Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spieler

Die Spieler

Titel: Die Spieler
Autoren: Markus Griesheim
Vom Netzwerk:

Süd-West-Wind, der uns de Mah nuffdriggt. Der driggt ah de Schall weg. Un dann noch als des
Getucker von deem Modor. Do höre Sie uff die Distanz nix. Dud mer leid!“ Er zuckt mit den
Schultern und greift sich das nächste Brot aus der Box. Ein radfahrendes Rentnerpärchen hat sich an
der Sammelstelle eingefunden. Der Bootsjunge lässt sie aufs Schiff und kassiert die Bons für die
Passage.
„Na, dann vielen Dank! Ich lass Ihnen mal meine Karte da, falls Ihnen doch noch
etwas einfällt.“
    Van der Hoogten kramt in seiner Innentasche. Er weiß nicht mehr, wie oft er diesen Satz schon
gesagt hat. Neulich hätte er ihn beinahe zu einem Angestellten eines Elektro-Marktes gesagt, der ihn
wegen eines Laptops beraten hat. Er drückt seine Karte in die fettige Hand des Bootsführers. Dieser
wirft einen kurzen Blick darauf und steckt sie in seinen Overall.
    Henk van der Hoogten setzt sich wieder auf die Bank. Die Fähre wartet noch einige Minuten. Dann
kehrt sie erneut zur anderen Seite zurück. Hier hat sich die Zahl der wartenden Radfahrer schon
deutlich erhöht. Van der Hoogten steigt über den Ausleger und grüßt noch einmal die beiden
Bootsmänner mit zwei kurz an die Schläfe angelegten Fingern. Als er außer Hörweite ist, stellt sich
der Bootsjunge ans Führerhäuschen.
„Du, was hadd'n der gewolld?“ will er von seinem Chef wissen.
     
„Uff de Spitz muss gesdern ebbes bassiert soi“ murmelt dieser.
     
Der Bootsführer kratzt sich am Bart. Er gibt dem Bootsjungen ein Zwei-EuroStück. „Geh kauf
die Zeidung, vielleicht steht ja schon ebbes dribber drin!“
     
„Uff de Spitz?! Aha!“
    Ohne hinzuschauen lässt sich der Schiffsjunge das Geldstück in die Hand geben. Er sieht van de
Hoogten nach, der gemütlich zu seinem Dienstpassat zurück spaziert. Van de Hoogten hat sein
Jackett ausgezogen und trägt es über dem Arm. Ein Hemdzipfel schaut ihm hinten aus der Hose
heraus. Es ist warm geworden. Jetzt wird es endlich Sommer.
*
    Hassinger steckt ihren Kopf zur Tür herein, während van de Hoogten noch in den Bericht vertieft
ist. Da er sie nicht bemerkt, tritt sie an seinen Schreibtisch heran, beugt sich mit dem Kopf vor und
versucht ihm in die Augen zu sehen. Van de Hoogten erstarrt kurz, als sich ihre Blicke treffen.
„Es ist Polnisch. Ich hab´s gegoogelt.“
     
Sie legt van der Hoogten ein Blatt Papier auf den Tisch. Der nimmt es an sich und versucht
Yvonne Hassingers Handschrift zu lesen.
     
„ Tropfen um Tropfen formt das Meer. Hm?“ Er sieht sie fragend an.
     
„Ich hab nicht gesagt, dass ich Polnisch kann. Ich hab nur gesagt, ich hab`s
gegoogelt.“ wehrt sie ab. „Könnte so ne Art Steter Tropfen höhlt den Stein bedeuten.“
     
„Hm, ach so, na gut. Danke!“ brummt van de Hoogten vor sich hin. „Und der Ring?
Das Wappen?“ hakt er nach.
     
„Ein schwarzer Achat, nicht viel wert. Die schwere Einfassung auch nicht. Das
Wappen wissen wir noch nicht.“
     
„Schade, dann bleib mal dran, bitte.“
    Er vertieft sich wieder in den Bericht, schlägt die Seiten mit den Fotos auf. Das Blitzlicht der
Kamera
lässt den Kopf
der Wasserleiche
noch grausiger erscheinen als vor Ort.
Hassinger
beobachtet van de Hoogten dabei und wirft beiläufig einen Blick auf die Fotos.
„Eine oder zwei Reihen?“
     
Sie schaut van de Hoogten erwartungsvoll an.
    „Bitte? Was?“ van de Hoogten blättert weiter im Bericht. „Was meinst du?“
„Na, wegen dem JP am Samstag. Du weißt doch. Acht Millionen!“ Yvonne
Hassinger sieht ihn mit großen Augen an. „Diesmal klappt es bestimmt. Ich spüre, dass wir vor einer
großen Veränderung stehen.“
Van de Hoogten schiebt den Bericht zur Seite und lässt sich in seinem Bürostuhl zurückfallen. Er
widmet Hassinger jetzt seine ganze Aufmerksamkeit.
     
„Ach ja, der JP ... Wegen des JP's“
     
Wieso machen sich die Leute eigentlich über seinen niederländischen Akzent lustig, wenn sie
selber ihre Muttersprache nicht beherrschen?!
    „Hör mal, Yvonne, du weißt doch, was die Statistiker sagen. Die Chancen stehen eins
zu 140 Millionen oder so auf einen großen Sechser! Du spielst jetzt schon 21 Jahre Lotto. Es hat 21
Jahre nicht geklappt, warum soll es dann diesen Samstag klappen?! Warum sparst du nicht lieber
dein Geld? Hättest du es in all den Jahren schon gespart und Zinsen und Zinseszinsen kassiert,
könntest du dir bestimmt jetzt ein Auto kaufen. Oder in der Südsee Urlaub machen.“
Aber Hassinger lässt sich nicht abwimmeln.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher