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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Kinn.
    Schließlich kam er an den Waffenhof.
    Er war sehr groß, fast so groß wie der ganze Burghof auf Tornor. Er legte sich die Bettrolle zwischen die Füße und stützte sich mit dem Ellbogen auf den Zaun. Zwei Männer waren beim Training mit Spießen, ihre Haare flogen wild bei den angestrengten Stößen. In einer Ecke bog und drehte sich eine Frau ganz allein. Der Hof schien seltsam leer für eine Stadt mit so vielen Menschen. Er aß seine pelzige Frucht auf und warf den fransigen Stein auf die Straße. Seine Augen kehrten immer wieder zu einigen Kindern zurück, die paarweise trainierten.
    Er schaute zu, wie sie herumpurzelten und Ringkämpfe aufführten, sich drehten und zustießen, sich verflochten und tanzten. Ein bittersüßer Geschmack stieg ihm in die Kehle.
    »Ist irgendwas ...?« Ein kleiner untersetzter Mann stand plötzlich auf der anderen Seite des Zaunes vor ihm. Das Rattern eines vorbeifahrenden Wagens auf den Ziegelsteinen hatte seinen Schritt überdeckt.
    »Ich habe nur so zugeschaut«, sagte Kerris.
    Die Augen des Mannes glitten zu Kerris' leerem Ärmel und dann auf sein Gesicht zurück. »Ich heiße Charin.«
    »Kerris.«
    »Neu in der Stadt?«
    »Ja.« Irgend etwas, vielleicht die offensichtliche Freundlichkeit des Mannes, ließ Kerris hinzufügen: »Ich komme aus dem Norden.«
    »Ah?!« In der Stimme war ein Unterton von Interesse. »Also das habe ich gemerkt, daß du aus dem Norden kommst. Du redest wie ein Nordländer. Und die Scheide da ist eine Arbeit aus dem Norden. Aus Tezera?«
    »Ja«, antwortete Kerris.
    Charin stützte sich mit dem Ellbogen auf die Umzäunung. Seine Handgelenke waren breit wie die eines Hufschmieds. Das Haar war kurzgeflochten und reichte bis zum Hemdkragen. »Auf der Durchreise, oder bleibst du 'ne Weile hier?«
    »Ich weiß noch nicht«, antwortete Kerris. »Ich bin auf der Suche nach Freunden.«
    »Oh?«
    »Ja. Der chearas.«
    Charin nickte langsam. »Ich hab' sie heute morgen gesehen«, sagte er. Kerris bemühte sich, seine Überraschung nicht zu zeigen. Er hatte den Mann nur für einen Müßiggänger gehalten, etwa für einen Soldaten der Stadtwache, mit der Pflicht, jeden Tag im Hof zu trainieren, der sich dazu herabgelassen hatte, freundlich mit einem Fremden zu sein und so den Übungen zu entkommen. Aber der Mann mußte ein Lehrer sein. »Sie sind kurz vorbeigekommen, um mir guten Tag zu sagen.« Der Mann blickte zu den Kinderpaaren hinüber. »Von wo aus dem Norden kommst du?«
    »Von Tornor Keep.«
    »Hm. Und wo hast du deinen Arm verloren?«
    Niemals zuvor hatte man Kerris diese Frage so direkt gestellt. »Bei einem Überfall der Asech«, sagte er. »Ich war damals drei.«
    »Also warst du damals im Süden«, sagte Charin. »Die Asech haben niemals die Grenzfesten angegriffen. Wie schlimm, daß du dort landen mußtest. Scheußliche, einsame Orte, um drin zu leben.« Der Mann grinste. »Ich brauche Leute, massenhaft Leute um mich rum, und dann eine Möglichkeit, ihnen zu entkommen, wenn einem danach zumute ist.«
    Ein Zug weißer Vögel segelte über den Hof, sie miauten wie Katzen. Einer trug ein Stück grüner Rinde im Schnabel. Charin beobachtete die Übungen im Hof. Plötzlich rief er: »Gerri! Danu!«
    Bei den Kinderpaaren brachen zwei kleine Gestalten aus dem Kreis aus und kamen herübergelaufen. Sie trugen beide Messer. Eins der Kinder war ein Junge, schmal und hochgewachsen, mit braunem Haar und hellblauen Augen. Das zweite Kind war ein Mädchen, gleichfalls schlank und ebenfalls groß. Ihre Augen hatten eine etwas dunklere Blauschattierung, und ihr Haar war lang und schwarz.
    Kerris erstarrte. Kein bloßer Trainer erhielt derartig unmittelbaren Gehorsam erwiesen!
    »Wie lange trainiert ihr schon?« fragte Charin.
    Das Mädchen warf einen Blick auf den Stand der Sonne. »Ungefähr zwei Stunden, skayin«, sagte sie.
    »Das hab' ich mir gedacht. Ihr werdet müde. Geht, macht einen Spaziergang. Beide. Gerri, binde dir die Haare zurück. Lange Haare beim Kämpfen führen dazu, daß man dir die Gurgel durchschneidet, außer du bist so gut, daß es keine Rolle spielt. Noch bist du kein cheari!«
    Das Mädchen packte den dichten losen Haarschweif und drehte ihn auf dem Kopf zusammen. Dann steckte sie den Knoten mit einem Beinkamm fest. »Es ist nur runtergefallen.«
    »Mach es so fest, daß es nicht fällt. Und jetzt, geht!«
    Sie begannen auf das Tor zuzulaufen. »Geht langsam!« rief der Mann hinter ihnen her. Gerri blickte sich um und griente. Sie
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