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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
Autoren: Anne Bishop
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vollschlägst, und dann einfach -«
    »Wie du schon sagst, habe ich dich zum Abendessen eingeladen.« Ich beugte mich vor und sah ihn mit großen, ernsten Augen an. »Ich wollte dich kennen lernen. Du hast einen gewissen Ruf bei den Ladys. Ja, ein Mädchen ist nach einer Nacht mit dir sogar völlig sprachlos gewesen. Wundert es dich da, dass ich dich treffen wollte?«
    »Da ich meine Pläne für den heutigen Abend extra geändert habe, um herzukommen, habe ich etwas mehr als bloß ein Essen erwartet.«
    Natürlich hatte er das. Und er würde auch mehr als ein Essen bekommen. Nur eben nicht das, was ihm eigentlich vorschwebte.
    Als er mir endlich glaubte, dass ich nirgends mit ihm hingehen würde, fing er an, unverschämt zu werden, also schnitt ich ihm das Wort ab. Ich hätte ihm liebend gerne noch so einiges anderes abgeschnitten, doch ich hielt mich zurück. »Da ich dich eingeladen habe, ist es mir ein Privileg, mich für deine Gesellschaft und Konversation erkenntlich zu erweisen und die Rechnung für das Mahl zu begleichen. Abgesehen davon habe ich dir bereits gesagt, dass dies eine Vergnügungsreise ist, und ich halte Geschäft und Vergnügen streng voneinander getrennt.«

    Er unternahm einen letzten Versuch, doch noch das zu bekommen, weswegen er hier erschienen war. Mit einem Blick auf meinen Mund regte er an, die Sitzgruppe sei abgeschieden genug, als dass ich ihm einen kleinen Trost spenden könnte. An jedem anderen Abend hätte er sich aufgrund dieser Worte allein ein Messer in die Magengrube verdient, doch heute lehnte ich einfach nur ab. Er murmelte etwas in der Richtung, mir sei wohl mein Ruf zu Kopf gestiegen, wenn ich meinte, ich könne die Zeit eines Kriegers so vergeuden und mich seinen Wünschen nicht fügen. Dann begab er sich auf die Suche nach einem Haus des Roten Mondes mit willfährigeren Mädchen.
    Als ich mir sicher war, dass er fort war, glitt ich aus der Sitzecke, nahm die Blume aus dem Topf, steckte sie in mein Wasserglas und ließ mich erneut in der Sitzgruppe nieder. In der Wartezeit rief ich einen Federhalter und mein zweites schwarzes Büchlein herbei und notierte sorgfältig, was ich getan hatte. Da sich die Zutaten beinahe überall im Reich Terreille finden ließen, sollte dies ein weiteres meiner kleinen Todesrezepte werden.
    Ich ließ das Büchlein in dem Moment verschwinden, als der Inhaber des Restaurants sich mir näherte, in jeder Hand einen Kognakschwenker mit Brandy. Er stellte ein Glas vor mir ab, bevor er sich nervös in die Sitzgruppe gleiten ließ.
    So war es immer. Vorher ist meine Kundschaft erpicht darauf, dass das Werk vollbracht wird, und man behandelt mich mit der Hochachtung, die mein Können verlangt. Nachher … nachher fragen sie sich immer, ob nicht eines Tages sie selbst die Zielscheibe sein könnten.
    Ich strich über die Blütenblätter des Hexenbluts und wartete.
    »Ist es erledigt?« Seine Stimme zitterte ein wenig.
    »Es ist erledigt.« Ich strich weiter über die Blütenblätter. »In der Legende heißt es, wenn Hexenblut erst einmal angepflanzt ist, lasse es sich nicht mehr ausrotten, weil seine Wurzeln so weit in die Tiefe wachsen, dass sie ihre Nahrung aus dem Dunklen Reich beziehen.«

    »Eine Pflanze aus der Hölle?« Er schluckte den Brandy. »Ich will hier keine Geister oder Dämonen.«
    Natürlich nicht. »Wie geht es deiner Tochter?«
    »Unverändert«, sagte er und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Immerzu unverändert seit jenem … seit er...«
    »Wie alt ist sie?«
    Das Reden kostete ihn Mühe, und seine Lippen bebten. »Noch ein Kind«, erwiderte er schließlich in gebrochenem Flüsterton. »Noch ein Kind, aus dem erst langsam eine Frau werden wird.«
    Ja. Ich war zwölf, als ich zum ersten Mal auf den Rücken geworfen worden war, doch der Mann hatte nur die Kraft besessen, mir meine Jungfräulichkeit zu rauben. Als er fertig war, verfügte ich immer noch über meine Kunst; ich trug immer noch Grün, mein Geburtsjuwel. Als ich mich von dem blutverschmierten Bett erhob, war ich immer noch eine Hexe, nicht bloß eine gebrochene Angehörige des Blutes. Seitdem zahle ich es Männern mit gleicher Münze heim.
    Der Besitzer schob mir eine sorgfältig gefaltete Serviette über den Tisch zu. Ich hob eine Ecke an und zählte rasch die Goldstücke. Als Hure, selbst bei meinen Stundensätzen, würde es beinahe einen ganzen Monat dauern, um so viel zu verdienen. Als erstklassige Kopfgeldjägerin stellte es im Vergleich zu meinem
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