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Die Spiele des Computer-Killers

Die Spiele des Computer-Killers

Titel: Die Spiele des Computer-Killers
Autoren: Denise Danks
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in der realen Welt. Es war allzu spannend für ein hingerissenes Kind, sich eine Geschichte über grausame Wölfe vorlesen zu lassen — vom grausamsten Wolf von allen. Hüte dich vor dem, was du dir wünschst, wie Mama sagte. Sag die ganze Sache ab. Das wäre das beste. Sag die groteske Sache einfach ab.
     

 Julie Wentworth sagte, sie werde in der hinteren Bar sein, und sie werde eine blaue Jeansjacke und einen schwarzen Strohhut tragen. Den Hut hatte sie sich bis über die mausbraunen Augenbrauen heruntergezogen, und im Licht der Wandlampen hinter ihr sah die große, aufgeklappte, sichelförmige Krempe aus wie ein verfinsterter Mond. Sie las die Abendzeitung.
    »Julie Wentworth?«
    Sie drehte sich um. Ihr sonnengebräuntes Gesicht war ohne Make-up bis auf einen Hauch von durchscheinendem Gloss auf ihren fleischigen Lippen und einen Tupfer Mascara auf den kurzen, spärlichen Wimpern. Sie hatte gute Knochen, volle Wangen, ein kraftvolles Kinn und kleine, dunkelbraune Augen, die tief und ziemlich nah beieinander lagen. Sie wirkte hart, hell, intelligent; jedenfalls sah sie mich lange an, ehe sie ihre Zeitung zusammenfaltete und ordentlich neben ihr Glas legte. »Georgina Powers?«
    »Ja.«
    Sie hob ihre kleine, elegante Hand und legte sie fest in Weine, und dann umschloß sie beide mit der anderen. »Ich bin sehr erfreut, Sie kennenzulernen.«
    Ich wollte meine Hand zurückziehen, aber sie war noch nicht fertig. Sie hielt mich fest, bis ich neben ihr Platz genommen hatte.
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich bin, daß Sie Ihre Zeit für mich erübrigen.«
    Das weich gerollte »r« offenbarte einen schottischen Akzent unter dem südenglischen Tonfall. Ich schob meine Sonnenbrille auf dem Nasenrücken hoch, so daß sie fest und sicher vor meinen Augen saß.
    »Nun, wenn es eine Story ist, bin ich Ihnen auch dankbar«, sagte ich und tippte dann auf die dunklen Gläser vor meinen Augen. »Entschuldigen Sie die Brille. Lichtempfindlichkeit.«
    Sie schob mir ein Glas vom weißen Hauswein herüber und hob ihr eigenes an den Mund. Ich bot ihr eine Zigarette an, aber sie schüttelte den Kopf. Ich nahm eine. Sie starrte mich an, während ich meine routinemäßige Handlung vollzog. Ich fragte sie nicht, ob sie etwas dagegen hatte.
    »Nun«, sagte ich schließlich und blies eine neue Rauchwolke über unsere Köpfe. »Was haben Sie für mich?«
    Sie holte eine 3,5-Zoll-Diskette aus der Handtasche. »Ich habe das hier.«
    »Was ist das?«
    »Pornographie. Wie das Zeug, von dem Sie geschrieben haben. Der Dreck, den diese Kids sich aus den öffentlichen Computer-Mailboxen überspielt haben.«
    So interessant war das nun nicht, wenn sie mir nicht die Quelle nennen konnte. Die Story war erledigt. Es gab eine Menge davon. »Haben Sie das Material aus einer der Mailboxen?«
    Sie deutete auf sich, und ihre Augen weiteten sich in gespielter Unschuld. »Moi?«
    »Wer denn?«
    »Mein Mann. Es ist sein verfluchtes Problem, nicht meins.«
    »Wie kommen Sie dann daran?«
    »Ich hab’s gefunden, als ich...«
    »...in seinen Sachen stöberte?«
    Die funkelnden Haselmausaugen bedachten mich mit einem scharfen Blick, und ich schnippte Asche in den Aschenbecher. Es wurde Zeit, zur Sache zu kommen. »Produziert er es?«
    »Ich bin nicht sicher.«
    »Na, ist er ein VIP oder was?«
    Sie machte ein verwirrtes Gesicht, aber ich wollte meine Zeit nicht vergeuden. »Hören Sie, ich weiß nicht, was für eine Beziehung Sie haben, und um ehrlich zu sein, Julie, es ist mir egal. Es ist keine so große Sache, daß ein Allerweltstyp auf Pornos abfährt - jedenfalls nicht, soweit es die Zeitungen angeht, für die ich arbeite. Es ist natürlich doch eine, wenn er das Zeug produziert oder wenn er eine Very Important Person ist.«
    »Ach so.«
    »Und — ist er’s?«
    Keine Antwort.
    »Hören Sie, seien Sie nicht enttäuscht. Letzte Woche hatten wir Computerkids, die Mainstream-Zeug in die Finger kriegten, indem sie eine Nummer wählten. Diese Woche müssen wir was Neues machen.«
    Sie schob mir die Diskette über die hölzerne Tischplatte herüber. »Vielleicht sollten Sie es sich mal selber ansehen.«
    Sie schaute mir wieder geradewegs ins Gesicht, ohne sich von den dunklen Brillengläsern, die meine Augen abschirmten, abschrecken zu lassen. Ich wußte nicht, was sie sehen wollte. Wenn sie wollte, daß ich ihre Empörung teilte, würde sie enttäuscht sein. Ich war nicht die richtige für Empörung, und ohnedies glaubte ich nicht, daß sie mich
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