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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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gequältes Gesicht sah.
    »Fühlst du dich nicht wohl, Jesse?«
    »Ja, spürst du denn nichts?«
    »Was soll ich spüren?«
    »Das alte Schloß, die ganze Atmosphäre um uns herum — spürst du wirklich nichts?«
    »Natürlich hat das hier seine ganz besondere Atmosphäre. Aber du bist müde, das hat nichts mit dem Schloß zu tun.« Peggy blickte sich nach dem Professor um. »Ach, Professor, würden Sie mir bitte die große graue Reisetasche aus dem Wagen holen? Ich möchte für Jesse schnell etwas Kaffee machen. Wir gehen erst noch einmal in die Küche zurück.«
    Die Küche war hell und hatte alle erforderlichen elektrischen Einrichtungen; ein weißer Kühlschrank proklamierte stolz, daß man sich im zwanzigsten Jahrhundert befand. Obwohl die Küche ebenfalls groß war, wirkte sie mit dem rostbraunen Linoleumboden und den zartgrün gestrichenen Wänden irgendwie gemütlich. Nur der mächtige Steinherd erinnerte daran, daß man in einer Schloßküche stand. Jesse sank erschöpft auf einen Stuhl an dem riesigen Tisch in der Mitte des Raumes. Der Professor ließ sich neben ihr nieder. Er schien Jesse die ganze Zeit zu beobachten: die buschigen Brauen verrieten äußerste Konzentration.
    Mrs. Mullins stellte Wasser auf, und Peggy gab Kaffeepulver in den Kaffeefilter, den sie mitgebracht hatte. Zweimal schüttete sie Pulver daneben, weil sie immer wieder zu Jesse hinüberschaute. Es war genau das eingetreten, was sie befürchtet hatte. Dabei war Jesse gestern und den ganzen Tag bis jetzt so munter gewesen. Abgesehen von der Küche machte alles, was sie bisher vom Schloß gesehen hatten, tatsächlich einen recht düsteren Eindruck. Zumal für Jesse, die nicht Peggys Begeisterung für die Vergangenheit besaß.
    Mrs. Mullins schwätzte munter drauf los, obwohl ihr keiner antwortete. »Man sagt, in dem Schloß würde es spuken«, erzählte sie, während sie Teller und Tassen auf den Tisch stellte. »Und Ihr Onkel ist Hals über Kopf abgereist, nachdem er vor zwanzig Jahren eigentlich für immer hierherziehen wollte.«
    »Können Sie nicht mit dem verdammten Geschwätz aufhören?«
    »Ich erzähl doch bloß... «
    »Sie erzählen viel zuviel. Wie gewöhnlich!« schnitt ihr der Professor das Wort ab.
    Nach der ersten Tasse Kaffee wich etwas von der Anspannung aus Jesses Gesicht, und sie wandte sich fast lebhaft zu Mrs. Mullins. »Sie müssen mir viel von meinem Großonkel erzählen. Warum ist er so hastig abgereist? Und was verstehen Sie unter Spuken?«
    Sie lächelte der gekränkten Frau aufmunternd zu, und Mrs. Mullins blitzte den Professor triumphierend an. »Es heißt, da würde irgendwas seit zweihundert Jahren durchs Schloß wandern, und es soll die Menschen, die hier wohnen, merkwürdige Dinge tun lassen. Ein Fluch soll über allen Mitgliedern der Familie liegen. Seitdem es im Schloß spukt, hat keiner der Familie hier leben können.«
    »Soll das heißen, in dem Schloß hat in den letzten zweihundert Jahren nie jemand gewohnt?«
    »Ein paar Menschen schon. Aber sie gehörten nie zur Familie. Natürlich hat man es immer wieder versucht. Deshalb sieht es ja auch so wohnlich hier aus. Ihr Onkel Patrick allerdings, Gott hab ihn selig, hielt es nur zwei Tage hier aus. Und er hatte so viel Geld in das Schloß gesteckt.«
    Jesse schwieg einen Augenblick, ihre Blicke hingen nachdenklich an Mrs. Mullins. »Und sie sind alle einfach nur abgereist?« fragte sie schließlich. »Keiner ist gestorben oder vielleicht verschwunden?«
    »Nein. Sie sind einfach abgereist.«
    »Und was soll das Gespenst, oder was es war, gemacht haben?«
    »Nun ja, es soll seinen Kopf unterm Arm getragen haben, und mitten in der Nacht hat man angeblich ein schreckliches Heulen gehört.«
    Der Professor rutschte, während sie sprach, unruhig auf dem Stuhl herum und brummte ab und zu unwillig, aber jetzt konnte er nicht mehr an sich halten. »Sie wiederholen doch nur dummes Gerede. Wollen Sie denn unbedingt den jungen Damen Angst einjagen?« Er wandte sich zu Peggy und Jesse um und sagte etwas ruhiger: »Kaum hören die Leute von irgendeinem Spuk, dichten sie alles mögliche dazu. In Wirklichkeit weiß man nur wenig über das, was auf Bally Moran geschehen sein soll. Keiner der Familie verriet je den wahren Grund für seinen hastigen Auszug. Und die anderen, die hier gelebt haben, konnten nicht viel erzählen. Sie hatten oft einfach nur Angst, und alle begannen in diesem Haus schlafzuwandeln. Aber jetzt muß die junge Frau hier ins Bett. Sie war wohl
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