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Die Spiele des Computer-Killers

Die Spiele des Computer-Killers

Titel: Die Spiele des Computer-Killers
Autoren: Denise Danks
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  Richard Munroe zielte mit einem spatenförmigen, abgekauten Finger auf den staubigen Computerbildschirm.
    »Na, weiter, da ist es.«
    »Wo?« fragte ich.
    »Unter >Bumsen<. Da.«
    Ich tippte auf der Tastatur, und auf dem Monitor erschien der Titel des Stücks — »Bumsen — oh, was für ein Spaß« — in einer einfachen Maschinentype weiß auf Schwarz. Ich stöhnte auf, und Richard lachte, wie er jedesmal gelacht haben mußte, wenn er das verdammte Ding sah. Zwei nebelhafte Gestalten machten sich in der Horizontalen an die Arbeit und vollführten zwei Bewegungen: rein und raus. Richard lachte wieder, und ich würgte das Programm ab.
    Ich ließ mich auf meinem Stuhl zurücksinken — besser gesagt, auf Richards schiefem Schreibtischsessel — und stemmte mich von seinem ordentlichen, aber überladenen Schreibtisch eines Nachrichtenredakteurs in der betriebsamen Redaktion der Technology Week in Soho zurück. Auch ich hatte dort einmal einen heruntergekommenen Schreibtisch mit Sessel gehabt. Jetzt arbeitete ich für mich selbst, und die Möbel gehörten mir.
    »Kids sollten so was nicht in die Finger kriegen«, sagte ich.
    »Fünfzehnjährige Kids?«
    »Nein, elfjährige Kids, achtjährige Kids, Kids.«
    »Ich wußte gar nicht, daß du dich für Kinder interessierst.«
    »Daraus, daß ich keine habe, folgt noch lange nicht, daß es mir egal ist, was aus ihnen wird.«
    »Oh, George. Der Mutterinstinkt. Du hast ihn doch. Sehr ermutigend.«
    Ich nahm die schmutzige Diskette aus dem Laufwerk. »Ganz und gar nicht«, sagte ich. »Es ist bloß so, daß ich mit den kleinen Miststücken leben muß, wenn sie groß sind. Verstehst du?«
    Richard schüttelte die Hand, als hätte er sich verbrannt, und lachte wieder. Er schaute auf die Uhr. »Kommst du in der Mittagspause mit, was trinken?«
    »Sorry, ich muß zu ‘ner Pressekonferenz.«
    Er runzelte die Stirn. »Zu welcher? Haben wir da was auf der Pfanne?«
    »IPEX«, sagte ich und bemühte mich, es vage klingen zu lassen. Richard fiel nicht darauf rein. Er überflog seinen Tischkalender und fuhr mit dem Finger auf der Seite herunter. Als Nachrichtenredakteur wäre er dafür zuständig gewesen, die Jobs zu verteilen. Früher, als ich noch dort gearbeitet hatte, war der Chef es gewesen, Max Winter. Richard war gemütlicher. Damals war mehr Angst im Spiel gewesen, aber das war lange her, und Max und ich hatten eine Einigung gefunden. Wir sprachen nicht mehr miteinander, außer wenn es unbedingt sein mußte.
    »Ach ja. Bildverarbeitung. Diane Shine macht die Messe. Da wird sie für die Pressekonferenz keine Zeit haben. Hör mal, da könnte es was Interessantes geben...«
    Das Telefon auf seinem Schreibtisch unterbrach ihn; es trillerte unter irgendwelchen Pressemitteilungen hervor. Richard schaufelte sie zur Seite, klemmte sich den Hörer zwischen Kinn und Schulter und bedeutete mir mit erhobener Hand, noch zu warten. Ich wandte mich zur Tür, so daß er mich am Arm festhalten mußte. Er drückte auf den Stummschaltknopf an seinem Telefon.
    »Das ist Julie Wentworth. Ich hab’ vergessen, es dir zu erzählen. Sie hat schon zweimal angerufen«, flüsterte er, als ob sie ihn hören könnte.
    Ich zuckte die Achseln. Ich kannte den Namen nicht.
    »Nimmst du es an?«
    Ich sah auf die Uhr und setzte mich in Bewegung. »Laß dir sagen, was sie will«, sagte ich. »Ich komme zu spät.«
    »Sie sagt, es geht um dein Computerporno-Stück.«
    »Wiiiedersehen! «
    »Nimm mit, was du kriegst...«
    Er rief mir noch nach, aber ich war schon draußen. Ich wollte für diesen Tag keine Versprechungen abgeben. Ich mußte mich mit jemandem treffen und nachher mit ihm irgendwo hingehen. Ich wollte an diesem Nachmittag nicht arbeiten. Jedenfalls nicht für Richard.
    Ich wußte, es war ein Fehler gewesen. Naja, zumindest wußte ich es jetzt. Zwei Monate war es her, und ich konnte immer noch nicht fassen, daß ich es getan hatte. Es war unglaublich. Ich hatte ein oder zwei Glas getrunken. Ich war ein bißchen lockerer geworden, ja aber nicht so, daß ich es nicht mehr im Griff gehabt hätte. Aber ich hatte es getan. Ich hatte es mit einem Interviewpartner getrieben, zum ersten Mal in meiner zehnjährigen Laufbahn als Journalistin. Gleich an Ort und Stelle, in einem pastellfarbenen Hotelzimmer im zwanzigsten Stock eines monumentalen Glasturms, um drei Uhr nachmittags.
    Wir trieben es mit Blick auf den Hudson River, und der heiße Wind, der von den schwülen New Yorker Straßen heraufgesogen wurde,
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