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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt
Autoren: Terry Pratchett
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Gedanke gedacht wird, zwei verschiedene Bedeutungen.
    Eine davon ist pure Physik. In Ihrem Gehirn fließen in verschiedenen Nervenfasern verschiedene Elektronen hin und her. Chemische Moleküle verbinden oder teilen sich, um neue zu bilden. Moderne Geräte wie der PET-Scanner*  [* PET – Positronen-Emissions-Tomographie: ein Apparat, der winzige vom Hirngewebe ausgesandte Teilchen auffängt und daraus eine Karte der Vorgänge im Gehirn erstellt.] können ein dreidimensionales Bild Ihres Gehirns erstellen, welches zeigt, welche Regionen aktiv sind, wenn Sie an den Elefanten denken. Materiell gesehen, schwirrt Ihr Gehirn auf eine komplizierte Art und Weise. Die Wissenschaft kann das Schwirren sehen, aber sie kann den Elefanten (noch) nicht herauslesen.
    Und nun die zweite Interpretation. Von innen sozusagen haben Sie keine Empfindung von diesen umherschwirrenden Elektronen und reagierenden Chemikalien. Stattdessen haben Sie einen sehr lebhaften Eindruck von einem großen grauen Wesen mit Schlappohren und einem Rüssel, das auf unglaubliche Weise durch den Raum fliegt und verheerend aufschlägt. Geist ist, wie es sich anfühlt, ein Gehirn zu sein . Dieselben physikalischen Vorgänge erhalten eine völlig neue Bedeutung, wenn sie von innen betrachtet werden. Eine Aufgabe für die Wissenschaft ist es, die Kluft zwischen diesen beiden Interpretationen zu überbrücken. Der erste Schritt ist herauszufinden, welche Teile des Gehirns was tun, wenn man einen bestimmten Gedanken denkt. Im Grunde heißt das, den Elefanten aus den Elektronen zu rekonstruieren. Das ist noch nicht möglich, doch jeder Tag bringt uns der Lösung dieser Aufgabe ein Stück näher. Selbst wenn die Wissenschaft diesen Punkt erreicht, wird sie wahrscheinlich nicht erklären können, warum Ihr Eindruck von dem Elefanten derart lebhaft ist oder warum er gerade diese spezielle Form annimmt.
    Bei der Erforschung des Bewusstseins gibt es einen Fachbegriff dafür, wie sich eine Empfindung »anfühlt«. Er heißt »Qualium«, eine Einbildung, mit der unser Geist sein Modell des Weltalls färbt, wie ein Maler einem Porträt Pigment hinzufügt. Solche Qualia malen die Welt in lebhaften Farben, sodass wir schneller darauf reagieren können, insbesondere auf Anzeichen von Gefahr, Nahrung und mögliche Geschlechtspartner … Die Wissenschaft hat keine Erklärung, warum sich Qualia so anfühlen, und wird wohl auch keine finden. Die Wissenschaft kann also erklären, wie ein Geist funktioniert, aber nicht, wie es ist, einer zu sein. Das ist keine Schande: Schließlich können Physiker erklären, wie ein Elektron funktioniert, aber nicht, wie es ist, eins zu sein. Manche Fragen gehen über die Wissenschaft hinaus. Und wie wir vermuten, über alles andere auch: Es ist ziemlich leicht, eine Erklärung für diese metaphysischen Probleme zu behaupten, aber so gut wie unmöglich zu beweisen, dass man Recht hat. Die Wissenschaft gibt zu, dass sie mit diesen Dingen nicht umgehen kann, also ist sie zumindest ehrlich.
    Jedenfalls handelt die Wissenschaft vom Geist (jetzt nicht im großen, metaphysischen Sinne, sondern im praktischen, der Denken und Bewusstsein meint) davon, wie der Geist funktioniert und wie er sich entwickelt hat, aber nicht davon, wie es ist, einer zu sein. Selbst mit dieser Einschränkung macht die Wissenschaft vom Gehirn nicht die ganze Geschichte aus. Die Problematik des Geistes hat eine zweite wichtige Dimension. Nicht, wie das Hirn funktioniert und was es tut, sondern wie es dazu kam.
    Wie in aller Rundwelt ist aus geistlosen Wesen Geist entstanden?
    Ein großer Teil der Antwort liegt nicht im Gehirn, sondern in seiner Wechselwirkung mit dem übrigen Universum. Insbesondere mit anderen Gehirnen. Menschen sind soziale Tiere und kommunizieren miteinander. Der Trick mit der Kommunikation bewirkte eine große, qualitative Veränderung für die Evolution des Gehirns und seine Fähigkeit, einen Geist zu beherbergen. Er beschleunigte den Evolutionsprozess, weil die Übertragung von Ideen viel schneller geschieht als die Übertragung von Genen.
    Wie kommunizieren wir? Wir erzählen Geschichten. Und das – werden wir darlegen – ist das wahre Geheimnis des Geistes. Was uns zurück zur Scheibenwelt bringt, denn auf der Scheibenwelt funktionieren die Dinge wirklich so, wie der menschliche Geist auf der Rundwelt denkt , dass sie funktionieren. Besonders, was Geschichten angeht.
    Die Scheibenwelt funktioniert mit Magie, und Magie ist untrennbar verknüpft mit
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