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Die Prophezeiung der Schwestern - 1

Die Prophezeiung der Schwestern - 1

Titel: Die Prophezeiung der Schwestern - 1
Autoren: Michelle Zink
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hätte.
    Ich halte den Atem an. In der kleinen Aushöhlung liegt ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Ein Schauer läuft mir über Arme und Nacken. Meine Hände zittern so heftig, dass ich zum Bett gehe, das Papier heraushole und das Behältnis auf die Bettdecke lege.
    Obschon ich eine Ahnung hatte, so stehe ich doch in Ehrfurcht vor der Tat meines kleinen Bruders, als mein Blick auf die Namen fällt. Sie wandern wie kleine Ameisen über die Seite, einer nach der anderen.
    Sonia Sorrensen
Helene Castillav
Luisa Torelli
    London, England
Barcelona, Spanien
Rom, Italien
     
    Philip Randall - Privatdetektiv
Highgrove Avenue Nr. 428
London, England
    Ich lasse mich auf das Bett fallen. Er hatte die Liste gar nicht bei sich. Das zerknüllte Stück Papier in seiner Hand
war nicht mehr als das - ein Stück Papier, vermutlich leer oder mit erfundenen Namen beschrieben. Vielleicht wollte er es in den Fluss werfen, damit Alice nicht länger nach der Liste sucht. Vielleicht wollte er ihr eine falsche Liste geben, um sie in die Irre zu führen. Was immer sein Motiv war, sein Geschenk eröffnet mir die Chance, der Prophezeiung zu folgen, ihr Ende ins Visier zu nehmen, unverzüglich. Ich frage mich, ob der Name am Ende der Liste zu der Person gehört, die mein Vater mit dem Aufspüren der Schlüssel beauftragte. Es wird nicht schwer sein, das herauszufinden.
    Und jetzt weiß ich noch etwas. Nur drei der Schlüssel wurden vor dem Tod meines Vaters ausfindig gemacht.
    Drei, nicht vier.
    Immerhin, es ist ein Anfang.

33
     
     
     
     
    A ls ich die Hand hebe, um zu klopfen, muss ich an das letzte Mal denken, da ich vor dieser Tür stand. Damals waren die Prophezeiung und mein Anteil daran noch ein Rätsel für mich.
    Diesmal ist Tante Virginia entschieden überraschter, mich zu sehen.
    »Lia!« Sie greift nach meinem Arm, zieht mich ins Zimmer und schließt die Tür. »Geht es dir gut? Ist alles in Ordnung?«
    Ich möchte ihr sagen, dass nichts in Ordnung ist. Dass Henry tot ist und nie mehr zurückkommt und dass Alice vor nichts zurückschrecken wird, um das Untier in die Welt zu lassen. Aber das weiß Tante Virginia. Es zu wiederholen, würde nur Zeit vergeuden. Zeit, die wir nicht haben.
    Ich schaue sie an. »Ja. Es ist nur …« Ich senke den Blick. »Ich muss fort, Tante Virginia.«
    Als ich wieder aufblicke, nickt sie nur. »Wie kann ich dir helfen?«

    Ich nehme ihre Hände in meine. Sie sind weich und trocken und so leicht wie Federn. »Komm mit mir.«
    Sie schaut mir in die Augen, lächelt leicht und umarmt mich dann. »Oh Lia. Ich wüsste nicht, was ich lieber täte.«
    »Dann sag, dass du mitkommst.«
    Sie schüttelt den Kopf. »Für mich ist die Zeit noch nicht gekommen.«
    »Aber Henry ist …« Ich ersticke fast an meinen Worten. Ich fürchte, sie würden mich auf dem Weg meinen Mund hinaus umbringen. Aber ich zwinge mich trotzdem dazu, sie auszusprechen. »Henry ist tot, Tante Virginia. Es gibt nichts, was dich hier noch hält.«
    »Doch. Alice.«
    Ich kann meine Überraschung nicht verhehlen. »Alice?«
    »Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, Lia. Aber ich habe deiner Mutter ein Versprechen gegeben. Ich versprach ihr, dass ich über all ihre Kinder wachen würde. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass ich auf ganzer Linie versagt habe.«
    Ihre Augen werden dunkel. Ich weiß, dass sie an Henry denkt, aber ihr Schuldgefühl und ihre Trauer rufen bei mir nur Zorn hervor. »Alice? Du willst hierbleiben und dich um Alice kümmern? Und du wirst ihr beibringen, ein guter Wächter zu sein? Wirst du sie in die Geheimnisse der Schwesternschaft einweihen, um sie zu unterstützen?«
    »Lia.« Ihre Stimme ist sanft. Nicht tadelnd. Nicht direkt. Aber ich höre den leisen Vorwurf darin. »Ich würde dergleichen
nie tun. Ich kann Alice nicht mehr helfen. Ich kann mich nicht mehr einmischen. Ich werde sie nicht in die Rolle des Wächters einweisen, weil sie diese Aufgabe nicht erfüllen will. Aber genauso wenig kann ich sie einfach im Stich lassen.«
    Ich will schreien. Was ist mit mir? Soll ich meinen Weg in der Prophezeiung allein finden, ohne eine helfende Hand?
    Tante Virginia fährt fort, als hätte sie meine Gedanken vernommen. »Und dich werde ich auch nicht im Stich lassen, Liebes. Du hast die Hilfe der Schlüssel und den Schutz der Schwesternschaft. Und ich werde nachkommen, wenn ich kann. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Ich schaue sie an. »Nachkommen? Wann, Tante Virginia? Wohin? Ich weiß selbst nicht,
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