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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran
Autoren: Helen Nuelle
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Stell dir vor, Jesse, das sind deine Vorfahren!«
    »Ich kann mir nur noch vorstellen, wie müde ich bin, Peg.« Jesse zwang sich, ruhig zu sprechen. »Ich sollte mich doch hinlegen.« Sie fror jämmerlich, ihr war elend vor Angst, und der feste Entschluß, allem zu trotzen, was ihr Furcht einjagen wollte, wurde immer schwächer. Sie glaubte jeden Moment durchzudrehen. Doch Peggy hatte keine Eile. Sie fummelte geduldig an der Kette herum, mit der die Bibel am Pult befestigt war, und fand auch endlich den Verschluß.
    Jesse war schon durch die Halle vorausgegangen. Sie konnte nicht mehr warten. Auf den ersten Stufen der Wendeltreppe hatte Peggy sie jedoch eingeholt. Die Treppe wand sich in einer zur Halle zu fast geschlossenen, schachtähnlichen Maueraushöhlung nach oben. Sie war dunkel und schier endlos, und Jesse atmete auf, als sie endlich die Galerie erreichten.
    »Der Professor hat uns nicht verraten, wo wir unsere Schlafzimmer suchen müssen«, sagte Peggy.
    Aber die Suche wurde ihnen leichtgemacht. Über die ganze Länge der Galerie erstreckte sich eine durch nichts unterbrochene Wand. Nur ganz am Ende, wo die breite Mauer begann, die die beiden Galerien voneinander trennte, befand sich eine reich geschnitzte Holztür. Peggy lief mit einem freudigen Ausruf darauf zu. Vor der eisigen Kälte und der drohenden Atmosphäre schien sie noch immer nichts zu spüren. Sie erreichte die Tür und öffnete sie ohne Zaudern, während Jesse zögernd abwartete, was sich dahinter verbergen mochte.
    »Schau nur, Jesse! Dein Onkel liebte die Gemütlichkeit.«
    Als Jesse in das Zimmer trat, entspannten sich ihre vor Kälte verkrampften Muskeln. Sie blickte sich nach einem Ofen oder einem Feuer um, denn in dem Zimmer war es warm. Doch den mächtigen Kamin erhellten keine wärmenden Flammen, und auch der elektrische Heizofen neben dem Bett war ausgeschaltet.
    Der Raum war sehr gemütlich eingerichtet. Während man in den anderen Räumen des Schlosses das elektrische Licht als indirekte Beleuchtung angebracht hatte, gab es hier Nachttischlampen, und neben dem einladenden Sessel vor dem Kamin stand eine hübsche Leselampe. Das Zimmer war groß und hatte schwere antike Möbel. Eine fröhliche helle Rosentapete beherrschte den Raum und gab ihm im Gegensatz zu den übrigen grauwandigen Räumen des Schlosses eine heitere Note. Da und dort unterbrachen Landschaftsbilder wohltuend das Gewirr der Rosenranken. Das Zimmer hatte bis auf eine Steinplatte vor dem Kamin Parkettboden, und überall lagen rosafarbene Läufer. Links gab es zwei Türen, die eine gehörte zum Badezimmer, und die andere ging auf einen kleinen Flur, der zu zwei anderen Zimmern führte.
    »Hier gibt es auch ein Bad«, rief Peggy und trat in das erste Zimmer. Jesse folgte nur widerwillig.
    Das Zimmer hatte wohl ein Bad, aber es hatte keine so fröhliche Tapete. Hier hingen nur verblichene Wandteppiche über den kahlen Wänden, die Einrichtung war aus reichlich abgenutzten Möbeln zusammengestellt und sehr spärlich: ein Bett, ein Stuhl, ein Schrank, und keines paßte zum anderen.
    »Da es nichts Besseres gibt, werde ich hier schlafen«, verkündete Peggy.
    Jesse hatte sich schon umgedreht, um in das warme, gemütliche Rosenzimmer zurückzugehen, blieb jedoch bei Peggys Worten abrupt stehen. Sie hatte gehofft, sie würden zusammen schlafen.
    »Warum schläfst du nicht bei mir? Das Zimmer ist viel schöner und das Bett breit genug.«
    »Du weißt, daß ich lieber allein schlafe«, erwiderte Peggy und öffnete eine Tür an der gegenüberliegenden Wand. Ihre Neugier war unstillbar, und sie achtete nicht darauf, mit welcher Unlust Jesse ihr folgte. »Oh, das ist ja noch schlimmer als das andere. Es ist praktisch leer. Und hier geht es zu der Galerie, die über dem Eingang endet.«
    Sie hatte eine weitere Tür geöffnet und blieb mit dem Rücken zu dem leeren Zimmer in der Tür stehen. Deshalb sah sie nicht, daß Jesse ihr in den dritten Raum gefolgt war, und sah auch nicht, daß Jesses Gesicht plötzlich totenbleich wurde und daß sie die Arme über der Brust übereinanderschlug, als ob sie fröre. Jesse wollte Peggy etwas zurufen, aber die lähmende Kälte, die ihr durch Mark und Bein ging, ließ ihre Kiefer unkontrollierbar gegeneinander schlagen, und die Zunge lag wie ein schwerer Klumpen im Mund. Ihre Knie gaben auf einmal nach, und sie fiel hintenüber auf den harten Steinboden. Ein langgezogenes Stöhnen entrang sich ihrem Mund; ein ohnmächtiger Schrei um Hilfe gegen
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