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Mehr als fromme Wuensche

Mehr als fromme Wuensche

Titel: Mehr als fromme Wuensche
Autoren: Margot Kaessmann
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Vorwort
    A ls ich gebeten wurde, ein Jahr lang die Samstagskolumne im Niedersachsenteil einer deutschen Tageszeitung zu schreiben, habe ich mich gefragt, ob mir dafür wohl jede Woche etwas Neues einfallen würde. Bald aber wurde klar: Es gibt mehr als genug Themen! Jede Woche bewegen uns Nachrichten aus Welt und Gesellschaft, die uns auch im Glauben herausfordern. Oder Kirche und Glauben bringen durch Rituale und Feste Nachdenkenswertes in die Gesellschaft ein. Themen liegen im Spannungsfeld zwischen „BILD“ und Bibel sozusagen auf der Straße.
    Nun ist es nicht so, dass die Bibel eine Antwort auf alle gesellschaftlichen Fragen hat, und der Glaube weiß nicht in jedem Fall mehr als die Vernunft. Aber vom christlichen Glauben her gilt es, finde ich, sich einzumischen in die Welt. Wir müssen doch immer wieder, Tag für Tag überlegen: Wie sehe ich das als Christ, wie beurteile ich das als Christin? Die Kolumnen wurden so im Laufe der Zeit entweder zu einem Kommentar zum Tagesgeschehen aus christlicher Sicht oder sie haben Menschen im säkularen Umfeld aufmerksam gemacht auf ein Ereignis im Kirchenjahr. Solche Versuche, Glauben und Welt aufeinander zu beziehen, werden leicht als fromme Wünsche abgetan. Ich meine, sie sind mehr als das. Wir können aus einer Glaubenshaltung heraus mitten in der Welt leben, als Bürgerinnen und Bürger, die das Geschehen kritisch begleiten und mitgestalten, die aber auch immer wieder aufmerksammachen auf die Bedeutung von christlichem Glauben in unserem Land.
    Aufgrund einer Erkrankung konnte ich das Kolumnenjahr nicht ganz vollständig werden lassen. Auf den folgenden Seiten finden sich daher neben den in der Zeitung erschienenen Texten Kolumnen, die eigens für das Buch geschrieben wurden. Das Jahr wurde sozusagen aufgefüllt. Zudem wurden aktuelle und lokale Bezüge aus einigen Texten herausgenommen, etliche wurden erweitert, weil die für eine Kolumne notwendige Kürze von 2800 Zeichen in der Buchfassung überschritten werden konnte. An einigen Stellen wurden biblische Zitate oder auch ausführlichere theologische Bezüge an den Text angefügt, um klar zu machen, von welchem Standpunkt her reflektiert wird. Andere Texte blieben für sich stehen, weil der biblische Bezug in der Kolumne selbst klar benannt ist.
    Entstanden sind Texte, die – so hoffe ich – exemplarisch zeigen, wie aktuell christlicher Glaube ist. Sie sollen dazu anregen, die Bibel neben die Zeitung zu legen, den Glauben nicht in eine besondere Ecke zu drängen, nicht auf den Sonntag oder den Notfall zu reduzieren, sondern alltagsrelevant zu verstehen. Als Christinnen und Christen leben wir mitten in der Welt. Wir können das Weltgeschehen, mit dem wir konfrontiert sind, immer wieder aus unseren Grundüberzeugungen heraus bedenken. Oft gibt uns der Glaube Maßstäbe zur Beurteilung. Vor allem aber sind die Bibel, die christliche Tradition und die Rituale des Glaubens Orientierungsmarken in einer oft unübersichtlichen Welt.

    Hannover, im März 2007
    Margot Käßmann

Gewalt an Schulen
    D ie Berliner Rütli-Schule ist auf traurige Weise berühmt geworden. Lehrer, die nicht mehr weiterwissen, eine Schulleiterin, die kapituliert vor den Schülerinnen und Schülern. Dazu kam der Amoklauf in Emsdetten, Drohungen von Amokläufen, die zu Schulschließungen und Polizeieinsätzen führten. Heftig wird seither diskutiert über Gewalt an Schulen. Viele glauben mitreden zu können, denn Schülerinnen und Schüler waren wir alle mal. Und es hagelt nur so Lösungsvorschläge von pädagogischen Maßnahmen bis zur Ausweisung besonders gewalttätiger Schüler aus Deutschland. Fast scheint es, als wären die Schulen in Deutschland Orte der Gewalt in einer ansonsten friedlichen Welt.
    Das ist aber ein Irrtum. Zuallererst wird Gewalt in der Familie erfahren und gelernt. Wie sind denn diese Jugendlichen aufgewachsen, die prügeln und Pornos auf dem Handy verschicken, die keinen Respekt vor Erwachsenen haben und bei alledem ihre eigene Zukunft verspielen?
    In den ersten drei Lebensjahren werden entscheidende Weichen für die Beziehungsfähigkeit gestellt. Da lernen Kinder den Umgang von Menschen miteinander: Zuwendung und Geborgenheit, Rücksichtnahme und Achtung vor dem anderen. Sie lernen Grenzen anzuerkennen und dass ihre eigene Verletzbarkeit eine Bedeutung in der Familie hat. Oder sie lernen es eben nicht und erfahren gar nicht, dass sie eine eigene Würde haben. Ihre Gefühle und Empfindsamkeiten werdenmit Füßen getreten.
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