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Die Suche nach dem Wind

Die Suche nach dem Wind

Titel: Die Suche nach dem Wind
Autoren: Liane Sons
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wie sehr du dich dagegen gewehrt hast und wie gut du dich letztlich geschlagen hast, du bist nun einmal der neue Herr von Loth. Du hast nach der Dämonenschlacht großes Glück gehabt, dass die jungen Leute so schnell und überlegt gehandelt haben. Hätte der Kontakt länger gedauert, wäre es für dich zu spät gewesen. Du bist stark, aber allein wärst du gestern trotzdem rettungslos an die Schlangenburg verloren gewesen. Ich würde dich nie gehen lassen, wenn ich nicht sicher wäre, dass du Loth abwehren willst und kannst. Doch du brauchst jetzt einen Vertrauten in deiner Nähe, der dich notfalls schützen kann, wie die Kinder gestern. Erma ist die Idealbesetzung. Sie liebt dich und sie ist eine starke Magierin.«
    »Erma soll mich vor Loth schützen? Großmutter, wie soll ich denn damit leben können?«
    »Du musst halt dafür sorgen, dass Erma nicht eingreifen muss. Stell dich jetzt nicht doof!«
    »Ich stell mich doof?« Er lachte bitter auf. »Du bist doch wohl völlig durcheinander. Ich habe meine Mutter nie kennen gelernt, weil sie sich meinetwegen umgebracht hat, und ich habe meinen Vater kaum kennen gelernt, weil ich ihn umgebracht habe. Erwartest du ernsthaft von mir, dass ich an eine Familiengründung denke? Soll sich das Ganze wiederholen? Wird Erma sich auch irgendwann umbringen wollen, weil sie ein Kind erwartet, oder warte ich später darauf, dass mein Sohn mich töten will, weil er verständlicherweise auch etwas gegen Schwarzmagier hat? Ich will kein Schwarzmagier sein, aber ich muss mit meiner Herkunft leben. Doch ich werde ganz bestimmt nicht ausgerechnet Erma auch noch damit belasten.«
    Die Oberin schnaubte verächtlich und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, gehen wir heute zur Abwechslung mal ein bisschen im Selbstmitleid baden? Armer, kleiner Schwarzmagier! Hast du gut aufgepasst, Aeneas? Das war mein Mitgefühl für dich und das reicht für heute und für alle Zeit. Ich dachte, ich hätte dir beigebracht, nie mit dem Schicksal zu hadern, sondern es immer selbst in die Hand zu nehmen. Das hast du bisher getan und das wirst du auch in Zukunft tun. Du hast den verdammten Karon begraben, und als Nächstes wirst du die Schlangenburg vernichten. Du musst und du wirst ein Ende damit machen. Du wirst deine Mutter rächen und deine Nachfahren schützen. Es darf keine weiteren Herren von Loth mehr geben. Und jetzt wirst du endlich aus den Federn kommen und Erma einen formvollendeten Antrag machen.«
    »Vielleicht warte ich damit besser, bis ich die Schlangenburg zerstört habe«, erwiderte Aeneas mit hörbarem Sarkasmus. »Ist doch bestimmt eine Kleinigkeit. Vielleicht schaff ich das noch eben vor dem Frühstück.«
    Jetzt kniff sie zornig die Augen zusammen. »Schwätz nicht dumm rum! Wir werden das beizeiten besprechen. Eure Gefühle füreinander habe ich gestern gespürt. Du musst mir also nichts vormachen, und Erma weiß genau, was sie an deiner Seite erwartet. Ich kenne meine Pflicht und habe es ihr mehr als deutlich vor Augen geführt. Ich verfüge auch nicht über diese blödsinnige Scheu, anderer Leute Gedanken zu lesen, und bin dadurch zu folgendem Ergebnis gekommen: Du willst sie mit allen Mitteln von dir fernhalten, weil du nicht weißt, was dich erwartet, und sie will unbedingt bei dir bleiben, weil sie dich liebt. Soll ich wirklich glauben, dass Erma Kossolowy aus dem Achtzehnten Kreis mehr Mut und mehr Vertrauen in deine Stärke hat als du, der Erbe van Rhyns, der Nachfahre einer langen Reihe tapferer Feldherren?«
    Mit unbewegter Miene hatte er ihr zugehört.
    Sie nickte und fuhr fort: »Ihr habt nach Antragstellung eurer Verbindung ein volles Jahr bis zur Eheschließung. Nutze es, um Loth zu vernichten und deine Gefühle für Erma zu ergründen. Du kannst diese Möglichkeit natürlich auch ablehnen und mich in den Turm begleiten. Ich werde jetzt frühstücken gehen. Entscheide dich, wie immer du willst, aber wenn du mir wieder unter die Augen kommst, dann nur als mein Enkel und nicht als ein vom Schicksal gebeutelter Jammerlappen. Ich nehme es hin, dass du der Sohn eines Schwarzmagiers bist. Ich ertrage sogar deine Sturheit, dein langes Haar und deinen Hang, dich durch deine unangebrachte Gefühlsduselei immer und immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen, aber Schwäche dulde ich in unserer Familie nicht, wie du genau weißt. Ich hoffe für dich, du hast mich verstanden?«

    Im Palast wimmelte es nur so von Bewahrerinnen. Die Kadaver der Wölfe waren genau wie die meisten
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