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Die Spieler

Die Spieler

Titel: Die Spieler
Autoren: Markus Griesheim
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nimmt es ihr nicht übel, schimpft aber trotzdem jeden Morgen pro forma, wenn er
zurückkommt. Der Mensch gliedert seinen Alltag in Rituale. Orientiert sich an der Agenda des
Gewohnten. Die Rituale mögen spezifisch sein. Das Ritualisieren selbst aber ist aller Menschen
Drang. Alle sind wir so gestrickt. Die Putzfrau und der Professor, bei dem sie putzt. Serienmörder
studieren ihre Opfer so lange, bis sie deren Rituale kennen. Verstehen. Das Verhalten des Opfers
voraussagen können. Und die Art ihres Vorgehens ist
dabei selbst
wieder ein Ritual. Eine
Visitenkarte, aus dem der Polizeipsychologe das Täterprofil aufbauen kann . So oder so ähnlich
begann Palmstedt damals sein Einstiegsseminar über kriminalistische Ermittlungsarbeit. Damals, als
er noch selbst Ermittler war.
    Beim Frühstück sieht er müde von der fast schlaflosen Nacht seine E-Mails am PC durch. Katja
hat ihn nur verlassen, aber nicht gefeuert. Sie teilt ihm weiterhin seine Personenschutz- und
Überwachungsaufträge zu. Zahlt ihm weiter sein Gehalt. Schließlich ist er noch ihr bester Mann.
Und Katja eine knallharte Unternehmerin. Sie führt den Familienbetrieb nun in zweiter Generation.
Als sie die Dedektei Mersmann von Ihrem Vater übernahm, waren da nur eine Hand voll
Angestellte, die in Kaufhäusern als Hausdedektive arbeiteten oder fremdgehende Ehemänner
aufspürten. Heute bekämpft die ehemalige
Dedektei nicht nur Werksspionage, sie hat als
Sicherheitsfirma auch über 50 Mitarbeiter. Festangestellte und Freiberufler. Die meisten Mitarbeiter
der Mersmann Security GmbH sind damit beschäftigt, Manager und Bosse als Bodyguards zu
begleiten. Unbequem Nachfragende auf Abstand zu halten. Abzuschirmen bei Übereinkünften und
Treffen. Welcher Art diese Treffen sind, interessiert Katja nicht. Solange die Kunden zahlen.
Solange Katja bekommt, was sie will.
    Arka
jault kurz
auf. Palmstedt hat ihren Napf
noch nicht vollgemacht. Er
holt
aus dem
Kühlschrank eine Dose Hundefutter, in der noch ein Rest vom Vortag ist. Der ganze Kühlschrank
riecht nach Hundefutter. Er gibt ihr das Futter, macht sich selbst einen Schuss Cognac in den Kaffee
und sieht der Hündin beim Fressen zu. Als sie fertig ist, schaut sie mit der Zunge übers Maul
leckend zu Palmstedt auf. Er sagt kopfschüttelnd:
„Ich hätte kündigen sollen. Noch am gleichen Tag!“
    Das Tier bellt. Doch es versteht ihn nicht. Bellen ist die Sprache der Hunde. Darin sind sie der Art
ihrer Vorfahren, dem Raubtier Wolf, überlegen, der nur den Mond anheulen kann. Die Nähe zu den
Menschen erforderte wohl ein anderes Verständigungsmittel. Der Hund musste sich identifizieren,
wenn er nicht von der Steinaxt erschlagen werden wollte in der Dunkelheit. Oder wenn er sich auf
der gemeinsamen Jagd zu weit entfernt hatte. Vielleicht ist Bellen auch nur eine Laune der Natur.
    Mittlerweile ist es kurz nach zehn Uhr, Palmstedt öffnet die Rollos. Wochentags sind Bornheims
Cafés um diese
Zeit
schon gut besucht. Doch am Sonntag ist
Bornheim
ein verschlafenes
Frankfurter Stadtteildorf. Es wird ein erster warmer Sommertag werden heute. Palmstedt kann die
Kraft der Sonne durch die Scheibe spüren. Die Straßenlampen verrichten noch ihren Dienst, obwohl
der Vormittag sie längst nicht mehr benötigt. Im E-Werk hat wohl jemand den Schalter vergessen.
Am Haus gegenüber rattert der Rollladen. Die Nachbarin, die ihn am Fenster stehen sieht, weicht
seinem Blick aus. Doch Palmstedt hätte sie ohnehin nicht gegrüßt. An der Rolltreppe zur U4 erkennt
Palmstedt Minzi und eine ihrer Freundinnen . Sie trägt ihren falschen Ozelot, darüber eine violette
Lackregenhaut. Minzi ist alt geworden. Sie sollte ihre Kunden daher
nur noch in der Nacht
bedienen, denkt sich Palmstedt. Ein Taxi hält auf ihrer Höhe. Frühschicht. Oder späte Heimkehr. Ihr
Make-up ist verschmiert.
“Ich hätte kündigen sollen!” wiederholt Palmstedt, bevor er in einem Zug seinen
Kaffeepott leer trinkt und Arkas Leine vom Haken an der Küchentür nimmt.
     
*
     
„Guten Morgen, einmal hin und zurück, bitte!“
    Van de Hoogten löst vor dem Führerhaus der kleinen Fähre eine Karte für zwei Euro fünfzig. Der
Bootsjunge muss gegen die Sonne blinzeln, als er ihm das Wechselgeld zurückgibt. Außer van de
Hoogten ist noch eine kleine Gruppe Radfahrer auf dem Schiff, auf dem gerade mal zwei
Kleinwagen hinter einander Platz hätten, wenn denn Autos transportiert werden dürften. Warum
kleiden sich die Leute nur so
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