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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Neuankömmling stand. »Frag sie! Sie ist heute morgen hier gewesen.« Dann griff sie nach Magritas Zügel.
    Kerris ließ nicht los. »Einen Augenblick!«
    Shay kam zu ihm herüber. Sie war kurzgewachsen und dunkel und hatte wuchtige breite Schultern wie ein Hufschmied. Das Haar trug sie in vielen kleinen Zöpfen geflochten wie Elli. »Na, brauchste Hilfe?«
    »Ist heute früh ein chearas hier vorbeigeritten?«
    Shay gähnte. »Sicher doch! Sie wollen im Östlichen Hof tanzen. Ich hab's gehört, wie sie davon geredet haben. Kennst du sie?«
    Kerris nickte. Das andere Mädchen sagte: »Also läßte jetzt deine Stute da oder nicht?«
    »Ich weiß nicht, ob das geht«, sagte Kerris. »Ich habe kein Geld.«
    Sie zuckte die Achseln. »Wirste welches kriegen?«
    »Ja.«
    »Dann stellen wir das Tier für dich unter. Wenn du nach den ersten drei Tagen nicht zahlst, verkaufen wir das Zaumzeug.« Sie schnürte Kerris' Bettrolle vom Hinterzwiesel, ließ sie in den Staub fallen und riß ihm die Zügel aus der Hand. »So, komm, meine schöne Dame!«
    Shay griente. Ihre Zähne waren gelb. »Sie wird das Zaumzeug nicht vor fünf Tagen verkaufen!«
    Kerris sagte: »Ich bin bestimmt früher zurück.« Er hob die Schlafrolle auf. »Wo ist der Waffenhof?«
    »Der Westliche Hof ist da drüben, ungefähr vier Straßen weit. Der Östliche Hof liegt hinter der Brücke. So an die acht Blocks nach der Brücke. Wenn du nach Osten gehst, kommst du an einen großen Steinbau, das ist das Arsenal. Der Hof liegt gleich daneben.«
    »Ich danke dir«, sagte Kerris.
    »Kommste aus dem Norden?« Sie redete ein wenig langsamer als das andere Mädchen, wenn auch kaum merklich.
    »Ja.«
    »Tezera?« riet sie.
    »Tornor Keep.«
    Shay verzog das Gesicht. »Das ist ein weiter Weg, hab' ich gehört.«
    »Das ist es.«
    »Biste hungrig?«
    Kerris lächelte. »Sieht man mir das an?«
    Sie lachte. »Leute, die von weit in die Stadt kommen, sind meistens hungrig.« Sie wies nach Süden. »Du gehst in die Richtung, einen Block weit, dann kommste an die Halle. Die wird von der Stadt unterhalten. Das Essen ist einfach, aber es gibt reichlich, und sie geben's den Durchreisenden umsonst.«
    Die Halle erinnerte Kerris an das Speisehaus in jenem namenlosen Dorf im Galbareth. Da standen lange Holztische, und es gab ein Fenster, durch das das Essen ausgegeben wurde. Eine fette Frau in der Durchreiche händigte ihm eine Schüssel und einen Löffel aus und fragte erst gar nicht nach Geld. Es war eine Suppe mit Nudeln und Fleisch und Fisch, und es roch so verlockend, daß ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Es war fast leer im Gebäude, und so nahm er an, daß er sehr spät oder sehr früh gekommen sein müsse. Über dem Geklapper der Töpfe konnte er das Küchenvolk schnattern hören. Sie redeten sehr schnell. Er dachte an Paula. So hat sie sich auch einmal angehört, dachte er. Er überlegte sich, wie lange es gedauert haben mochte, bis sie sich daran gewöhnt hatte, im langsameren Rhythmus der Nordländer zu sprechen.
    Er hatte vergessen, Shay zu fragen, wann der chearas zu tanzen beabsichtigte. Er trug die Schüssel an das Durchreichefenster zurück und legte sie in den großen Korb. Die fette Frau schenkte ihm keinen Blick, sondern redete weiter drauflos. Er trat auf die Straße. Die Menschen strömten in beiden Richtungen an ihm vorbei. Er suchte die Brücke, und plötzlich sah er sie, wie sie sich im Bogen über den Fluß schwang. Das Wasser konnte er nicht sehen. Der Menschentrubel verwirrte ihn. Er klemmte sich die Bettrolle fester unter den Arm und begann nach Süden zu gehen. Eine Frau, auf deren Schultern eine Katze lag, wanderte an ihm vorbei. Ein Mann schwankte hinter einer Schubkarre her, die mit gelben Früchten hoch beladen war. Eine der gelben Kugeln hüpfte herunter und rollte Kerris vor die Füße. Er hob sie auf und wollte sie zurückwerfen. Doch der Mann am Schubkarren schüttelte den Kopf. »Behalt sie!«
    Er blickte in das Fenster eines Ladens, in dem Gewürze feilgeboten wurden. Die Auslage war vollgestopft mit Krügen in verschiedenen Farben. In einer Ecke lag ein riesiges Faß mit einem Schöpfbecher an einer Schnur. Auf einem Schild an der Tonne stand: »Salz.« Ein Mann kam in entgegengesetzter Richtung gelaufen. Er trug eine lange Stange, an der frischer Fisch hing. Kerris warf seine Frucht in die Luft. Sie hatte fast keine Druckstellen. Er biß in die weiche, pelzige Schale. Der süße Saft lief ihm aus dem Mund und über das
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