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Mehr als fromme Wuensche

Mehr als fromme Wuensche

Titel: Mehr als fromme Wuensche
Autoren: Margot Kaessmann
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bewusst 23 Menschen in den Tod schicken wollten. Menschen versagen. Menschen laden Schuld auf sich. Allzu schnelle Beteuerungen von Vergebung werden den Opfern nicht gerecht. Aber es muss auch ein Leben nach der Schuld geben können. Voraussetzung dafür ist wohl wie bei Kain, dass die Schuld gesehen, bekannt wird. Und dann aber sollten wir Wege öffnen, damit Menschen in die Gemeinschaft zurückfinden.
    Für mich ist manchmal bestürzend, wie schnell und hart viele urteilen. Als wären wir nicht alle fehlbar. Auch ich kann versagen, auch du. Und wir tun es doch auch. Wann immer wir nicht wirklich lieben, wo wir angesichts von Elend schweigen, wenn wir schlecht über andere reden, versagen wir am Liebesgebot Gottes. Ich weiß, dass Vergeben schwer ist. Und es ist manches Mal allzu leicht für nicht Betroffene, andere zur Vergebung aufzurufen. Am wichtigsten ist wohl, dass wir uns bewusst sind: Niemand von uns lebt ohne Schuld. Wir alle leben davon, dass uns von Gott vergeben wird und wir auch unseren Schuldigern vergeben können.

Gnade vor Recht?
    U lrike Mohnhaupt und Christian Klar sind die beiden letzten RAF-Terroristen, die knapp dreißig Jahre nach dem heißen Herbst 1977 noch im Gefängnis sitzen. Ulrike Mohnhaupt wurde der Rest ihrer Strafe nun zur Bewährung erlassen. Darf der Bundespräsident Christian Klar begnadigen?
    Das Thema ist offensichtlich hochemotional besetzt. Zunächst halte ich es für richtig, das jeder Schritt einer möglichen Begnadigung rechtlich genau abgewogen wird. Ich bin froh und dankbar, in einem Land zu leben, in dem es weder Selbstjustiz gibt noch öffentliche Schauprozesse unter medialem Druck oder die Todesstrafe. Unsere Justiz will ja nicht zuallererst Rache, sondern Strafe und Rehabilitation.
    Zum anderen ist wichtig, dass die Geschichten der Opfer gehört werden. Viel zu oft stehen Person und Situation der Täter im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, nicht aber die Opfer und ihre Geschichten. Versöhnung ist ein Prozess, der beide einbeziehen muss. Ich finde es einfach nur nachvollziehbar, dass etwa Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwaltes, endlich erfahren will, wie der Mord an seinem Vater geschah. Da gibt es einen Anspruch auf Wahrheit und Aufklärung.
    Bei den Tätern ist die Frage, ob sie die Größe haben, sich zu ihrer Schuld zu bekennen. Reue zu zeigen wäre ein Akt innerer Freiheit. Denn damit würden sie ja eingestehen, dass sie nicht nur das Leben anderer, sondern auch das eigene zerstörthaben, weil sie verführbar waren für eine Ideologie. Das muss bitter sein, ist aber notwendig, wenn es überhaupt Wege in die Zukunft geben soll.
    Aus christlicher Perspektive ist Vergebung ein hohes Gut. Gnade bindet sich nicht an das, was Menschen tun, Gottes Gnade schon gar nicht. Aber wir können Angehörigen von Opfern eine Haltung der Gnade und Vergebung nicht auferlegen. Das muss aus innerer Überzeugung geschehen und ich habe Verständnis, wenn manche das nicht können. Versöhnung ist ein sensibler Prozess, bei dem sich alle bewegen und manches Mal über Grenzen gehen müssen.
    Die Geschichte der RAF ist in der Bundesrepublik noch lange nicht aufgearbeitet, das zeigen die jetzigen Debatten. Wir haben als Staat diese Art des Terrorismus überwunden, dafür können wir dankbar sein. Heute müssen wir doch mit ganz anderen Bedrohungen umgehen. Terror aber will immer eine freie Gesellschaft angreifen. Dagegen gilt es einzutreten, in den 70er Jahren wie heute. Es muss klar sein: Gewalt ist kein Weg, gesellschaftliche Konflikte zu lösen. Als Christinnen und Christen plädieren wir daher nicht nur für Versöhnung, sondern auch für eine klare Option der Gewaltfreiheit.

    Die Bibelzitate folgen der Übersetzung Martin Luthers und der Einheitsübersetzung des Alten und Neuen Testaments. Die Liedverse finden sich im Evangelischen Gesangbuch.

Das Buch
    Das Buch

    Fußballfest und „Entlassungsproduktivität“, Krankheit, Krieg in der Welt und Sommersegen: Das Leben und die Welt sind voller schwieriger und schöner Dinge. Und mehr als fromme Wünsche hat die bekannteste Bischöfin Deutschlands, Margot Käßmann, für die Welt und für das Leben. „Margot Käßmann ist kristallklar in dem, was sie glaubt, denkt und sagt. Ein ‚Ich weiß nicht‘ gibt es bei ihr nie, dafür immer aber eine Position“ (Radio Bremen). Es geht uns etwas an, was passiert – das Leben stellt Fragen, die Welt beginnt vor der Haustür. Wer muss sich kümmern, damit Kinder
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