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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)
Autoren: Karin Richner
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Prolog
    Seine Verfolger waren dicht hinter ihm. Rufe und Befehle drangen durch die Nacht, Hunde bellten und knurrten. Wenn Andri sich im Laufen umsah, konnte er die Fackeln zwischen den Bäumen hindurch schimmern sehen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Männer ihn eingeholt hatten.
    Er musste es schaffen, dachte der Junge und lief keuchend weiter. Der Turm war so nah, und er war noch viel zu jung zum Sterben, kaum dreizehn Jahre alt…
    Einer der Hunde hatte sich aus dem Feld der Verfolger gelöst und jagte immer schneller über den Waldboden. Andri konnte bereits sein Hecheln hören, das Trommeln der Pfoten. Mit letzter Kraft rannte er auf die Lichtung zu. Gleich dort vorne musste sie sein, wenn er sich in der Dunkelheit nicht verirrt hatte. Andri sprang über umgestürzte Bäume, wich Büschen und Tümpeln aus, bemerkte kaum, wie ein Ast ihm ins Gesicht peitschte und ihm die Haut an der Wange aufriss. Sein einziger Gedanke galt dem Turm. Er wusste, wie er aussah, wusste, was dort geschehen konnte, doch er wusste nicht, ob es bei ihm funktionieren würde.
    Wenn nicht, war er verloren.
    Erleichterung durchströmte den Jungen, als er den Turm endlich vor sich erblickte. Auf jeder seiner vier Seiten befand sich ein Tor, so dass man durch ihn hindurchsehen konnte. Andri lief auf das Bauwerk zu, zögerte eine Sekunde lang, drehte sich um…
    In diesem Moment hatten seine Verfolger ebenfalls die Lichtung erreicht. Einer der Männer brüllte etwas, die Hunde schossen vorwärts, und Andri wand sich wieder dem Turm zu, doch er war zu langsam. Ein Messer sauste durch die Luft, verfehlte sein Herz und drang ihm dafür tief in die Schulter. Andri stöhnte auf. Er taumelte, klammerte sich am steinernen Turm fest, stolperte durch das Tor…
    Im nächsten Augenblick waren die Männer und die Hunde hinter ihm verschwunden, als hätte der Wald sie weggeschluckt. Immer wieder schaute Andri sich um, doch es gab keinen Zweifel, auch wenn die Gegend um ihn herum noch immer genau so aussah wie zuvor: Er war auf der anderen Seite , und seine Verfolger konnten nicht hierher gelangen.
    Zitternd sank er auf den Boden. Noch immer steckte das Messer in seiner Schulter, und Andri fühlte, wie er langsam das Bewusstsein verlor. Seine Gedanken verwirrten sich. Er kam sich vor wie im Traum…
    Andri dachte daran, was er hier zu finden hoffte, dachte an die Stadt Arcanastra und an ihre Bibliothek, den Aufbewahrungsort der verborgenen Bücher. Er war wohl weiter gereist als je ein Mensch zuvor auf der Suche nach diesem sagenumwobenen Ort voller Geheimnisse, voller fantastischer Dinge.
    Als schwarze Flecken vor seinen Augen zu tanzen begannen und die Ohnmacht ihn umhüllte, war sein letzter Gedanke, dass er einen Weg finden würde, die Stadt zu betreten. Er würde einer der ihren werden. Er würde selbst ein Hüter der verborgenen Bücher sein.

Das Familiengeheimnis
    Zunächst sah es so aus, als würde dieser Samstag ein ganz normaler Tag werden. Die Sonne war gerade aufgegangen und tauchte Häuser und Gärten in goldenes Licht, eine Amsel zog sich zum Frühstück einen Wurm aus der Erde, und die Straßen lagen friedlich und verlassen da. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Tag für ein Mädchen namens Emily besonders außergewöhnlich werden würde.
    Geweckt wurde sie sehr unsanft. Ihre Katze stieß frühmorgens die Zimmertür auf, sprang erst mitten auf ihr Gesicht, setzte sich dort gemütlich hin und pustete ihr schnurrend in die Ohren.
    „Amethyst“, protestierte Emily, „das kitzelt!“
    Das war Amethyst - Spitzname Amy - egal. Sie rührte sich nicht vom Fleck und schnurrte absichtlich noch ein bisschen lauter. Verschlafen kraulte Emily ihren weichen Rücken. Schließlich schob sie die Katze neben sich aufs Kopfkissen. Einige Minuten lang blieb sie noch liegen, dann stand sie auf.
    „Eigentlich müsste ich ausschlafen und mich von der Schule erholen“, sagte sie vorwurfsvoll. Amy schaute Emily aus zusammengekniffenen lilafarbenen Augen an. Fast ein wenig spöttisch. Manchmal war Emily sicher, dass sie jedes Wort verstand.
    Eine Weile suchte sie nach einem Paar frischer Socken, dann gab sie es auf und ging barfuß und im Schlafanzug die Treppe hinunter in die Küche. Ihr Vater stand am Herd und hantierte mit einer riesigen Bratpfanne herum.
    „Oh, guten Morgen, bist du schon wach?“, wunderte er sich.
    „Amy hat mich geweckt“, erklärte Emily und rutschte gähnend auf die Bank hinter dem Esstisch.
    „Wirklich? Dabei habe ich
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