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Die Suche nach dem Wind

Die Suche nach dem Wind

Titel: Die Suche nach dem Wind
Autoren: Liane Sons
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mir und meiner Familie einfach nicht zu nahe, das reicht völlig.« Dann wandte sie sich seufzend ihrem fast schlafenden Enkel zu. Sie stellte sich direkt vor ihn und strich seinen Hemdkragen zurück. »Wo ist die Kette?«
    »Ich hab sie.« Lennart sprang sofort hoch und hielt sie der Oberin hin.
    Die alte Dame lächelte freundlich wie selten. »So ein braver Junge. Solch einen Enkelsohn hätte ich verdient gehabt. Dein Verhalten während der letzten Tage ist zu loben. Du hast sehr überlegt gehandelt und ich habe dir mehr zu danken, als du dir vorstellen kannst.«
    Lennart errötete vor Verlegenheit. Ein Lob der Ehrwürdigen hatte er überhaupt nicht erwartet. Stotternd bedankte er sich.
    Die Oberin tätschelte ihm die Wange. »Du bist ein junger Mann nach meinem Geschmack.«
    Aeneas sah seinen Kollegen an und erklärte leise: »War ja klar, dass ihr das gefällt, wenn mich jemand schlägt, permanent ärgert und versucht, mich zu ertränken.«
    Duncan grinste breit.
    Die Oberin blitzte die Ringlords an, nahm die Kette und ließ sie in den Tiefen ihres Gewandes verschwinden. »Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie es zwei Eseln gelingen konnte, Karon zu besiegen.«
    Die Jugendlichen kicherten, weil beide Herren leicht betreten wirkten.
    Ihr Enkelsohn blinzelte sie an. »Zwei Esel sind vielleicht wirksamer als eine Ansammlung großer Magier. Mit so etwas Einfachem wie einer Falle hat er jedenfalls nicht gerechnet. Klassische Selbstüberschätzung!«
    »Davon versteht ihr beide ja nun wirklich etwas. Ihr seid mir die richtigen Vorbilder für die Jugend. Glaub nicht, Aeneas, dass du mich zuschwätzen kannst. Ich lass mich nicht so schnell ablenken. Und sieh mich bloß nicht so vorwurfsvoll an, du wolltest doch, dass wir bleiben. Jetzt musst du da wohl oder übel durch. Und ihr Kinder hört sofort auf, zu lachen. Hier herrscht wirklich eine seltene Disziplinlosigkeit.«
    Noch während sie sprach, legte sie ihre Hände an Aeneas’ Schläfen. »Sieh mich an!«, kommandierte sie barsch. Fast fünf Minuten währte der Blickkontakt, Aeneas’ Körper bebte immer heftiger, dann nahm die alte Dame die Hände wieder weg, und ihr Enkel sackte schweratmend noch mehr in sich zusammen. Duncan hielt ihn vorsichtshalber fest, damit er nicht vom Stuhl kippte.
    Die Oberin sah ihren Enkel überrascht an. »Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich habe keinerlei schwarze Magie gespürt.«
    Rundherum war erleichtertes Aufatmen zu hören. »Die hat er bestimmt restlos ausgekotzt«, vermutete Adrian.
    »Ja«, warf Gerrit glücklich ein, »gut, dass ihm so schlecht war. Aber geht das überhaupt?«
    Lennart hätte am liebsten laut gejubelt. Wäre es anders gewesen, hätte er die Schuld daran getragen. Erik strahlte über das ganze Gesicht. Erma seufzte hörbar auf.
    Aeneas fand das Ende des Tages nun doch nicht mehr ganz so schlecht. »Ganz sicher?«, fragte er heiser.
    »Was hältst du von mir? Es gibt Dinge, über die pflege selbst ich keine Scherze zu machen. Was war mit den Dämonen?«
    Ihr Enkel räusperte sich unbehaglich. »Die Dämonen? Tja, also, die hab ich weggeschickt. Befehl von deinem Wunsch-Enkel. Er ist schuld.« Er zeigte anklagend mit dem Finger auf Adjutanten.
    Die von einer Zentnerlast erlösten Jugendlichen versuchten gar nicht erst, ein erneutes Lachen zu unterdrücken. Lennart schüttelte nur belustigt den Kopf.
    »Du hast sie weggeschickt? Wohin?«
    Der Ringlord grinste verlegen, aber seine Augen blitzten. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Lennart hat gesagt, das wäre egal, sie wüssten schon selbst, wohin sie sollten. Ich hab nur gemacht, was er gesagt hat, weil er die letzten Tage so überlegt gehandelt hat. Das hast du ja auch so gesehen.«
    Lennart verdrehte die Augen, Adrian lachte laut auf, und seine Freunde kicherten erneut unterdrückt.
    »Herr, gib mir Geduld! Du bist wirklich ein Idiot«, erklärte die Oberin zur Freude fast aller Anwesenden. Sie überlegte eine Weile. »Wo?«, fragte sie dann.
    Während kein Anderer verstand, was die alte Dame meinte, schob Aeneas resignierend seinen rechten Ärmel hoch.
    »Das muss weg«, erklärte seine Großmutter kurz und bündig und winkte eine ihrer Damen heran. Die gab der Oberin ohne jedes Wort eine kleine Flasche.
    »Äh, könnten wir das nicht vielleicht auf morgen verschieben? Es war ein wirklich harter Tag«, bat der Ringlord.
    »Stell dich nicht an! Ich werde meinen Enkel nicht mit den Schlangen von Loth auf dem Arm herumlaufen lassen. Da hätte der
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