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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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uns nicht lieber, um was für seltsame Dinge es sich handelt?« meldete sich Jesse.
    »Das werde ich bestimmt tun, aber noch nicht heute. Bitte, halten Sie hier vor dem Haus. Verstehen Sie mich, ich möchte Sie auf keinen Fall in irgendwelcher Weise beeinflussen, und das kann nur zu leicht geschehen.«
    Jesse lachte belustigt auf. »Ach wo, das würde Ihnen nicht so schnell gelingen!«
    Als sie vor dem Haus von Molly Mullins hielten, fiel es ihnen schwer, die rundliche Frau mit der gebührenden Aufmerksamkeit zu begrüßen, denn unmittelbar vor ihnen war plötzlich Bally Moran aufgetaucht. Die Straße, eigentlich nicht viel mehr als ein Feldweg, führte direkt darauf zu und endete vor dem großen Tor in der Mitte einer langgezogenen hohen Mauer. An beiden Enden der Mauer ragten mächtige Türme auf. Der wild an ihnen emporwuchernde Efeu verbarg indessen nicht, daß ihnen die Dächer fehlten und daß auch das Mauerwerk dem Verfall preisgegeben war. An manchen Stellen der Mauer waren noch die Überreste von Zinnen zu erkennen, die früher die ganze Länge der Mauer geziert haben mußten.
    »Ich dachte, das Schloß wäre immer wieder restauriert worden«, sagte Jesse verwundert. »Mr. Pierce erklärte, man könnte bequem darin wohnen.«
    »Oh, Sie werden alle erforderlichen Bequemlichkeiten vorfinden«, versicherte der Professor.
    »Ganz bestimmt«, bestätigte Mrs. Mullins und war froh, endlich etwas sagen zu können. »Es gibt keine Wohnung im Dorf, die so gut eingerichtet ist.«
    Sie hatte rosige mollige Wangen und strahlte über das ganze Gesicht. Offenbar rechnete sie damit, sie zu begleiten. Schließlich hatte sie sich viel Mühe gegeben, alles zu reinigen und wieder wohnlich herzurichten. Ihr Wunsch war verständlich. Nachdem sie neben den Professor auf den Rücksitz gekrabbelt war und ihn mit ihren beachtlichen Rundungen fast erdrückte, fuhr Jesse weiter.
    Ein breiter, zum Teil zugeschütteter Graben umgab das Schloß, das auf einer kleinen Anhöhe erbaut worden war. An einer Stelle sah man darin sogar noch Wasser schimmern. Peggy ließ sich keine Einzelheit entgehen. Ihr Widerwillen wegen der Spukgeschichten war verschwunden; selbst Jesse existierte im Augenblick nicht. Sie spürte nur mit wachsender Erregung den Hauch der Vergangenheit, der nicht nur über dem Schloß, sondern auch über der ganzen einsamen Landschaft lag. In Gedanken sah sie das Schloß so trutzig, wie es einmal dagestanden haben mußte. Männer wachten auf dem Wehrgang, und ihr schien es, als müßte jeden Moment zu ihrem Empfang eine Zugbrücke heruntergelassen werden.
    So träumte Peggy, als Jesse vor dem Tor hielt. Sie kletterte rasch aus dem Wagen. Doch es gab weder eine Zugbrücke noch schwere Torflügel oder gar ein Fallgitter.
    Jesse war hinter sie getreten und stellte unwillig fest: »Soll das heißen, es gibt hier nicht mal ein anständiges Tor?«
    »Aber es fehlt doch nur das Außentor, Jesse.« Peggy lachte.
    Sie durchquerten den Torgang, bestaunten die ungeheuer dicken Mauern und betraten den Schloßhof. Der Anblick steigerte Jesses Unwillen. »Jetzt sieh dir das an, Peg! Das ist ja alles völlig verwahrlost.«
    Unkraut wucherte, wohin sie schauten. Ihnen gegenüber, auf der anderen Seite des Hofes und Gartens, ragte das Schloß auf. Mächtige Steinmauern machten es unheimlich, fast drohend; die hohen, weit auseinander liegenden Fenster sahen eher wie schmale Schlitze aus. Das Hauptgebäude war vier Stockwerke hoch. Rechts und links standen kleinere, mehr oder weniger zerfallene Gebäude.
    Der Professor hatte Jesses skeptische Blicke beobachtet und beteuerte von neuem, daß sie im Hauptgebäude jeden Komfort vorfinden würden. »Natürlich keine Zentralheizung, das muß ich allerdings hinzufügen. In Irland braucht man so etwas nicht.« Er tänzelte auf dürren O-Beinen vor ihnen her und konnte es offensichtlich nicht erwarten, sie ins Innere des Schlosses zu führen. Mrs. Mullins wich nicht von seiner Seite.
    »Ich habe den Eindruck, daß man sehr wohl in Irland eine Heizung braucht«, murmelte Jesse und hüllte sich noch fester in das Reiseplaid, das sie trotz des warmen Kostüms noch um die Schultern geschlungen hatte.
    Peggy hatte sich von des Professors Eifer anstecken lassen. »Komm, Jesse«, drängte sie, »beeil dich ein bißchen! Ich bin schrecklich aufgeregt und möchte das Schloß endlich von innen sehen.«
    »Soweit ich erkennen kann, müssen wir durch die Mauerritzen schlüpfen, ich sehe keinen Eingang.« Jesse gab
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