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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
Autoren: Ingrid Müller
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dreckiger Italiener mit seinen Fingern angefasst.“ „Das hast Du erfunden, oder?“ fragte Kurti ungläubig.
    Ich zuckte die Achseln.
    „Mir hat´s gereicht. Von da ab habe ich mich nicht mehr um ihn gekümmert und mir seinen Zorn zugezogen. Wenn man so etwas erlebt hat, ahnt man, was in Hirnen vor sich geht, die falsch gepolt sind.
    „Erschreckend, dass manche Menschen unfähig sind einzusehen, welche Schuld die Deutschen auf sich geladen haben,“ meinte Kurti nachdenklich.
    „Die Deutschen“? fragte ich angriffslustig.
    „Du meinst doch wohl die deutschen Männer? Die Frauen hatten nichts zu sagen. Sie wurden von Hitler zu Müttern gemacht. Ich meine das nicht per Manneskraft. Sie durften in diesem unsäglichen Krieg die Wunden pflegen, ihren tapferen Helden Mut zusprechen und anschließend die Kriegsheimkehrer mit der verkorksten Psyche wieder aufrichten. Sie durften sich aus den Trümmern eine kleine Existenz aufbauen, die dann anschließend von den Männern übernommen wurden, die meinten, sie seien die Ernährer der Familie. Und nun dürfen sie sich auch noch mit einbezogen fühlen, wenn die Politiker ihr „mea-culpa-Gerufe“ praktizieren.“
    „Na, Du bis ja in Rage,“ sagte Kurti belustigt, „auch Männer haben im Krieg gelitten.“
    „Ich meine ja auch nicht alle Männer. Ich meine die Verantwortlichen. Aber das waren nun mal Männer“.
    „Du meinst, Du kannst das auseinander dividieren: die Bösen, das sind die Männer, die haben Juden umgebracht, und die guten Frauen nicht?“
    Kurti versuchte mich zu provozieren, ihm gefiel meine Aggressivität.
    „Das Auseinanderdividieren hat doch längst stattgefunden“, sagte ich.
    „Jude sein, ist in erster Linie ein religiöses Thema. Es gibt in Deutschland Deutsche christlichen Glaubens, Deutsche jüdischen Glaubens, deutsche Buddhisten, Moslems, was weiß ich. Wenn also die Verbrechen im Namen aller Deutschen begangen wurden, dann auch im Namen der Deutschen jüdischen Glaubens. Die tun aber so , als ob sie nicht dazu gehört hätten.“
    „Das kannst Du so nicht sehen!“ rief Kurti entsetzt. “Die Juden waren schließlich die, die abgeschlachtet wurden.“
    „Richtig“, ich nickte. „Juden waren die Hauptleidtragenden. Und niemand hat sein Leben riskiert, sich auf den Marktplatz gestellt und die Verbrechen angeprangert, auch kein Deutscher jüdischen Glaubens. Kein deutscher Jude hat Einspruch erhoben, als geistig Behinderte oder solche, die dazu gemacht wurden, „abgeschlachtet“ wurden, wie Du das nennst. Es geht doch nicht darum, welcher Personenkreis zu Hitlers bevorzugten Opfern gemacht wurde, es geht um das Verbrechen als solches. Und da waren auch deutsche Juden gefordert.“
    Unsere Alkoholstimmung war verflogen. Noch nie hatten wir eine so heftige politische Diskussion geführt. Von da an vermieden wir jedes politische Thema, und manchmal fing ich einen Blick von Kurti auf, der mir sagte, dass ich ihm unheimlich war.
     
    Eine Woche war vergangen, und langsam fingen wir an, uns zu langweilen, was ja bekanntlich der Beginn der Erholung ist. Wir planten, uns ein Auto zu mieten, um die Insel zu erforschen, und fanden dabei Gleichgesinnte auf der Hotelterrasse. Die nächsten drei Tage waren wir auf Tour und abends zu müde für häppi däppi beim Sangria. Am vierten Abend sah man uns wieder um einen Platz in unserem Stammlokal kämpfen. Die Stimmung war bestens. Eine Gruppe junger Leute hatte mehrere Tische zusammen geschoben und schunkelte ausgelassen. Eine hübsche braungebrannte Blondine mit äußerst enganliegendem Strandoutfit begann plötzlich einen Sitzboogie und sang dazu
    „ Oh, Baby, Baby, balla, balla“.
    Alle lachten und die Kapelle griff die Melodie sofort auf. Ich blickte zu den jungen Leuten herüber, und in diesem Moment sah ich IHN. Er bahnte sich einen Weg zum Ausgang, sah lachend auf die aufgedrehte Blondine und dann auf mich. Er machte eine leichte Verbeugung, und ich starrte ihn bewegungsunfähig an. Das war er! Der Prinz auf den ich gewartet hatte. Groß, breitschultrig, spöttische graue Augen, kantiges Kinn mit Grübchen.
    „Ich muss zu ihm“, dachte ich hilflos. Und dann war er weg.
    „Hey, Du,“ Kurti faßte mich am Knie und schüttelte es. „Ich spreche die ganze Zeit mit Dir.“ Ich lachte etwas schrill.
    „Entschuldige. Ich hatte eine Fata Morgana. Macht wohl der Alkohol“.
    „Hast Du weiße Mäuse gesehen?“
    „Nein, schlimmer. Große breitschultrige Prinzen.“
    Ich pfiff mich zurück: Du
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