheidung zu treffen, mochte sie auch noch so unwichtig sein. Die Geborgenheit ihres Elternhauses half ihr, wieder zu Kräften zu kommen, um weitermachen zu können. Und weitermachen mußte sie. Denn sie hatte jetzt nicht nur für sich zu sorgen. Ihr Kind - Dougs Kind - verdiente die beste Fürsorge, derer sie fähig war. Während der vergangenen zwei Tage hatte Kate sich klargemacht, daß sie, solange sie in Austin blieb, das Unvermeidliche nur hinausschob. Sie war sechsunddreißig, zu alt, um am Schürzenzipfel ihrer Mutter zu hängen. Schließlich würde sie selbst bald Mutter werden.
    Kate wischte sich die Hände an einem Küchentuch ab und milderte ihre Antwort mit einem Lächeln. „Danke, Mom. Die zwei Monate bei dir und Dad haben mir gutgetan. Aber jetzt muß ich wieder nach Hause und einige wichtige Entscheidungen treffen. Da ist das Haus, das Geschäft. Ich weiß nicht, ob ich es weiterführen kann, nicht einmal, ob es sich lohnt. Aber Doug hat so hart für unsere Firma gearbeitet, daß ich es ihm schuldig bin, wenigstens den Versuch zu machen. Wenn es mir nicht gelingt, werde ich etwas anderes finden müssen, um mich und mein Baby durchzubringen."
    „Kate, Liebling, um Geld brauchst du dir doch sicher keine Gedanken zu machen. Dougs Versicherung..."
    „Damit kann ich nicht rechnen", unterbrach Kate sie. „Wenn die Behörden Doug nicht offiziell für tot erklären, muß ich auf die Auszahlung der Versicherung sieben Jahre warten." Sie preßte die zitternden Hände gegen die Stirn. In den sechs Wochen vor der Geburt des Babys gab es so vieles zu regeln. Während der vergangenen vierzehn Jahre hatte Doug alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Davor waren es ihre Eltern gewesen, die sich um alles gekümmert hatten. Jetzt hatte Kate das erste Mal in ihrem Leben ganz allein die Verantwortung für ihre Zukunft - und die Zukunft ihres Kindes. Sie strich sich über den gerundeten Leib. Für ihr Baby mußte sie stark sein. All ihre Pläne, all ihre Träume waren im Bruchteil jener Sekunde vernichtet, da Doug mit dem Hubschrauber vor der Küste von Texas im Golf von Mexico versank. Niemals würde Doug sein Kind sehen, niemals sein Baby in den Armen halten, niemals sein Lachen hören.
    „In dieser Zeit solltest du keine wichtige Entscheidung treffen", wieder­ holte ihre Mutter dasselbe, was ein Dutzend wohlmeinender Verwandte und Freunde ihr während der letzten Wochen gesagt hatten.
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