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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
Autoren: Torsten Fink
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sie durchbohrt hatte. Es war glitschig, kalt, aber es wurde warm, wärmer, heiß – es brannte! Wäre sie wirklich bei Bewusstsein gewesen, hätte sie noch einmal
laut geschrien. Aber so lag sie regungslos auf der Pritsche und stand gleichzeitig hinter Dwailis und schaute zu, wie er das graue, seltsame Etwas auf ihre Haut drückte. Sie wurde wieder schwer, sehr schwer. Dann fiel sie. Aus den Wolken, mit dem Regen, durch die Lüfte. Schnell. Hinab in ein endloses graues Wasser, das Meer, durchbrach die Oberfläche und fiel weiter. Kalt war es. Sie blickte zurück. Oben durchbrach Licht die Wellen. Aber sie sank schnell tiefer, in die Finsternis. Sie war nicht allein. Dort war etwas, erwartete sie. Ein langer, gewundener Leib, den sie mehr spürte als sah, ein uraltes Wesen. Sie war es, die Erwachte. Und dann fühlte Maru, wie ihr eigener Körper sich wandelte. Er wurde immer schwerer. Ihre Haut versteinerte, dann ihr Fleisch, und sie sank weiter in eine unvorstellbare Tiefe. Ihr Atem ging flach, ihr Herz schlug immer langsamer. Ruhig war es dort, das Tosen der Wellen lag weit hinter ihr. Hier konnte sie liegen, ruhen, unvorstellbar lange schlafen, zwischen den Awathanen, ihren Brüdern und Schwestern, das Gewicht der Jahrtausende vergessen. Jemand unterbrach die Stille, sagte etwas, ein Flüstern nur. Sie drehte sich langsam um, aber da war niemand, nur schwarze, kalte See.
    »Sie brauchen dich nicht«, sagte die Stimme jetzt.
    Maru schüttelte stumm den Kopf. Sie konnte nicht reden, wollte auch nicht. Diese Ruhe war so kostbar.
    »Einsamkeit und Tod, etwas anderes wirst du dort nicht finden, Kind, wach auf!«, sagte die Stimme. Das war Dwailis. Sie konnte ihn sehen, auch wenn er gar nicht dort war. Sein Gesicht war vor Anstrengung verzerrt. Er keuchte.
    Das Atmen fiel ihr plötzlich selbst schwer. Sie fühlte mit einem Mal den ungeheuren Druck der Wassermassen, die sie dort unten begraben wollten. »Nein!«, schrie etwas in ihr. Sie strampelte, befreite sich von der Last, die sie dort unten hielt, und schoss wie ein Stück Holz zurück an die Oberfläche. Da war das Licht, die Wellen. Sie schreckte hoch, hustete Blut und Wasser.

    »Versprochen«, sagte Utukku.
    Marus Körper brannte wie Feuer. Der Speer war fort, aber der Schmerz war überall. Sie stöhnte laut auf. Etwas geschah mit ihr.
    »Heilung«, sagte der Daimon.
    »Dann verschwinde, Alfskrol, du hast, was du wolltest!«, rief Dwailis mit zittriger Stimme. Er sah erschöpft aus. Er war dort gewesen. War er in ihren Geist eingedrungen? Hatte er sie aus den lichtlosen Tiefen zurückgerufen? Maru wollte sich aufrichten, aber sie war viel zu geschwächt und fiel zurück auf ihr Lager.
    »Du weißt, wer ich bin, alter Mann«, stellte die silbrige Stimme fest.
    »Ich weiß es, Daimon, ich weiß es. Ich habe es gesehen. Du bist der siebenfach Verfluchte, der Mörder der Männer, Frauen und Kinder, die Geißel der Akkesch. Gebannt wurdest du, machtlos bist du und sollst es bleiben.«
    »Maghai-Blut«, sagte der Daimon und lachte schnarrend.
    »Einmal hast du es bekommen, und von heute an nie wieder, Alfskrol!«, schrie Dwailis.
    Maru sah eine Bewegung am Rand des Feuerscheins. Eine Baumnatter schlängelte sich heran.
    Dwailis sah sie auch. »Natterngezücht und Schlangenbrut. Ich werde dich zurückschicken in die Verdammnis, Feind!«, schrie er.
    Der Daimon schwieg. Maru hörte ein Zischen. Da war noch eine Baumnatter. Und noch eine. Die Dunkelheit gebar weitere Schlangen und immer weitere. Maru spürte, wie eine über sie hinwegkroch. Sie schrie auf und schüttelte sie mit letzter Kraft ab.
    »Du nicht, Maru Nehis«, flüsterte die silbrige Stimme.
    Dwailis zog seine Fackel aus der Erde. Nachtfalter und Motten taumelten davon. Der Alte stieß die Schlangen zurück, doch sie schienen sich vor dem Feuer nicht zu fürchten. Er traf eine, sie zischte, starb. Die anderen drangen weiter auf ihn ein. Der
Alte zog sich mit der Fackel zur Tür seiner Behausung zurück. Er stammelte Wortfetzen, so als wolle er sich an einen alten Zauber erinnern. Aber seine Bewegungen waren fahrig, sein Blick voller Angst. Maru versuchte erneut, sich aufzurichten. Auf einmal spürte sie eine schwere Last auf ihrer Brust. Eine riesige Baumnatter wand sich über ihren Körper, und der Daimon stand über ihr und hielt sie niedergedrückt. Wie war das möglich? Dwailis schlug wild um sich. Es zischte jedes Mal, wenn er einen Schlangenkörper traf. Aber es waren hunderte. Der ganze Hügel schien
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