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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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den beiden schloß, drehte sich Jesse zu Peggy um und unterdrückte ein Kichern. »Du hast den beiden mit deinen Fragen ganz schön zugesetzt«, sagte sie und brach in helles Gelächter aus, als sie glaubte, daß man sie nicht mehr hören konnte.
    Peggy lachte gern mit. Es war schön, Jesse so gelöst zu sehen. Seit zwei Monaten war sie entweder fast krankhaft gereizt oder von beängstigender Schwermut befallen gewesen. Wenn also der Gedanke an ein Zusammentreffen mit Gespenstern ihr half, zu sich selbst zurückzufinden, war Peggy gewillt, sich auch auf Spukgeschichten einzulassen.
    Und dann war da ja auch noch das Geld. Wie konnte sie sich gegen einen Aufenthalt in Bally Moran wehren, wenn Glen sich durch das damit gewonnene Geld endlich ganz seinem geliebten Buch widmen konnte. Das Geld und das sorgenfreie Leben waren also nicht nur für Jesse wichtig, sondern vor allem auch für ihren Bruder, und so verdrängte Peggy alle aufgekommenen Zweifel. Nur gut, beruhigte sie sich, daß ich nicht an Gespenster glaube. Doch ein wenig Angst vor den kommenden Wochen nagte weiter in ihr. Sie war ihrer Schwägerin sehr zugetan und wußte, daß Glen großes Glück gehabt hatte, eine solche Frau zu finden.
    Vor vier Jahren, als Glen Jesse geheiratet hatte, war Peggy zunächst von Eifersucht geplagt gewesen. Nicht weil sie ihren Bruder an Jesse abgeben mußte, sondern weil Jesse all das besaß, was an einer Frau wünschenswert war. Und verglichen mit ihr, hatte sich die damals zwanzigjährige Peggy unscheinbar und unbedeutend gefühlt. Obwohl erst sechsundzwanzig, stand Jesse auf der Erfolgsleiter bereits ganz oben, und dazu war sie noch bildschön. Das volle tiefrote Haar umrahmte in weichen Locken das ebenmäßige ovale Gesicht mit dem zarten elfenbeinfarbenen Teint. Peggy war sich mit ihrem eher lustigen Gesicht, der Stupsnase und den überall verteilten Sommersprossen neben ihr wie Aschenputtel vorgekommen.
    »Schau dir dagegen mein stumpfes blondes Haar an«, hatte sie zu Glen gesagt. »Und wer hat schon violette Augen!« Sie hatte sich keine Mühe gegeben, den Neid in der Stimme zu verbergen.
    Doch mit den Jahren war sie selbstbewußter geworden, und sie hatte Jesse liebgewonnen. Zum Teil kam das durch die gemeinsame Liebe zu Glenn, aber auch, weil sie sich in vielen Dingen sehr ähnlich waren. Heute bestand zwischen ihnen eine so herzliche und selbstverständliche Zuneigung, wie sie nur zwischen zwei Menschen entstehen kann, die sich wirklich gut verstehen.
    Allerdings ging das Verständnis nicht so weit, daß Jesse Peggys in den Hintergrund verdrängten Zweifel und Sorgen gespürt hätte.
    »Wenn die Karte stimmt, müssen wir jetzt gleich nach Conig kommen.« Jesse hatte es sich auf dem Beifahrersitz des kleinen Mietwagens gemütlich gemacht. Peggy hatte sie vor kurzem am Steuer abgelöst. Ihre Augen waren auf die Straße gerichtet, aber auch manchmal auf die Burgruinen an den Hängen. Peggy hätte sich zu gern eine angesehen, aber sie unterdrückte den Wunsch. Sie wollte nichts tun, was Jesses gelöste Stimmung stören könnte. Diese Stimmung hatte nun schon die ganze Fahrt über angehalten, und Peggy hoffte, daß Jesse endlich wieder die alte wäre.
    »Irgendwann mal, wenn ich die Zeit dazu habe, möchte ich mir so eine Ruine anschauen«, sagte Peggy.
    Jesse zuckte die Achseln. »Wenn ich die zerfallenen Mauern sehe, kann ich an nichts als an Schlangen denken.«
    Peggy warf ihr einen empörten Blick zu. »In Irland gibt es doch keine Schlangen! Das müßtest du eigentlich wissen.«
    Jesse zuckte erneut gleichgültig mit den Schultern. »Ich habe Kunstgeschichte studiert, und über historische Kostüme weiß ich wahrscheinlich mehr als du und Glen. Du solltest dich langsam auch für etwas Nützlicheres interessieren als für zerfallene Burgen. Wie ist das zum Beispiel mit den Männern? Wie lange ist es her, daß du überhaupt einen angeschaut hast?«
    Peggy seufzte. Da waren sie mal wieder bei Jesses Lieblingsthema; sie glaubte, Peggy unbedingt unter die Haube bringen zu müssen.
    Peggy kräuselte die Lippen und runzelte die Stirn. »Zwei Tage«, erwiderte sie und wartete auf Jesses Reaktion.
    Jesse sperrte auch prompt vor Überraschung den Mund auf. »Was? Wer soll denn das gewesen sein?«
    »Dan McGuire, der nette Kerl, den du im Flugzeug so schlecht behandelt hast.«
    »Dan? Na ja, nett ist er schon, und er sieht gut aus. Ich habe ihn seit Jahren zum erstenmal wiedergesehen. Und den habe ich schlecht
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