Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Luft.
    Und dann veränderte sich die Welt.
    Rincewind, Unerhörter Professor für grausame und ungewöhnliche Geographie, katalogisierte seine Steinsammlung. Das war in jenen Tagen der Normalzustand seines Daseins. Wenn er nichts anderes zu tun hatte, sortierte er Steine. Seine Amtsvorgänger hatten viele Jahre damit verbracht, kleine Beispiele grausamer und ungewöhnlicher Geographie mitzubringen, ohne jemals Zeit zu finden, sie zu katalogisieren. Deshalb hielt Rincewind diese Tätigkeit für seine Pflicht. Außerdem war sie wundervoll langweilig. Seiner Ansicht nach gab es nicht genug Langeweile in der Welt.
    Rincewind war das rangniedrigste Mitglied der Fakultät. Der Erzkanzler hatte in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen: Was den Rang betraf, stand Rincewind noch unter den Dingen, die im Holz klickten. Er bekam kein Gehalt und war bestenfalls lose angestellt. Andererseits bekam er seine Wäsche kostenlos gewaschen, er hatte einen Platz am Tisch, wenn die Mahlzeiten aufgetragen wurden, und er erhielt einen Eimer Kohle pro Tag. Ein eigenes Büro stand ihm zur Verfügung, niemand besuchte ihn, und jeder Versuch, irgendetwas zu lehren, war ihm streng untersagt. In akademischer Hinsicht glaubte er, recht gut dran zu sein.
    Er hielt sich auch deshalb für einen Glückspilz an der Universität, weil er gleich sieben Eimer Kohle pro Tag bekam und selbst seine Socken gestärkt wurden. Der Grund: Niemand wusste, dass der Kohlenträger Blunk – er war viel zu verdrießlich, um zu lesen – so viel Eimer brachte, wie Titel an der Arbeitszimmertür standen.
    Der Dekan bekam einen Eimer. Ebenso der Quästor.
    Rincewind erhielt sieben, denn der Erzkanzler hatte ihm alle Titel, Lehrstühle und Ämter gegeben, die an der Universität besetzt sein mussten, weil uralte Nachlässe, Verpflichtungen und in einem Fall ein Fluch es so wollten. In den meisten Fällen wusste niemand, was es mit ihnen auf sich hatte. Keiner erhob Anspruch darauf, aus Furcht, dass sie irgendetwas mit Studenten zu tun haben könnten, und so überließ man Rincewind den ganzen Kram.
    Jeden Morgen brachte Blunk sieben Eimer Kohle zur Tür des Professors für grausame und ungewöhnliche Geographie, des Professors für experimentelle glückliche Entdeckungen, des Dozenten für Graupeldynamik, des Lehrers für Laubsägearbeiten* [* Dies war das Ergebnis eines Fluchs, den ein sterbender Erzkanzler vor zwölfhundert Jahren ausstieß und der vermutlich so klang: »Mögest du immer Laubsägearbeiten lehren!«], des Professors für öffentliches Missverständnis von Magie, des Professors für virtuelle Anthropologie und des Dozenten für ungefähre Genauigkeit.
    Rincewind öffnete die Tür in der Unterhose – das heißt, er öffnete die Tür in der Wand, während er seine Unterhose trug – und nahm die Kohle selbst an einem glühend heißen Tag freudig entgegen. An der Unsichtbaren Universität gab es Budgets, und wenn man nicht alles verbrauchte, was man bekam, erhielt man beim nächsten Mal weniger. Es mochte bedeuten, im Sommer zu rösten, um es im Winter einigermaßen warm zu haben, aber das war ein geringer Preis für korrekte fiskalische Prozeduren.
    An diesem Tag trug Rincewind die Eimer ins Arbeitszimmer und schüttete die Kohle auf den Haufen in der Ecke.
    Hinter ihm machte etwas »Gloink«.
    Es war ein leises, subtiles und gleichzeitig seltsam aufdringliches Geräusch. Es begleitete das Erscheinen einer Bierflasche im Regal hinter Rincewinds Schreibtisch, und zwar dort, wo sich zuvor keine Bierflasche befunden hatte.
    Rincewind griff danach und betrachtete sie. Die Flasche hatte bis vor kurzer Zeit Winkels Besonders Altes Bier enthalten. Sie wies keine ätherischen Aspekte auf, abgesehen davon, dass sie blau war. Das Etikett hatte die falsche Farbe, präsentierte viele Rechtschreibfehler und auch die ganz klein gedruckte Warnung: Könnte Nüsse enthalten.* [* Lord Vetinari, Patrizier und oberster Herrscher der Stadt, legte großen Wert darauf, dass die Etiketten von Lebensmitteln richtig beschriftet wurden. Unglücklicherweise wandte er sich in dieser Angelegenheit an die Zauberer der Unsichtbaren Universität und stellte ihnen folgende Frage: »Könnt ihr unter Berücksichtigung des multidimensionalen Phasenraums, der metastatistischen Anomalie und der Gesetze der Wahrscheinlichkeit garantieren, dass irgendetwas mit absoluter Gewissheit keine Nüsse enthält?« Nach einigen Tagen gelangten die Zauberer zu dem Schluss, dass die Antwort nein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher