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Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Titel: Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
Autoren: Sarra Manning
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    »Wir müssen reden«, sagte Michael Lee mit ernster Stimme zu mir, gerade als ich auf dem St.-Judes-Flohmarkt einen Schritt zurück aus der improvisierten Umkleidekabine trat, einem Räumchen aus vier quadratisch angeordneten Ständern mit Gardinen daran und einem blinden Spiegel, in dem ich mich gerade ausgiebig selbst bewunderte.
    Ich starrte sein Spiegelbild an und sagte gar nichts. Ich meine, immerhin war er Michael Lee! MICHAEL LEE!
    Oh, Michael Lee. Wo soll ich anfangen? Alle Jungs wollten sein wie er. Alle Mädchen wollten ihn haben. Er war der Star der Schule, der Bühne und des Spielfelds. Klug genug, um sich auch mit den Strebern gut zu verstehen, Kapitän des Fußballteams, sodass die Sportskanonen sich vor ihm verneigten, und seine Pseudo-Irokesen-Frisur und die sorgfältig abgewetzten Converse-Turnschuhe machten ihn auch noch für die Indie-Fraktion attraktiv. Und als wäre das nicht schon genug, war sein Vater auch noch Chinese und hatte ihm dieses umwerfend exotisch-eurasische Aussehen vererbt; auf der Mädchentoilette im zweiten Stock der Schule hatte irgendjemand seinen Wangenknochen sogar eine ganze Ode gewidmet.
    Doch wenn jemand so beliebt war und sich wirklich mit absolutjedem dermaßen gut verstand, konnte er für mich einfach keinen Charakter haben. Ich hielt Michael Lee, gerade weil er so unfassbar beliebt war, für die langweiligste Person auf der ganzen Schule. Und dazu gehörte schon einiges, denn unsere Schule platzte sowieso vor Mittelmäßigkeit aus allen Nähten.
    Ich konnte mir also wirklich nicht erklären, warum Michael Lee sich ausgerechnet vor mir aufbaute und darauf bestand, dass wir uns unterhalten müssten. Er hatte sein Kinn leicht nach vorne geneigt, sodass ich einen Bombenblick auf seine Wangenknochen werfen konnte, die die lyrischen Ergüsse auf dem Mädchenklo inspiriert hatten. Und nicht nur das: Ich konnte auch nicht anders, als direkt in seine Nasenlöcher hineinzugucken, weil er so unglaublich groß war.
    »Hau ab«, antwortete ich mit gelangweilter Stimme und wedelte mit meiner Hand angeödet zur anderen Seite des Gemeindesaals. »Du hast mir garantiert nichts zu sagen, was mich interessieren könnte.«
    Die meisten Leute hätten sich bei einer solchen Abfuhr wohl schnellstmöglich wieder unter den Stein zurückgezogen, unter dem sie hervorgekrochen waren, aber Michael Lee sah mich einfach an, als bestünde ich aus nichts als heißer Luft, und wagte es dann tatsächlich auch noch, mir die Hand auf die Schulter zu legen, um meinen sich windenden, widerwilligen Körper ganz langsam in seine Richtung zu drehen. »Sieh genau hin«, sagte er, und ich wich noch weiter zurück, als sein Atem mein Gesicht streifte. »Was ist falsch an dem Bild, das du da siehst?«
    Ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren als auf Michael Lees Fußball spielende, preisgekrönte Essays schreibende, heiße Finger auf meinem Schlüsselbein. Das fühlte sich völlig falschan. Es fühlte sich sogar falscher als falsch an. Es war quasi eine völlig neue Dimension von falsch. Aus Protest kniff ich meine Augen fest zusammen, und als ich sie wieder öffnete, fiel mein Blick direkt auf Barney, dem ich wider besseres Wissen die Verantwortung für meinen Stand übertragen hatte, der gerade mit einem Mädchen redete.
    Es war nicht irgendein Mädchen, sondern Scarlett Thomas, Michael Lees Freundin. Nicht, dass ich ihr das irgendwie vorgeworfen hätte. Was mich allerdings wirklich an ihr störte, war, dass sie so unglaublich langweilig war und eine echt nervige Stimme hatte, die zugleich rauchig und wie ein nörgelndes Baby klang und auf mich dieselbe Wirkung hatte wie jemand, der Eiswürfel zerkaut.
    Außerdem hatte Scarlett langes, blondes Haar, das sie stundenlang kämmen, mit Spray bearbeiten, stylen und mit einem solchen Schwung zurückwerfen konnte, dass man, wenn man mittags in der Essensschlange hinter ihr anstand, eine reelle Chance hatte, einen Mundvoll Haare zu erwischen.
    Auch jetzt, während sie mit Barney sprach, warf sie gerade wieder ihr Haar zurück und grinste ihr hohles Grinsen, und Barney lächelte und zog dabei den Kopf ein, wie er es immer tat, wenn er verlegen war. Klar, was ich sah, versetzte mich nicht gerade in Jubel oder Begeisterung, aber anderseits …
    »Ich kann da nichts Falsches erkennen«, sagte ich kurz angebunden zu Michael Lee. »Es ist doch nur deine Freundin, die sich mit meinem Freund unterhält …«
    »Das ist es nicht. Es ist nicht die Unterhaltung an
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