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Lichtlos 1 (German Edition)

Lichtlos 1 (German Edition)

Titel: Lichtlos 1 (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
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1
    Es heißt, jeder Weg führt nach Hause, wenn man dort ankommen will. Ich sehne mich nach meinem Zuhause, nach dem Städtchen Pico Mundo und der Wüste, in der es gedeiht, aber die Wege, die ich einschlage, scheinen mich in eine Hölle nach der anderen zu führen.
    Auf dem Beifahrersitz des Mercedes betrachte ich durch das Seitenfenster die Sterne; sie wirken wie Fixsterne, und doch sind sie nachweislich ständig in Bewegung und ziehen sich immer weiter zurück. Sie scheinen ewig zu sein, dabei sind sie nichts anderes als Sonnen, die eines Tages verglühen werden.
    Als sie noch ein kleines Kind war, verlor Stormy Llewellyn ihre Mutter Cassiopeia. Ich verlor Stormy, als sie und ich zwanzig waren. Eines der nördlichen Sternbilder heißt Kassiopeia. Keine Gruppe ferner Sonnen ist nach Stormy benannt.
    Cassiopeias Namensschwester kann ich hoch oben in der Nacht sehen, Stormy dagegen nur in meiner Erinnerung, doch dort sehe ich sie weiterhin so lebhaft vor mir wie jede lebende Person, der ich wo auch immer begegnen könnte.
    Die Sterne und alles andere im Universum begannen mit dem Urknall, und damals begann auch die Zeit. Irgendein Ort existierte vor dem Universum, existiert jetzt außerhalb von ihm und wird immer noch existieren, wenn das Universum wieder in sich zusammenfällt. An diesem mysteriösen Ort außerhalb der Zeit erwartet mich Stormy. Nur durch Zeit kann die Zeit überwunden werden, und der Weg nach vorn ist der einzige Weg zurück zu meinem Mädchen.
    Wieder einmal bin ich aufgrund von Ereignissen in jüngster Zeit als Held bezeichnet worden, und auch diesmal komme ich mir nicht so vor.
    Annamaria ist davon überzeugt, ich hätte vor wenigen Stunden ganze Städte gerettet und viele Hunderttausende vor einem atomaren Schlag von Terroristen bewahrt. Selbst wenn das höchstwahrscheinlich wahr ist, kommt es mir so vor, als hätte ich dabei einen Teil meiner Seele eingebüßt.
    Um die Verschwörung zu durchkreuzen, habe ich vier Männer und eine junge Frau getötet. Sie hätten mich getötet, wenn sie Gelegenheit dazu gehabt hätten, aber selbst wenn ich aufrichtig Notwehr geltend machen kann, lasten diese Tode nicht weniger schwer auf meiner Seele.
    Ich wurde nicht zum Töten geboren. Wie wir alle, so wurde auch ich für die Freude geboren. Diese zerbrochene Welt bricht jedoch die meisten von uns, zermahlt uns erbarmungslos auf ihren Schotterpisten.
    Als wir Magic Beach verließen und befürchten mussten, verfolgt zu werden, fuhr ich den Mercedes, den mir mein Freund Hutch Hutchison geliehen hatte. Nach ein paar Meilen, als die Erinnerungen an die jüngste Gewalttätigkeit über mich hereinbrachen, hielt ich am Straßenrand, damit Annamaria und ich die Plätze tauschen konnten.
    Jetzt sitzt sie am Steuer und sagt zum Trost: »Das Leben ist schwer, junger Mann, aber das war nicht immer so .«
    Ich kenne sie seit rund einem Tag. Und je länger ich sie kenne, desto rätselhafter wird sie mir. Sie ist vielleicht achtzehn, fast vier Jahre jünger als ich, aber sie wirkt viel älter. Die Dinge, die sie sagt, sind oft kryptisch, obgleich ich das Gefühl habe, der Sinn wäre mir klar, wenn ich klüger wäre, als ich bin.
    Sie ist unscheinbar, aber nicht unattraktiv, sie ist zierlich, hat makellose blasse Haut und große, dunkle Augen, und sie scheint etwa im achten Monat schwanger zu sein. Jedes Mädchen in ihrem Alter und in ihrem Zustand, das so allein auf Erden ist wie sie, sollte ängstlich sein, aber sie ist ruhig und zuversichtlich, als glaubte sie, ihr könnte nichts etwas anhaben – was oft der Fall zu sein scheint.
    Wir sind kein Liebespaar. Nach Stormy kann es so etwas für mich nicht geben. Obwohl wir nicht darüber sprechen, besteht zwischen uns durchaus eine Form von Liebe, platonisch, aber tief, eigentümlich tief, wenn man bedenkt, wie kurz wir einander erst kennen. Ich habe keine Schwester, doch vielleicht empfände ich für sie, was ich empfinde, wenn ich Annamarias Bruder wäre.
    Von Magic Beach nach Santa Barbara – unser Ziel ist vier Fahrtstunden entfernt, immer geradeaus an der Küste hinunter. Wir sind seit weniger als zwei Stunden unterwegs, als Annamaria zwei Meilen nach dem pittoresken Städtchen Moonlight Bay und Fort Wyvern – einem Militärstützpunkt, der seit dem Ende des Kalten Krieges stillgelegt ist – sagt: »Fühlst du, wie es dich magnetisch anzieht, du komischer Kauz ?«
    Ich heiße Odd Thomas. Ich habe meinen Namen in vorangegangenen Bänden dieser Erinnerungen erklärt und
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