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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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tief Luft.
    Er blickte Kerris an, dann wendete er hastig den Blick ab. Seine Augen hefteten sich auf Suyas Gesicht. Er streckte die rechte Hand aus, die Handfläche nach oben. »Komm her zu mir!«
    Der Junge schlüpfte unter Kerris' Hand weg. Er trat einen Schritt nach vorn.
    »Willst du lernen, wie man kämpft?«
    Ein Nicken.
    »Du weißt, wer ich bin?«
    »Meister im Hof.«
    »Ja. Wenn ich sage, du kannst in den Hof kommen, dann darfst du kommen, und kein Mensch kann dich fernhalten. Bekommst du genug zu essen?«
    »Manchmal.«
    »Kämpfer müssen essen. Ich werde mit den Küchenleuten in der Halle reden. Und du kannst im Waffenschuppen schlafen. Da ist Platz genug für einen Strohsack, und außerdem bist du dort vor dem Regen geschützt.«
    Hinter Charins Rücken schlug Gerri vor Freude ein Rad. Das Haar löste sich aus dem Knoten, der Kamm fiel scheppernd auf die Ziegelsteine.
    Ohne sich umzuwenden, sagte Charin: »Gerri, hör sofort auf damit!«
    Sie fischte den Kamm auf und rollte sich das Haar wieder auf dem Kopf zusammen.
    Charin sah erneut Kerris an. »Ihr Kinder, ich sag euch, ihr verschwindet jetzt von hier«, sagte er. »Ihr werdet zu spät kommen, um den chearas zu sehen.«
    »Es werden sowieso zu viele Leute dasein«, sagte Danu trübselig. »Die lassen uns bestimmt nicht rein.«
    »Bist du noch nie über einen Zaun geklettert?«
    Gerri packte Suya bei der Hand. »Komm mit!« sagte sie. »Ich weiß einen Hintereingang. Da werden sie uns nie sehen.« Danu ließ Kerris die Bettrolle vor die Füße fallen. Die Zwillinge stoben davon, doch Suya zögerte und drückte dann Kerris etwas in die Hand, einen kleinen, harten, kühlen Gegenstand.
    Kerris schaute es an. Es war das sho.
     
    Kerris wendete sich Charin zu. »Ich bin dir die Bitte um Vergebung schuldig!« Seine Finger schlossen sich fest um die Musikmaschine. »Es gab keine Möglichkeit, dich vorzuwarnen.«
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Ich habe vierzehn Jahre lang oben im Norden gelebt«, sagte Kerris. »Aber geboren bin ich in Elath, in der Hexenstadt.«
    Der Meister des Waffenhofes rieb sich über das glattrasierte Kinn. »Ich verstehe«, sagte er. Dann strich er sich mit der Hand übers Haar. »Ich hab' niemals ... keiner hat jemals ...«
    »Ich verstehe«, sagte Kerris. »Vergib mir!« Er strich mit den Fingerspitzen über das samtglatte Holz in seiner Hand. Er konnte es nicht glauben, daß Suya wirklich wünschte, er solle das sho behalten. »Aber es schien mir wichtig.«
    »Das muß es wohl gewesen sein«, sagte Charin und spähte nach dem momentanen Stand der Sonne. »Aber jetzt beeilen wir uns besser!«
    Kerris steckte das Instrument in seinen Gürtel und hob seinen Pack auf. Er klemmte ihn erneut unter den Arm. Langsam schritten sie dann nach Südosten, zum Fluß hinüber. Möwen schossen über ihre Köpfe weg und kreischten, als forderten sie etwas zu fressen.
    Charin sagte: »Ich hab' schon von solchen Sachen gehört. Aber ich hab' nie ...« Wieder fuhr er sich mit den Fingern über sein dunkles Haar.
    »Ich werde es nicht noch einmal tun«, versprach Kerris. Die Worte ließen ihn an Riniard denken.
    Die Brücke war breit genug, daß zwei Wagen aneinander vorbeifahren konnten. Sie ruhte auf vier steinernen Bögen und war aus einem grauen Stein errichtet, in dem dunkle Adern sich wanden und verzweigten wie die Adern in einem Blatt. Möwen schwebten über der Brücke. Grüne Ranken wuchsen die Bögen herauf. Der Fluß roch nach Fisch.
    Auf beiden Ufern saßen Angler. Mit Stangen getriebene Schuten, Segelboote und Ruderboote zogen über das flache grüne Wasser dahin. Im Süden stieg immer dichter ein weicher Dunst auf. Die Sonne sank in den Westen. Lichter begannen in dem Viertel, aus dem sie kamen, und in dem, auf das sie zuschritten, hier und da aufzublinken.
    Der östliche Teil der Stadt wirkte glatter, neuer, weniger voll von drängelnden Menschen. Die Straßen waren breiter, und auf vielen standen Bäume und spendeten den Haustüren Schatten. Ein Straßenfeger bewegte sich über das Ziegelpflaster und sammelte den Dung ein, den die Pferde zurückgelassen hatten. In einem Haus hörte man Menschen singen, und Kerris nahm durch die Mauern die weiche, süße Melodie einer Flöte wahr. Er zog sein sho aus dem Gürtel und hielt es fest in der Hand.
    Der Östliche Waffenhof war noch größer als der im Westen. Er war von einem hölzernen Zaun umgeben. Ein Posten am Tor zählte die herbeiströmenden Menschen ab. Charin sagte: »Folge mir!«
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