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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Autoren: V.C. Andrews
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    P ROLOG
     
     
     
    Luke und ich gehen durch die hohen schmiedeeisernen Tore, auf denen man F ARTHINGGALE M ANOR entziffern kann. Rostflecken umgeben die Buchstaben wie ein Hautausschlag, und die Wucht der Seestürme und der Winterwinde hat die Tore nach innen verbogen. Jetzt lehnen sie sich an den düsteren grauen Himmel, und selbst das große Haus wirkt niedergedrückt, als lasteten auf ihm die Zeit und die betrübliche und trostlose Geschichte, die in seinen Hallen und Zimmern lebt. Ein paar Bedienstete werden noch bezahlt, damit sie im Haus und in den Parkanlagen nach dem Rechten sehen, aber es gibt niemanden, der ihre Arbeit überwacht, und sie tun ziemlich wenig, um alles instand zu halten.
    Luke drückt meine Hand. Es ist Jahre her, Jahrhunderte, so scheint es, seit wir das letzte Mal hier gewesen sind. Der trübe Himmel ist unserer Ankunft angemessen, denn dies ist keine nostalgische Reise. Uns wäre es lieber, wenn wir uns nicht an meinen Aufenthalt hier – meine Gefangenschaft, sollte ich wohl besser sagen – nach dem gräßlichen Unfall erinnern müßten, bei dem meine Eltern ums Leben gekommen sind.
    Aber unsere Reise hat einen noch traurigeren Anlaß. Die Begräbnisstimmung ist angebracht. Wir sind gekommen, um meinen wirklichen Vater zu begraben, um Troy Tatterton endlich neben seiner wahren Liebe, Heaven, meiner Mutter, zur letzten Ruhe zu betten. Er ist in all diesen Jahren in seinem kleinen Häuschen geblieben und hat weiterhin seine knifflige künstlerische Arbeit betrieben und an dem wunderbaren Spielzeug weitergearbeitet. Er hat das Anwesen nur zu ganz speziellen Anlässen wie zu der Geburt meiner Kinder verlassen. Doch immer, wenn er uns besuchte, ganz gleich, zu welchem Anlaß, brachte er es nie fertig, allzu lange von Farthinggale fernzubleiben. Irgend etwas rief ihn immer wieder zurück.
    Jetzt wird er nie mehr von hier fortgehen.
    Obwohl dieses große Haus für alle Zeiten schemenhaft in meinen Alpträumen auftauchen wird und die Erinnerungen an diese qualvollen Zeiten bis heute noch außergewöhnlich lebhaft sind, verstehe ich doch, wenn mein Blick auf dieses großartige Anwesen fällt, warum Troy immer wieder hierher zurückkehren mußte. Selbst ich verspüre – obwohl alle Gründe dagegen sprechen – das Verlangen, das Haus wieder zu betreten und durch seine langen Korridore zu laufen, die prachtvolle Treppe hinaufzusteigen und mir das Zimmer anzusehen, das meine Zelle war.
    Luke will nicht, daß ich ins Haus gehe.
    »Annie«, sagt er, »das ist nicht nötig. Wir warten die Bestattungsfeierlichkeiten ab und begrüßen alle, die wir begrüßen müssen, draußen.«
    Aber ich kann mir nicht helfen. Etwas lockt mich.
    Ich betrete mein früheres Schlafzimmer nicht. Überall sind Spinnweben. Staub und Schmutz sind allgegenwärtig. Die Gardinen sind fadenscheinig und hängen schlaff herunter. Das Bettzeug sieht fleckig und schmutzig aus.
    Ich schüttele den Kopf, gehe weiter und bleibe vor Jillians Suite stehen, der berühmten Suite, die auf Tonys fanatisches Drängen unverändert geblieben ist, weil er sich weigerte, Jillians Ableben und alles, was ihm damit genommen worden war, zu akzeptieren. Diese Suite hat mich schon immer fasziniert. Sie fasziniert mich auch jetzt noch. Ich schaue zu den Spiegeln ohne Glas, werfe einen Blick auf die Kleidungsstücke, die noch über den Stühlen hängen, auf die Toiletteartikel, die noch auf der Frisierkommode stehen. Ich gehe an alldem vorbei, langsam, bewege mich, wie man sich durch einen Traum bewegt, und die Luft ist wie Gaze.
    Und dann bleibe ich vor Jillians Schreibtisch stehen. Ich weiß nicht, warum ich das tue, aber vielleicht liegt es daran, daß die Schublade einen Spalt geöffnet ist. Alles an diesen Räumen fasziniert mich, und ich frage mich, ob in dieser Schublade etwas sein könnte, was Jillian in den Zeiten ihres Wahnsinns geschrieben haben könnte.
    Die Neugier packt mich, und ich ziehe die Schublade auf. Ich puste den Staub fort, schaue hinein und sehe nur leere Blätter, Stifte und Tinte. Nichts Ungewöhnliches, denke ich, und dann fällt mein Blick auf den Stoffbeutel ziemlich weit hinten in der Schublade, und ich greife danach.
    Darin ist ein Buch. Ich ziehe es langsam heraus.
    L EIGHS B UCH , steht darauf. Ich halte den Atem an. Es ist das Tagebuch meiner Großmutter. Ich schlage die erste Seite auf und werde in andere Zeiten versetzt.

 
    1. K APITEL
     
    L EIGHS B UCH DER E RINNERUNGEN
     
     
     
    Ich glaube, es hat mit
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