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Sternenfaust - 172 - Das Ende einer Ära (1 of 3)

Sternenfaust - 172 - Das Ende einer Ära (1 of 3)

Titel: Sternenfaust - 172 - Das Ende einer Ära (1 of 3)
Autoren: Thomas Höhl
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    Erde, 4. Februar 1173, im östlichen Teil des Chentii-Gebirges
    im Norden der Mongolei
    1100 Jahre zuvor
     
    Temudschin spürte seinen Körper nicht mehr.
    Er musste vorsichtig sein. Wenn seine Beine erst einmal so steif gefroren waren, dass er sie gar nicht mehr bewegen konnte, war er ein hilfloses Opfer für jeden Feind, der ihn anzugreifen versuchte.
    Der eisige Wind blies Temudschin grausam ins Gesicht und schnitt sich wie Tonscherben in sein Fleisch. Dennoch war es gut so. Solange er im Wind stand, konnten ihn die Hunde nicht wittern.
    Vor einem Monat hatte er das Lager zweier Hirten um eine Ziege erleichtert. Für seine Familie war dies Rettung in letzter Not gewesen, denn sie alle hatten das Fleisch dringend gebraucht. Seit Tagen hatten sich seine Mutter und seine Brüder nur von ein wenig Fischfett und alten Zwiebeln ernährt. Und nun war auch noch die Milch seiner Mutter versiegt, und der Säugling bekam nichts mehr.
    Die hagere Ziege war inzwischen aufgebraucht, doch das Fleisch und Blut hatten eine Zeit lang gereicht, das nagende Hungergefühl zu vertreiben.
    Jetzt war der Hunger zurückgekehrt.
    Temudschin scheuerte sich die Knie auf dem hart gefrorenen Eis wund, während er an einem dornigen Busch Deckung suchte, um das Lager mit den zwei Hirten weiter beobachten zu können.
    Wenn diese beiden Hirten in der Lage waren, sich hier in der Steppe ohne die Hilfe eines Klans durchzuschlagen, dann waren es raue Burschen, die man nicht unterschätzen durfte.
    Temudschin verschwendete keinen Gedanken daran, ob das, was er tat, Unrecht war. Gerechtigkeit, was war das schon? War der Tod seines Vaters vielleicht gerecht gewesen? War es gerecht gewesen, als der Klan der Wölfe ihn, seine Brüder und seine Mutter vertrieben hatten? Und war er gerecht gewesen, als er seinen Bruder erschlug, weil dieser von seiner eigenen Familie Essen gestohlen hatte?
    Nein, so etwas wie Gerechtigkeit gab es nicht. Es gab nur das Recht des Stärkeren.
    Daher schliefen die Hirten vor ihren Zelten aus Filz und Flechtwerk. Sie wussten, dass sie selbst hier, in der bitteren und kahlen Ödnis, Gefahr liefen, Opfer eines Überfalls zu werden.
    Direkt neben ihnen standen die dürren Pferde, die im Stehen schliefen, den Kopf fast auf dem Boden liegend. Selbst in der Dunkelheit konnte man sehen, wie abgemagert sie waren.
    Nichtsdestotrotz, es waren Pferde!
    Er würde endlich wieder reiten können, jagen können.
    Ein größeres Problem würden jedoch die Hunde werden. Einen der beiden Hirten konnte er erledigen, aber bis er den Bogen erneut gespannt hatte und auf den zweiten ansetzte, würden ihn wahrscheinlich die vor Kälte und Hunger fast tollwütigen Hunde anfallen. Und dann war er verloren.
    Langsam schlich sich Temudschin voran. Bei jedem Geräusch, das durch trockenes Geäst oder Laub erzeugt wurde, zuckte er zusammen.
    Er konnte seine Finger nicht mehr spüren und befürchtete, der Pfeil würde ihm zu früh aus den Händen gleiten, wenn er jetzt bereits den Bogen spannte.
    Plötzlich wieherte ein Pferd, und einer der Hirten hechtete sofort hoch, mit einer Lanze in der Hand. Die Hunde bellten.
    Temudschin war jemand, der schnell reagieren konnte. Er handelte, bevor er nachdachte. Das war seine Stärke.
    Augenblicklich zielte er und ließ den Pfeil los. Ohne zu verfolgen, ob der Pfeil getroffen hatte, spannte er bereits den nächsten.
    Der Pfeil sauste sirrend durch die Luft und bohrte sich in den Brustkorb des Hirten, der keuchend aufschrie.
    Die Hunde jaulten und kläfften, und nun erhob sich auch der zweite Hirte.
    Mit zitternden Fingern versuchte Temudschin zu zielen, doch da hörte er schon die Hunde, die auf ihn zustürzten. Es war, wie er befürchtet hatte. Er würde vielleicht den einen oder anderen abschießen können, aber ganz sicher nicht alle zusammen.
    Die Hunde hielten vor ihm mit fletschenden Zähnen, und noch immer überlegte Temudschin, an wen er den nächsten Pfeil verschießen sollte.
    »Ich habe auf dich gewartet, Temudschin!«, rief der zweite Hirte. »Wehre dich nicht, es hat keinen Sinn!«
    Temudschins Hände begannen zu zittern, dann ließ er die Sehne des Bogens los.
    Der Pfeil zischte durch die Luft und bohrte sich in den Körper eines Hundes.
    Woher kannte dieser Hirte seinen Namen? Doch anstatt darüber zu rätseln, spannte Temudschin so schnell es ging den Bogen, als ein Tier ihn ansprang.
    Sofort spürte er die scharfen Zähne an seiner Kehle.
    Wie wild prügelte Temudschin auf das Fell an seinem
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