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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe
Autoren: Denise Deegan
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1 Der Rockstar
    Okay. Es ist also 15 Uhr 40. Alle haben nur eins im Kopf: nach Hause gehen. In zehn Minuten. Nein, in neun. Vor der Klasse steht Ms Kelly (stellt euch einen Spatzen vor), wippt auf den Fußballen und wartet darauf, dass jemand die Frage beantwortet, die sie gerade gestellt hat.
    » Was ist ein Freund? Oder eine Freundin?«
    Wir sind sechzehn. Man sollte meinen, dass wir inzwischen wissen, was ein Freund ist oder eine Freundin. Niemand wird eine so lahme Frage beantworten. Ich lasse den Blick über die Klasse schweifen. Müde und gelangweilt beschreibt alle hier ziemlich gut. Mich eingeschlossen. Aber dann eine Stimme. Es ist Sarah, eine meiner Freundinnen, die so was von gar nichts am Hut hat mit diesem gefühlsduseligen Zeug.
    » Eine Freundin«, sagt sie und sieht Rachel neben sich bedeutungsvoll an, » ist jemand, der SMS beantwortet.«
    Oh, aha.
    » Ja, Sarah. Sehr gut«, sagt die Fußballenwippe fröhlich, ohne dass sie die Anspielung versteht. » Jemand, der Textnachrichten beantwortet.« Sie sieht sich um. » Sonst noch jemand?«
    Mark Delaney hebt die Hand. Es kommt Leben in die Klasse. Delaney tut so, als würde er am Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom leiden, also muss er nicht mitarbeiten. Dass er tatsächlich aufgepasst hat, ist total neu.
    » Eine Freundin«, sagt er, » rastet nicht aus, wenn man sie darauf hinweist, dass ihre künstliche Bräune nicht gleichmäßig verteilt ist.« Das gilt Orla Tempany.
    Die sofort zurückgiftet. » Ein Freund würde so etwas nicht vor der ganzen Klasse sagen.«
    Und plötzlich ist es egal, dass die Freiheit in ein paar Minuten auf uns wartet.
    » Ein Freund zahlt zurück, was er sich leiht«, sagt Peter Sweetnam zu Simon Kelleher.
    » Ein Freund lässt einen nicht allein auf der Tanzfläche stehen.« (Amy Gilmore)
    » Okay, okay«, sagt die Fußballenwippe und hebt beschwichtigend die Hände. » Ein paar sehr gute Beispiele für gegenseitigen Respekt, und Respekt ist ein wichtiger Teil von Freundschaft.« Sanft legt sie die Handflächen aneinander, wie eine Nonne. » Aber ich meine etwas anderes, einen anderen wesentlichen Teil von Freundschaft.«
    Sie ist wie Buzz Lightyear, der dachte, er sei ein Superheld, dabei war er nur ein Spielzeug. Sie denkt, sie versteht uns. Da liegt sie total falsch. Wenn sie sich nicht eingemischt hätte, dann hätten wir zur Abwechslung vielleicht mal eine anständige Diskussion am Laufen gehabt. Ich schaue auf die Uhr. Noch vier Minuten. Wenn alle den Mund halten, lässt sie uns vielleicht einfach gehen.
    » Ein Freund ist jemand, der zuhört«, sagt David McFadden auf seine übliche lässige Art. Ich werfe ihm einen Blick zu, als wäre er ein totaler Loser, denn wenn es jemanden gibt, der mir auf die Nerven geht, dann ist es David McFadden. Er lächelt bloß und schlägt seine Bücher zu. Und da kapiere ich es: Er hat die Frage nur beantwortet, um die Stunde zu beenden.
    Es hat geklappt.
    » Also gut, Leute.« (Ich wünschte, sie würde uns nicht so nennen.) » Vergesst nicht. Morgen fängt der Segelkurs an. Nicht dass ihr morgen um neun hier auftaucht. Er findet unten am Jachtklub statt.«
    Das Klassenzimmer beginnt sich zu leeren. Rachel und Sarah kommen wie immer an meinen Tisch. Sie schweben mehr, als dass sie gehen, fließende Bewegungen, perfekte Körperhaltung. Reif für den Catwalk. Rachel ist eine Mischung aus Pocahontas (die Haare) und Anne Hathaway (das Gesicht). Sarah ist mehr Paris Hilton (aber gut aussehend).
    » Ich habe deine SMS nicht bekommen«, sagt Rachel gerade. » Das hab ich dir schon gesagt.«
    » Bei mir stand Gesendet .«
    » Kann sein, aber ich habe sie nicht gekriegt.«
    » Los, gehen wir«, sage ich und setze mich in Bewegung.
    Immer noch streitend, folgen sie mir.
    » Es geht mir nur ums Prinzip.« (Sarah)
    » Okay, aber das war unnötig. Ich beantworte fast alle deine SMS .«
    » Fast alle. Aber nicht alle.«
    » Ein paar, liebe Sarah, verlangen keine Antwort«, sagt Rachel.
    Gut 70 Prozent meiner Meinung nach. Es wundert mich, dass Sarah kein RSI -Syndrom hat. Fairerweise muss man sagen, dass eigentlich ich unter Beschuss stehen müsste. Ich antworte nur auf direkte Fragen von Sarah – was so 30 Prozent ihrer SMS sein dürften. Rachel ist viel höflicher. Sie macht sich richtig Arbeit. Obwohl sie in letzter Zeit ein bisschen nachgelassen hat. Deswegen reagiert Sarah wahrscheinlich so empfindlich. Sie fürchtet, dass sie bald keinen mehr hat zum Simsen.
    » Ist doch egal«, sage ich und
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