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Die Nachtwanderin

Die Nachtwanderin

Titel: Die Nachtwanderin
Autoren: T. J. Hudspeth
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solange, bis sie sich an die Hitze gewöhnt und angepasst hatte. Geräuschvoll flog die Tür zurück ins Schloss. Die Bar schien wie ausgestorben, denn außer ihr, waren keine weiteren Gäste anwesend. Verunsichert warf sie erneut einen Blick zur Tür. Dort war eine Leuchtreklame angebracht, auf der geöffnet stand. Mimma ließ sich an einen der Tische nieder und zog ihren Mantel aus. Sie hing ihn über die Lehne eines freien Stuhls neben ihr und warf ihre Mütze, den Schal und die Handschuhe gleich dazu. Ungeduldig tippte sie mit ihren Finger auf der hölzernen Tischplatte herum, bis sie hinter sich herankommende Schritte wahr nahm. Jemand reichte ihr eine Speisekarte.
"Guten Abend. Hier ist die Speisekarte, falls sie etwas Essen möchten.
Darf ich ihnen schon etwas zu Trinken bringen?", fragte sie eine männliche, raue Stimme.
"Ja, ich hätte bitte gerne einen grünen Tee", erwiderte sie und beobachtete den Mann, wie er in seinen riesigen Händen einen kleinen Stift hielt und ihre Bestellung auf dem kleinen Notizblock notierte. Es wirkte so, als ob er die Sachen einem Zwerg geklaut hätte, so klein erschienen sie in seinen großen Pranken. Gerade als der Kellner gehen wollte, sah er Mimma mit zusammengekniffenen Augen an.
"Sag mal wir kennen uns doch!", meinte er dann. Mimma sah ihn an und versuchte sich zu erinnern, woher sie ihn wohl kennen konnte, doch er kam ihr nicht bekannt vor.
"Bist du dir da sicher?", fragte Mimma ungläubig.
"Aber ja doch. Zu einhundert Prozent sogar. Dein Gesicht werde ich nie mehr vergessen. Nicht nach dieser Nacht im E.O.N. Du hast dich an mich rangemacht und mich um einen Kuss gebeten!", half er ihr auf die Sprünge und grinste bis über beide Ohren. Plötzlich fiel es Mimma wieder ein, wer da vor ihr stand.
"Raven?!", sagte Mimma etwas verunsichert.
"Ja richtig. Komm und setzt dich doch zu mir an den Tresen, dann können wir uns ein wenig unterhalten", meinte er und war schon dabei ihre Sachen aufzusammeln und davon zu tragen. Mimma wurde von Ravens überschäumender Persönlichkeit förmlich überrumpelt, doch sie wusste keinen Einwand und folgte ihm. Er legte ihre Sachen auf einen der Barhocker und deutete ihr an Platz zu nehmen. Dann beeilte er sich und rannte hinter den Tresen, um ihren Tee zuzubereiten. Er kochte heißes Wasser auf und stellte ihr anschließend eine dampfende Tasse grünen Tee unter die Nase.
"Sei vorsichtig. Der ist noch ziemlich heiß!", ermahnte er Mimma.
"Da rede ich die ganze Zeit und weiß überhaupt nicht wie du heißt", fiel Raven plötzlich ein.
"Ich heiße Mimma, Mimma Craft", sagte sie und blies in ihren Tee, damit er schneller abkühlte.
"Schöner Name. Den habe ich noch nie gehört. Der passt zu dir", sagte er und zwinkerte Mimma keck zu.
"Dein Name ist aber auch außergewöhnlich. Ist das sowas wie ein Künstlername?", fragte Mimma.
"Nein, ich heiße tatsächlich so.
Keine Ahnung was sich meine Eltern bei meiner Geburt gedacht hatten, als sie sich dazu entschieden, mich nach einer Vogelart zu benennen, die in der Mythologie meist negativ Belegt wird und Unheil ankündigt.
Ich persönlich finde, dass Raben wunderschöne und majestätische Vögel sind, doch das ist Geschmackssache", antwortete er lachend und rieb sich verlegen über den Hinterkopf. Er starrte Mimma mit leuchtenden Augen an.
"Was ist, wieso starrst du mich so an?", fragte Mimma, die Ravens Starren als unangenehm empfand. Sie empfand es überhaupt als unangenehm, wenn man sie über einen längeren Zeitraum ohne ein Wort anstarrte.
"Oh tut mir leid. Wie unhöflich von mir. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich dich angestarrt habe", entschuldigte sich Raven bei ihr.
"Es ist nur, dass du noch hübscher bist, als ich dich in Erinnerung hatte. Ich empfand dich schon im schummrigen Licht des E.O.N. als ziemlich schön, doch jetzt, mit richtiger Beleuchtung, sehe ich erst, wie gut du tatsächlich aussiehst!", meinte Raven.
"Schleimer. Du kannst mit deinen Komplimenten wieder aufhören, sonst werde ich bloß noch rot", sagte Mimma und blickte verlegen zur Seite.
"So schüchtern habe ich dich allerdings nicht in Erinnerung", merkte Raven an.
"Ich weiß was du meinst.
An diesem Abend war ich einfach nicht ich selbst. Ich wurde irgendwie beeinflusst und wollte das eigentlich gar nicht tun", erklärte ihm Mimma.
"Schade. Bereust du denn Kuss etwa?", fragte Raven und wirkte geknickt.
"Nein! Das wollte ich damit nicht sagen.
Ich fand den Kuss echt toll, aber sowas mache ich eigentlich sonst nicht.
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