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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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behandelt?«
    »Und wie.«
    »Ich kenne ihn von der Schule her, wir sind sogar ein paarmal zusammen ausgegangen. Aber er studierte gerade Medizin und hatte nicht viel Zeit für Mädchen und so. Wenn ich ihn wiedersehe, werde ich mich für mein Benehmen entschuldigen.«
    »Dazu hast du bald Gelegenheit. Er kommt uns im Schloß besuchen.«
    »Dan?«
    »Ja. Er macht eine Rundreise durch Irland, und nach einigen deutlichen Anspielungen von seiner Seite habe ich ihn eingeladen.«
    »Sieh mal, da vorn liegt Conig.«
    Der Ort war wirklich nicht mehr als ein Dorf: zwei Reihen Häuser und ein paar Läden säumten die einzige Straße, und verstreut dahinter lagen einige Bauernhöfe. Das Auto mit den zwei jungen Frauen erregte beträchtliches Aufsehen. Ein Mann zeigte ihnen das Haus von Professor Martin Mulcahy; Mr. Pierce hatte ihnen gesagt, daß sie sich an ihn wenden sollten.
    Das Haus lag am Ende des Ortes, und der Mann, der auf Peggys Klopfen öffnete, war klein und drahtig, hatte schütteres graues Haar und helle blaue Augen. Das Hervorstechendste an ihm waren die buschigen schwarzen Brauen; sie schienen auf jede Gefühlsregung ihres Eigentümers zu reagieren und verrieten ihn, noch bevor er überhaupt den Mund zu einer Meinungsäußerung öffnete. Sie hoben sich fragend bei Peggys Anblick, senkten sich aber sofort wieder, als hätten sie bereits die Antwort gefunden.
    »Sie sind eine von den jungen Damen, die mir Mr. Pierce angekündigt hat.«
    »Ja. Ich bin Peggy Witlow, und Mrs. Jesse Witlow, meine Schwägerin, wartet im Wagen.«
    Er spähte über ihre Schulter hinweg zum Wagen. »Aber bitte, holen Sie Ihre Schwägerin doch, und kommen Sie einen Augenblick herein.«
    »Nein, danke. Wir möchten Sie nicht länger stören, und wir möchten so schnell wie möglich das Schloß erreichen. Wenn Sie uns gerade den Weg erklären würden ... «
    »Den Weg erklären?« wiederholte er fast außer sich. »Aber ich bringe Sie selbstverständlich persönlich hin.«
    »Ist es noch weit?«
    »O nein. Bally Moran gehört ja noch zu Conig. Es ist nur noch ein kurzes Stück.«
    Er zwängte sich hinter sie auf den Rücksitz des Austin. Jesse setzte sich das letzte Stück ans Steuer. Er unterhielt sich mit ihnen aufs liebenswürdigste und machte ihnen unzählige Komplimente, aber er vermied es, ihnen etwas über den Spuk und den Familienfluch, der über Bally Moran schweben sollte, zu erzählen. Schließlich, als sie ihm nur noch mißtrauische Blicke zuwarfen, wurde er still und sagte nach einer kleinen Pause in gänzlich verändertem Ton: »Wenn Sie meine ehrliche Meinung wissen wollen, ich sehe es gar nicht gern, daß zwei junge Damen wie Sie an einem solchen Ort wohnen wollen.«
    »Warum nicht?« fragte Peggy und hielt angstvoll den Atem an. Ihr wäre lieber gewesen, wenn er weiter nichtssagend geplaudert hätte.
    Doch er hatte offenbar einen anderen Entschluß gefaßt. »Dort hinter der nächsten Kurve ist das Haus von Molly Mullins. Sie hat es sicherlich nicht gern, wenn ich Sie gleich damit überfalle, aber ich glaube, daß über dem Schloß ein Fluch liegt«, begann er. »Haben Sie schon davon gehört?«
    »Ja«, antworteten sie fast einstimmig.
    »Ich bin Historiker, müssen Sie wissen. Und auch wenn ich mich zur Ruhe gesetzt habe, kann ich doch nicht untätig herumsitzen. Bally Moran ist das einzige Stück Geschichte in der ganzen Umgebung, und deshalb habe ich mich etwas für seine Vergangenheit interessiert. Nun, ohne Zweifel sind dort merkwürdige Dinge vorgekommen. Ich möchte das Wort ›merkwürdig‹ betonen, denn gefährlich waren sie höchstens für die Familie, der das Schloß gehörte.«
    Peggy, die sich die ganze Fahrt von Shannon her in Zufriedenheit gewiegt hatte, richtete sich mit einem Ruck auf und spitzte wie eine Katze die Ohren. »Sie meinen, daß es im Schloß spukt?«
    »Spuken? Ehrlich, wer glaubt heute noch an Gespenster? Aber es passieren dort seltsame Dinge, und das schon seit bald zweihundert Jahren. Sie sollten also vorsichtig sein. Vor allem Sie, Mrs. Witlow. Ich habe mir auch vorgenommen, jeden Tag nach Ihnen zu sehen. Bitte, verstehen Sie mich richtig, ich will Ihnen nicht als Gast zur Last fallen oder Ihnen nachspionieren. Ich habe das nur zu Ihrem Besten vor und zu meiner Beruhigung.«
    Alter Wichtigtuer! dachte Peggy und war doch dankbar für sein Interesse. Er nahm ihr wenigstens ein bißchen von der Verantwortung für Jesse ab, wenn er sich schon nicht abschütteln ließ.
    »Warum erzählen Sie
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