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Die Spieler

Die Spieler

Titel: Die Spieler
Autoren: Markus Griesheim
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albern? Quetschen ihren Leiber in diese hautengen und albern bunten
Trikotagen, durch die sich alles abzeichnet, was den Mann zum Manne und das Weib zum Weibe
macht. Van de
Hoogten fuhr
früher Rad, um von seiner
Wohnung
in Amsterdam an der
Keizersgracht in die Altstadt oder zum Bahnhof zu gelangen. Um mit Mariella einen Ausflug ins
alte Jordaanviertel mit seinen verrückten kleinen Geschäften, Galerien und malerischen Hofjes zu
machen. Oder in den Vondel-Park, in dem sie und er oft ganze Tage verbrachten, und sich
gegenseitig aus Büchern oder der Zeitung vorlasen. Wie an dem Tag, an dem sie sich kennenlernten.
Als er Mariella fragte, die auf der Bank gegenüber saß, ob er mal einen Blick in die Volkskrant
werfen dürfe. Aber nie im Leben hätte er so alberne Kleidung angezogen! Noch nicht einmal, wenn
die Niederlande am Koninginnendag Fußballweltmeister geworden wäre!
    Auf halber Höhe der Überfahrt kann van de Hoogten die Rückseite des Restaurantschiffes sehen,
auf der in dieser Nacht eine Hochzeit stattfand. Und vielleicht ein Mord. Dann muss van de
Hoogten
einen
Mörder
suchen. Mörder
ist,
wer
aus
Mordlust,
zur
Befriedigung
des
Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst
aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder
grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu
verdecken, einen Menschen tötet. Strafgesetzbuch §211, Absatz 2. Alle mussten damals an der
Akademie die Paragraphen pauken.
    Hinter dem Schiff liegen zwei Hausboote im Mündungsarm der Nidda, die an dieser Stelle in den
Main fließt. Das Bild erinnert van de Hoogten an die Boote auf der Amstel. Nur, dass auf der Amstel
hunderte
von Hausbooten liegen. Und in den Grachten. Die
beiden Boote liegen vor der
Wörthspitze, eine Halbinsel, die von Höchst aus über eine kleine Bogenbrücke erreicht werden
kann. Alt-Höchster
nennen diese
Brücke
das Gaasebricksche, oder ganz
alte
Höchster Gaasebrickelsche, weil man früher die Ziegen darüber auf die Wörthspitze trieb . Neu-Höchster
sprechen dagegen türkisch oder serbisch, italienisch oder sonst eine Sprache. Aber kein Italiener in
Höchst sagt Ponte di Capra dazu. Obwohl die Italiener am längsten in Höchst sind. Höchst hat 40
Prozent Ausländer. Hat der Tote in Höchst gewohnt? War er Gast auf der Hochzeit? Hat er sich hier
nachts auf der Insel herumgetrieben? Mit Drogen gehandelt? Oder sonst was im Gestrüpp der
Uferböschung gemacht? War es ein Unfall? Ist er beim Pinkeln ausgerutscht und mit dem Kopf
gegen einen Stein geschlagen? Wurde er im Streit erschlagen? Mit wem hat er gestritten? Worum?
    Van de Hoogten braucht die Gästeliste der Hochzeitsgesellschaft. Er wird sie alle befragen
müssen. Phantomzeichnungen hier im Grüngürtel und auf der Schwanheimer Seite aufhängen
lassen. Im Amt muss er die Vermisstenanzeigen durchgehen. Und dann Mariella anrufen, weil es
wieder spät werden wird.
    Nachdem das letzte Fahrrad von der Fähre geschoben ist, geht van de Hoogten zu dem
Führerhäuschen. Der Bootsjunge wartet an Land, an der Sammelstelle. Es sind aber noch keine
Rückkehrer in Sicht. Der Bootsführer bemerkt ihn nicht, er ist mit seinen Butterbroten beschäftigt,
die sorgsam übereinander gestapelt in einer Tupperbox liegen.
„Entschuldigen Sie, wenn ich Sie beim Essen störe, aber darf ich ihnen ein paar
Fragen stellen?“ Und nach einer kurzen Pause, da der Mann ihn zwar anschaut, aber nicht antwortet:
    „Van der Hoogten, Kriminalpolizei.“ Van de Hoogten hält seine Dienstmarke hoch,
eine verkratzte Messingscheibe mit dem Wappen von Hessen, dem züngelnden Löwen und dem
getriebenen Schriftzug Kriminalpolizei. Der Bootsführer hört schlagartig mit Kauen auf.
„Wir habbe oine güldige Konzession, fragense die vom Oddnungsamd.“ antwortet er
mit halbvollem Mund.
     
Van der Hoogten muss schmunzeln und setzt nach:
     
„Nein, nein, darum geht es nicht. Ich wollte nur wissen, wie lange sie gestern Abend
hier gefahren sind.“
     
Der Bootsführer schluckt nachdenklich seinen Bissen herunter.
     
„Ei wie immer, bis in die Dämmerung, so bis halb zehn Uhr awends. Warum?“
    „Da drüben ist gestern Nacht oder heute Morgen ein Überfall passiert.“ Van der
Hoogten deutet zur Wörthspitze hinüber. „Ich wollte nur wissen, ob sie vielleicht etwas
Ungewöhnliches gesehen oder gehört haben?“
    „Ne, von da dribbe könne mer hier uff dem Boot nix höre, mer habbe hier meisdens
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