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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel
Autoren: Will Berthold
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Maulwurf eingenistet haben könnte. Möglich ist ja leider alles. Wir geben unsere Bangkok-Hinweise sofort an unsere Verbündeten weiter. Aber ich denke, bevor wir uns auf Spekulationen einlassen, sollten wir zuerst einmal vor unserer eigenen Haustür kehren.« Er hob die Stimme. »Das bedeutet, meine Herren, daß uns allen einige Unannehmlichkeiten nicht erspart bleiben werden. Ich sehe mich gezwungen, den hauseigenen Sicherungsdienst einzuschalten; er wird in unser aller Privatleben gehörig herumfuhrwerken.«
    »Und wie immer ohne Ergebnis.« Der brave Friedmann wurde aufmüpfig.
    »Ich verstehe etwas nicht«, griff Weidekaff wieder an. »Hier blähen wir unter Umständen drei Zufälle zu Anschlägen auf, und der Tod Paul Garellas kommt überhaupt nicht zur Sprache.«
    »Irrtum, Herr Weidekaff!« entgegnete Schlumpf überlegen. »Wir haben mehr als gründliche Ermittlungen angestellt. Die Polizei in Manhattan hat den Unfall sorgfältig untersucht, gerade weil sie wußte, um wen es sich bei diesem Spitzenmann handelte. Auch die Agency hat sich eingehend damit befaßt: keinerlei Anhaltspunkte auf einen Anschlag, aber auch nicht die geringsten. Und New York, das möchte ich nun doch feststellen, ist schließlich nicht Bangkok.«
    »Wenn wir an Garellas letztem Akt teilnehmen wollen, wird es für uns höchste Eisenbahn«, unterbrach Sanftleben.
    »Sie können gehen, meine Herren!« Damit entließ Pallmann Max und Moritz. »Was jetzt noch besprochen wird, erfahren Sie von mir nach Ihrer Rückkehr.«
    Während die beiden Regierungsräte die Konferenz verließen, wurde die Diskussion turbulent. Der Verdacht stand im Raum und war nicht vom Tisch zu fegen. Solange er nicht entkräftet werden konnte, und das war bei der Sachlage so gut wie ausgeschlossen, stand mindestens einer der sieben Teilnehmer der Geheimkonferenz unter dem Verdacht, ein Maulwurf zu sein.
    Die beiden Trauergäste fuhren im Dienst-Mercedes zum Nordfriedhof. »Na, da kommt ja was auf uns zu!« stöhnte Weidekaff.
    »Quatsch!« entgegnete Sanftleben, der Widerpart. »Konferenzen sind doch der Sieg der Arsche über die Köpfe. Und wenn der Rummel erst vorbei ist, wird wieder gedacht.«
    »Sie müssen es ja wissen«, versetzte Weidekaff pikiert und rückte seine schwarze Krawatte zurecht.
    Dany Callway und Frank Flessa erreichten ein paar Minuten zu spät die Aussegnungshalle des Nordfriedhofs und mußten doch noch im Vorraum herumstehen, weil sich die vorhergehende Abdankung in die Länge gezogen hatte.
    Auf der Anschlagtafel las die Journalistin: ›11 Uhr 30, Paul Garella, 39 Jahre, Regierungsangestellter.‹
    Offensichtlich erschienen nur wenige Trauergäste zum Abschied von einem ganz Großen in einer zwielichtigen Branche. Flessa machte seine Begleiterin auf Weidekaff und Sanftleben aufmerksam. »Das sind Leute aus Pullach«, raunte er ihr zu, und Dany nickte: »Gehobene Chargen.«
    Die Spitzenleute des Camps im Isartal fehlten ebenso wie die Presseleute; entweder hatte Frank Flessa besonders gute Beziehungen zur amerikanischen Botschaft in Mehlem bei Bonn oder zur BND-Zentrale, oder man vertraute nur auf die branchenbekannte GLOBUS-Diskretion. In diesem Fall wollte man einen – schweigsamen – Journalisten dabei haben und alle anderen ausschließen. Irgendwie erinnerte Dany dieses Vorgehen an die Prozedur: Wasch' mich, aber mach' mich nicht naß.
    Endlich wurden sie eingelassen, nacheinander betraten sie die kahle Halle. Der Sarg war mit Blumen geschmückt; der größte Kranz kam aus Pullach, der zweitgrößte von GLOBE INTERNATIONAL. Es war eine für diesen Anlaß merkwürdige Versammlung: Keine Angehörigen, keine Freunde, keine Bekannten, keine Kollegen, kein Pfarrer, vermutlich nur etliche Zaungäste.
    Auf einmal tauchte doch ein Studienfreund Garellas auf, der sich nicht vorstellte, aber einen kurzen Nachruf sprach. Er vermied alle konkreten Angaben, bedauerte den ›schrecklichen Unglücksfall, der einen Mann in den besten Jahren aus diesem Leben abberufen hat‹ – im Grunde hätte diese Ansprache auf jeden gepaßt nach dem Schema: De mortibus nihil nisi bene. Die Worte erinnerten Dany an Regierungsdirektor Pallmann, den Latein-Fan, der wohl die Veranstaltung nach der altrömischen Devise, nichts über die Toten zu sagen, es sei denn gut, arrangiert haben mußte.
    Sie ging schnell und zielstrebig über die karge Bühne. Die Beteiligten waren offensichtlich bestrebt, die Prozedur rasch hinter sich zu bringen. Der Abschieds-Choral kam vom
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