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Die Straße des Bösen

Die Straße des Bösen

Titel: Die Straße des Bösen
Autoren: Horst Hoffmann
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Richtung zu wählen.
    Über ihm schrie der Schneefalke, und Harks Heulen war von Zeit zu Zeit durch das Brausen des Sturmes zu hören.
    Dies alles um Mythor herum schien Niemandsland zu sein. Manchmal war es ihm, als reite er geradewegs in eine Welt zwischen Sein und Nichtsein hinein, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft.
    Was sollte aus der Lichtwelt werden, nun, da ihr Widerstand gebrochen schien? Waren die Heerscharen der Caer, geführt von ihren Priestern, bereits auf dem Vormarsch gen Süden und Osten? War es Rechtens, dass er noch lebte?
    Bei dem Gedanken richtete er sich auf und starrte finsteren Blickes voraus. Pandor drehte den Kopf und wieherte leise, wie um ihn zu trösten, ihm zu sagen, dass das Licht noch nicht erloschen sei, dass ein neuer Tag anbrechen würde und neue Aufgaben vor ihm lagen.
    Mythor spürte seine Glieder kaum noch. Er musste sich bewegen. Er brachte den Kopf an Pandors Ohr und flüsterte etwas. Das Einhorn blieb stehen, scharrte aber unruhig mit den Vorderhufen im Schnee. Eine Warnung?
    Mythor saß ab. Er ging in die Knie. Seine Beine gehorchten ihm nicht. Es dauerte eine Weile, bis er spürte, wie sich wieder Wärme in seinem Körper ausbreitete. Mythor schlug mit den Armen und hauchte in die Hände.
    Das Schneetreiben ließ wieder etwas nach. Erst jetzt bemerkte der Sohn des Kometen, dass sich Nebel über das Land gesenkt hatte, in den der Sturm gespenstische Schatten und Formen wirbelte.
    War es Rechtens, dass er noch lebte?
    Zorn auf sich selbst stieg in ihm auf, als er vergeblich versuchte, die peinigenden Gedanken zu verdrängen. Wie so oft, wenn die Einsamkeit ihn zu erdrücken drohte, griff er unter sein Wams und zog das Pergament hervor.
    »Fronja«, murmelte er, und als ob er ein Zauberwort gesagt habe, frischte der Sturm auf und schien den Namen mit tausend schaurigen Stimmen zu wiederholen.
    Mythor wischte die Flocken vom Pergament und betrachtete das Bildnis der unbekannten Schönen, die ihm vor Stunden so nahe gewesen war, wenn auch nur als Trugbild. Er hatte etwas von ihr gespürt, tief in seiner Seele. Etwas, das sein Herz wilde Sprünge machen ließ, das ihm Hoffnung machte und auch Angst?
    Angst wovor? Dass er niemals den Weg zu ihr finden könnte?
    Obwohl es dunkel war, waren die vollkommenen Züge der Frau deutlich genug zu erkennen. Und plötzlich war es, als ob sich der Mund Fronjas bewege, und die Augen auf dem Pergament schienen zu erstrahlen. Mythors Hände zitterten.
    Reite voran, Mythor! schien das Bild zu sagen. Reite und kämpfe! Die Lichtwelt braucht dich nun dringender als je zuvor! Glaube an dich!
    Mythor steckte das Pergament, von plötzlicher Unruhe gepackt, zurück unters Wams. Fronja sollte ihn nicht so sehen, nicht, wie er jetzt war.
    Er erschrak über seine Gedanken. Griff der Wahnsinn bereits nach ihm? Sah er Dinge, die nicht existierten?
    Er hatte gelernt, dass es nichts gab, was unmöglich war. Aber Fronja sollte von Magie verschont bleiben. Was immer auch in dieser Welt geschah, sie musste davon verschont bleiben. Und wenn er schon nicht sie selbst vor dem Grauen dieser finsteren Zeiten behüten konnte, dann doch wenigstens ihr Bildnis.
    Mythor sprang auf den Rücken des Einhorns. Sofort setzte Pandor sich wieder in Bewegung. Schweigend zogen sie weiter, begleitet von Horus und Hark.
    Es schneite nicht mehr. Wie eine Decke lag der frisch gefallene Schnee leicht leuchtend über dem Land. Nur noch hier und da war er rot gefärbt. Der Sturm ließ allmählich nach.
    Mythor wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er den hellen Schein vor sich sah. Er wollte Pandor zum Stehen bringen, doch das Einhorn trabte weiter.
    Zwei Gestalten schälten sich schemenhaft aus dem Nebel.
    »Zurück!« rief eine weibliche Stimme. »Absitzen, Bursche, oder du spürst meine.«
    Mit einemmal vergaß Mythor die verlorene Schlacht, die Kälte und die Caer. Er sprang ab und landete direkt vor der Frau, die das Einhorn und ihn in diesem Augenblick erkannte.
    »Mythor!« rief sie aus. »Bei Erain und...!«
    Mythor war heran und nahm ihr das Breitschwert aus der Hand. Mit dem anderen Arm zog er sie fest an sich heran.
    »Was lässt du mich spüren?« rief er ausgelassen. »Deine Klinge?«
    Buruna schlang die Arme um seinen Nacken und presste ihre Lippen auf die seinen. Als sie wieder zu Atem kam, flüsterte sie mit verführerischem Augenaufschlag: »Ich weiß etwas Besseres.«
    »Später!« Mythor küsste sie noch einmal und sah, wie Burunas Begleiter, ein Ugalier, den
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